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Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Titel: Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Fröhling
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aufschlitzen.
    Ja, denkt Medea, ja, ich habe es richtig gemacht. Stolz über das Lob des Hohepriesters schaut sie in die Menge und weiß, dass sie etwas Besonderes ist.
    Das Herz wird entnommen. Das restliche Blut aufgefangen.
    In Pervertierung des christlichen Abendmahls wird Blut getrunken und ein Stück vom Herzen des Mädchens gegessen.
    Sie beten: »Satan unser auf Erden, geheiligt werde dein Hass, deine Grausamkeit komme … unser täglich Blut gib uns auch heute …« Denn Satan, so erzählt man Endora später, hat eine ganz besondere Beziehung zu Blut.
    »Er lebt im Blut, Angela, in deinem Blut. Und er braucht immer neues Blut«, sagt man ihr.
    »Blut«, belehrt man sie, »hat einen eigenen Willen.« Und man erklärt ihr, dass es die Fähigkeit besitze zu gerinnen. Dann heile die Wunde wieder zusammen und der Mensch lebe weiter. Aber nur, wenn es ein starker Mensch sei, einer, der Satan zu Ehren gelebt habe. Wenn der Mensch aber schwach sei, so wie dieses Mädchen eben, dann könne das Blut nicht gerinnen, und das Mädchen müsse sterben.
    Die Kleine sei also selber schuld. Sie sei schwach. Sie sei schlecht. Denn Schwäche sei schlecht.
    Am schlechtesten, auch das wird man ihr eines Tages einreden, seien die Negerbabys. Hin und wieder wird sie eines zu sehen bekommen. Die, so erklärt man ihr, seien überhaupt zu nichts anderem gut als zum Opfern. Dafür seien sie da. Denn sie hätten schwarzes Blut. Schwarzes Blut sei schlecht. Deshalb seien sie nicht wert zu leben.
    Das mit dem schwarzen Blut konnte sie selbst sehen, als der Kelch herumgereicht wurde. Es war tatsächlich nicht rot wie das der weißen Menschen.
    Es war schwarz, sie sah es mit eigenen Augen.
    Sie sah es mit eigenen Augen, also musste auch das andere stimmen.
    Viele Jahre würde es dauern, Angela hatte längst höhere Funktionen in ihrem Orden erlangt, bis sie begriff, wie sie es machten: Auf dem Boden des Kelches war flüssiger, konzentrierter Farbstoff. So konzentriert, dass er alles sofort schwarz färbte. Wenn das rote Blut der schwarzen Babys im Kelch aufgefangen wurde, stellte sich der Hohepriester davor. Außerdem war es immer dämmerig im Raum.
    Machtgier, Sadismus und Taschenspielertricks: eine tödliche Mischung.
    Nach dieser ersten Tat war Angela etwas Besonderes. Eine von ihnen. Eine, die niemals wieder würde gehen können. Eine echte Dienerin Satans.
    Ein Todesengel.
    Eine tiefe Kluft war gezogen zwischen ihr und den anderen Menschen. Ein Wissen, das nie wieder weggehen würde.
    Eine tiefe Einsamkeit.
    Sie sei verstoßen von Gott, sagte man ihr, nur bei Satan sei ihre Heimat. Bei Satan, dem wahren Herrscher der Welt.
    Es dauerte viele Jahre, bis sie, Person nach Person, würde aufhören können, das zu glauben.
    Und auch dann noch, nach zwanzig Jahren, als die anderen Personen in Angela vorsichtig begannen, Endora wahrzunehmen, Endora und Medea und alle anderen, die im Zusammenhang mit den Kapuzenmännern entstanden waren, hatten sie große Angst vor ihnen. Vor ihnen und vor den Erlebnissen und Gefühlen, die sie mitbrachten. Den Erlebnissen, die ihr Körper durchgestanden hatte. Und vor der Kälte. Sie nannten sie nur »die Sektenkinder« und wollten lange nichts mit ihnen zu tun haben. Dass sie ein Teil von ihnen sind, wollten sie nicht wahrhaben.
    Doch erst dann, als die Sektenkinder spüren konnten, dass auch in dieser Welt vielleicht ein Platz für sie sein könnte, würden sie sich auch von dem Symbol dieser ersten Nacht im Satanskult trennen können: dem Patengeschenk, einem kleinen silbernen Anhänger – drei verschnörkelte Sechsen in einem Kreis –, Zeichen von Satanisten in der Nachfolge Aleister Crowleys. 47 Und das Zeichen ihrer Zwangsmitgliedschaft in einer Gruppe, zu der niemand nein sagen kann, der einmal dabei ist.
    Das jedenfalls ließ man sie damals glauben.
    Schließlich, als Ende des Rituals ein wahrhaft teuflischer Schachzug: Alle anderen Kinder werden von den Kreuzen losgebunden. Man gibt ihnen Stöcke in die Hand, mit denen sie Angela schlagen müssen, bis sie auch außen blutet.
    »Mörderin«, müssen sie rufen, »du bist eine Mörderin. Du bist eine Dienerin Satans. Du Mörderin.«
    Es ist das höchste Lob und die tiefste Verdammnis.
    Falls diese Zeremonie mit ihrer Gewalt, ihrem Sadismus, ihren scheinbar magischen Elementen nicht ausreichen sollte, um Angela zum Schweigen zu verdammen: Einer hatte die gesamte Opferung gefilmt. Einer, der erfahren war im Umgang mit der Kamera. Stets filmte er so, dass

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