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Vater unser

Vater unser

Titel: Vater unser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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ich mich manchmal auf meine Instinkte verlassen.»
« Und wenn diese Instinkte Sie trügen?»
« Das glaube ich nicht.»
« Sie vertrauen also Ihren Instinkten, aber es gibt keinen medizinischen Test, der beweisen könnte, dass Sie recht haben, nicht wahr? Lassen Sie mich Ihnen noch eine Frage stellen, Doktor. Falls David Marquette an paranoider Schizophrenie leidet, falls er tatsächlich die Wahnvorstellungen hat, von denen er Ihnen erzählte, falls er wirklich glaubte, dass seine Familie bereits tot war, als er sie umbrachte, falls Ihr Instinkt Sie getrogen hat – wäre David Marquette dann juristisch betrachtet verantwortlich für die Morde an seiner Frau und seinen Kindern?»
« Einspruch!» Rick sprang auf. Farley sah ihn stirnrunzelnd an.
« Sie können während Ihrer eigenen Vernehmung keinen Einspruch erheben, Mr. Bellido.» Dann fügte er mit erhobenen Augenbrauen und dem Anflug eines Lächelns hinzu:
« Vielleicht haben Sie es ja vergessen, aber Miss Valenciano ist Ihre zweite Anwältin. Sie spielt in Ihrem Team.» Julia wandte Rick demonstrativ den Rücken zu und fuhr fort:
« Ja oder nein, Dr. Barakat? Falls David Marquette unter diesen Wahnvorstellungen hat, falls er sie in seinem Kopf für die Realität hielt – würden Sie dann sagen, dass er im Sinne der Gesetze Floridas unzurechnungsfähig war?» Barakat blickte wieder zu Rick und dann hinüber zu Farley, als brächte er einfach nicht über die Lippen, was Julia ihn zu sagen zwang. Der Richter zuckte mit den Schultern.
« Beantworten Sie bitte die Frage.»
« Ja. Falls David Marquette tatsächlich unter den betreffenden Wahnvorstellungen litt, war er zum Tatzeitpunkt nicht in der Lage, zwischen Richtig und Falsch zu unterscheiden. Dann wäre er gemäß der juristischen Definition als unzurechnungsfähig einzustufen.» Im ganzen Gerichtssaal brach aufgeregtes Geflüster aus. Julia richtete ihre Augen auf Rick und erwiderte seinen eisigen Blick.
« Keine weiteren Fragen», sagte sie bleiern und ging zurück zu ihrem Platz.
KAPITEL 89

J
    ULIA HIELT sich die Hand vor das Gesicht und hastete an den Presseleuten vorbei, die versuchten, ihr mit Mikrophonen und Kameras den Weg zu versperren. Die Blitzlichter blendeten sie, das Trommelfeuer von Fragen tat ihren Ohren weh. Sie wollte so schnell wie möglich aus diesem Hexenkessel entkommen.
    « Glauben Sie, dass Dr. Marquette zu Unrecht angeklagt wird?» Ist David tatsächlich unzurechnungsfähig?»
War diese Zeugenbefragung mit Rick Bettido abgesprochen?» Mörder!», rief jemand zornig. Er ist ein Mörder! Ein Schlächter! Sie sind dafür verantwortlich! Sie lassen ihn mit diesen Morden davonkommen!»
Wie konnten Sie nur?», rief ein anderer. Er ist der Teufel!»
Sie werden in der Hölle schmoren!»
« Ruhe! Ich will Ruhe in diesem Gerichtssaal!», bellte Farley. Julia stieß die schweren Mahagonitüren auf und stürmte in den Korridor. Als die Türen mit einem dumpfen Knall hinter ihr ins Schloss fielen, verstummten die Fragen und Schreie für einen Moment. Panisch blickte sich Julia um. Der Gang erschien ihr plötzlich völlig fremd. Wie bei Alice im Wunderland sahen alle Türen gleich aus, und sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, welche wohin führte. Es war nicht mehr so ein Gedränge wie am Morgen, doch noch immer liefen einige Leute vor den Gerichtssälen auf und ab oder warteten auf den mit Graffiti beschmierten Holzbänken auf ihre Anwälte oder Angehörigen. Sie beäugten Julia misstrauisch. Am anderen Ende des Korridors standen ein paar Journalisten, die bei ihrem Anblick schnell erkannten, dass sie offensichtlich etwas verpasst hatten, ihre Kaffeebecher fallen ließen und nach ihren Kameras griffen. Julia flüchtete in Richtung des Treppenhauses. Sie fühlte sich furchtbar, geradezu körperlich krank. Wahrscheinlich hatte sie gerade ihren Job verloren. Und Rick und Karyn und Charley Rifkin und Jerry Tigler würden dafür sorgen, dass sie nie wieder als Staatsanwältin arbeiten konnte. Trotz der bevorstehenden beruflichen Katastrophe überkam sie auf einmal eine merkwürdige Ruhe.
« Ich habe dich nicht dazu erzogen, zu tun, was die anderen tun», hatte ihre Mutter einmal mit ernster Miene zu ihr gesagt, nachdem sie auf der Highschool mit einer Freundin den Unterricht geschwänzt hatte.
« Sondern dazu, zu tun, was richtig ist. Höre auf deine innere Stimme, sie wird dir sagen, was richtig ist.» Ich habe es getan, Mama. Ich habe auf meine innere Stimme gehört. Obwohl das am Ende

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