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Vater unser

Vater unser

Titel: Vater unser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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war mein Hirn zerspalten – Ich hielt die Teile – Saum an Saum – Doch sie wollten nicht passen. Nachher Gedachtes suchte ich Mit dem Vorher zu verbinden – Doch die Sequenz glitt aus dem Klang Wie Bälle – auf den Boden. Emily Dickinson
KAPITEL 94
    M R. BELLIDO?», brummte Farley, noch ehe er am Dienstagmorgen auf dem Richterstuhl Platz genommen hatte. Jefferson hatte wieder einmal seinen Einsatz verpasst, und Farley forderte die Anwesenden mit einer Geste auf, sich zu setzen. Er hinkte seinem Zeitplan bereits drei Tage hinterher und war nur noch vier Tage davon entfernt, sein Schiff in Richtung Karibik zu verpassen.
« Sind Sie bereit für Ihr Abschlussplädoyer?»
« Das bin ich, Euer Ehren», sagte Rick. Er erhob sich, knöpfte sorgfältig sein Jackett zu und trat vor die Geschworenen. Dann betrachtete er für eine Weile schweigend den Angeklagten.
« David Marquette ist ein Mörder», sagte er schließlich.
« In der Nacht vom achten auf den neunten Oktober 2005, um ungefähr vier Uhr fünfundvierzig, griff der Mann, der den Eid geschworen hatte, Leben zu retten, der gelobt hatte, seine Frau zu lieben und zu ehren und seine Kinder zu schützen, zu einem Baseballschläger und schlich in das Zimmer, in dem Jennifer Marquette friedlich im gemeinsamen Ehebett schlief. Er schlug ihr mit diesem Baseballschläger derart fest auf den Kopf, dass sie wahrscheinlich bereits nach dem ersten Schlag das Bewusstsein verlor. Ich sage wahrscheinlich, meine Damen und Herren, denn der Gerichtsmediziner konnte dies nicht mit hundertprozentiger Sicherheit bestätigen. Wir hoffen allerdings, dass es so war. Denn danach holte Dr. David Marquette ein Messer hervor und begann, auf seine Frau einzustechen. Nicht einmal, nicht zweimal, sondern zweiunddreißigmal. Immer und immer wieder, mit einer solchen Kraft, dass die Klinge durch ihren Körper bis in die Matratze drang.» Rick hielt kurz inne, ohne die Augen von Marquette abzuwenden, der völlig teilnahmslos dasaß.
« Lassen Sie sich nicht täuschen, meine Damen und Herren Geschworenen – dieser Mann ist ein Mörder.» Dann richtete Rick seine Aufmerksamkeit auf die Geschworenen. Er sah jedem von ihnen für einen Sekundenbruchteil in die Augen, bevor er langsam zu den großen Porträtfotos der Opfer ging, die auf Staffeleien gegenüber der Geschworenenbank aufgestellt worden waren. Neben jedem Porträt stand ein Tatortfoto von der jeweiligen Leiche. Rick wusste, dass sich die Geschworenen diese Bilder nur mit Widerwillen ansahen. Selbst er fand die Fotos verstörend, und ihm war klar, dass sich vor allem die weiblichen Geschworenen am liebsten abgewandt hätten. Doch das ließ er nicht zu. Wie ein erfahrener Hypnotiseur bannte er ihre Blicke auf die Bilder und nahm sie mit auf eine Reise in die Vergangenheit.
« Dann ließ David Marquette seine Frau tot im Elternschlafzimmer zurück und ging den Korridor entlang zu den Zimmern, in denen seine drei Kinder schliefen. Der kleine Danny, die neugeborene Sophie, die sechsjährige Emma. Er beabsichtigte, seinen drei kleinen Kindern mit demselben Baseballschläger und demselben Messer dasselbe Schicksal zu bescheren. Aber etwas ging schief. Etwas, das David Marquette nicht hatte voraussehen können, meine Damen und Herren. Seine Tochter Emma wachte auf. Warum, werden wir nie erfahren – vielleicht durch das Weinen des Babys oder die Schreie ihres Bruders –, und sie stand auf und fand Danny in seinem Bett, entweder schon tot oder sterbend. Und dieses kleine Mädchen war so klug, den Notruf zu alarmieren. So klug, den Mann zu nennen, der sie kurze Zeit später ebenfalls ermorden würde. ‹O nein, nein› rief sie in Panik, als er ihren Namen laut in die Dunkelheit des Zimmers sagte. ‹Daddy, nein!›» Rick trat einen Schritt zur Seite und gab den Geschworenen den Blick auf David Marquette frei. Er ließ ihnen Zeit, diesen Mann mit der ausdruckslosen Miene und dem neuen Anzug in das Bild einzufügen, das er gerade so anschaulich für sie gezeichnet hatte. Im Gerichtssaal herrschte absolute Stille. Es war, als wagten die Anwesenden kaum zu atmen, aus Angst, etwas zu verpassen.
« Das war der Zeitpunkt, an dem sich der Plan änderte», fuhr Rick schließlich fort.
« David Marquette hatte sich ein perfektes Alibi zurechtgelegt, aber jetzt erkannte er, dass er nicht einfach zurück nach Orlando in sein schönes Hotel fahren konnte, um am nächsten Morgen, wenn ihm jemand die furchtbare Nachricht von den Mordfällen in seinem Haus

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