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Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Aufruf für Lufthansaflug 014 nach Theoderichshafen. Die Passagiere...»
    März ging zunächst zum Lufthansaschalter, um seine Flugkarte abzuholen, dann zum Abfertigungsschalter, wo eine Blonde mit »Gina« auf der linken Brust und einem Hakenkreuzabzeichen am Aufschlag sorgfältig seinen Paß kontrollierte. »Möchte der Herr Sturmbannführer irgen d welches Gepäck aufgeben?« »Nein, vielen Dank. Ich habe nur das da.« Er klopfte auf seinen kleinen Koffer. Sie gab ihm seinen Paß mit der eingelegten Bordkarte zurück. Di e se Tat begleitete ein Lächeln so strahlend und freudlos wie Neonlicht. »Einsteigen in dreißig Minuten. Einen guten Flug, Herr Sturmbannführer.« »Danke, Gina.« »Bitte, »Danke.«
    Sie verneigten sich voreinander wie zwei japanische G e schäftsleute. Luftreisen waren für März eine neue Welt, ein fremdes Land mit eigenen undurchdringlichen Ritualen.
    Er folgte den Hinweisschildern zu den Waschräumen, wählte die den Waschbecken fernste Kabine, verschloß die Tür, öffnete den Koffer und nahm die lederne Reisetasche heraus. Dann setzte er sich nieder und zerrte sich die Stiefel aus. Weißes Licht glänzte auf Chrom und Fliesen.
    Nachdem er sich bis auf die Unterhose ausgezogen ha t te, packte er Stiefel und Uniform in die Reisetasche, stopfte seine Luger mitten hinein, zog den Reißverschluß zu und schloß sie ab. Fünf Minuten später tauchte er verwandelt aus der Kabine auf.
    Ein hellgrauer Anzug, ein weißes Hemd, eine blaßblaue Krawatte und weiche braune Schuhe hatten aus dem ar i schen Obermenschen wieder einen normalen Bürger g e macht. Er konnte die Verwandlung sich in den Augen der Menschen spiegeln sehen. Keine furchtsamen Blicke mehr. Der Bedienstete der Gepäckaufbewahrung, in der er seine Reisetasche abgab, blickte griesgrämig drein. Er gab März den Aufbewahrungsschein.
    »Verlieren Sie den nicht. Und wenn Sie's tun, brauchen Sie gar nicht erst wiederzukommen.« Er wies mit dem Kopf auf das Schild hinter ihm: »Achtung! Gegenstände werden nur auf Vorlage des Aufbewahrungsscheins ausg e händigt!«
    März lungerte im Bereich der Paßkontrolle herum und sah sich die Sicherheitsmaßnahmen an. Hürde eins: Kon t rolle der Bordkarten, die man ohne gültiges Visum nicht bekam. Hürde zwei: erneute Kontrolle der Visa selbst. Drei Mitglieder des Grenzschutzes standen mit Maschinenpist o len auf beiden Seiten des Eingangs.
    Der ältere Mann vor März wurde mit besonderer Sor g falt überprüft, ein Paßbeamter sprach mit jemandem übers Telefon, dann winkte man ihn durch. Sie suchten immer noch nach Luther.
    Als März an die Reihe kam, bemerkte er, wie sein Paß den Kontrollbeamten verwirrte. Ein SS-Sturmbannführer nur mit 24-Stunden-Visum? Die normalen Zeichen für Rang und Privilegien, im allgemeinen so klar, waren zu wirr, als daß man sie hätte lesen können. Neugier und U n terwürfigkeit stritten im Gesicht des Beamten miteinander. Wie üblich gewann die Unterwürfigkeit. »Gute Reise, Herr Sturmbannführer.«
    Auf der anderen Seite der Schranke nahm März sein Studium der Sicherheitsmaßnahmen des Flughafens wieder auf. Alles Gepäck wurde geröntgt. Er wurde abgetastet und dann ersucht, seinen Koffer zu öffnen. Jeder Gegenstand wurde untersucht - der Schwammbeutel aufgezogen, die Rasiercreme aufgeschraubt und berochen. Die Wachen a r beiteten mit der Sorgfalt von Männern, die wußten, daß sie die nächsten 5 Jahre in einem KZ verbringen würden, wenn ein Flugzeug während ihrer Schicht Entführern oder einer Terroristenbombe zum Opfer fiele.
    Schließlich hatte er die Kontrollen überstanden. Er befüh l te seine Innentasche, um sich zu versichern, daß St u ckarts Brief immer noch da war, und drehte den kleinen Messin g schlüssel in der anderen Hand. Dann ging er an die Bar, b e stellte einen großen Whisky und rauchte eine Zig a rette.
    Er ging zehn Minuten vor dem Abflug an Bord der Ju n kers.
    Es war der letzte Flug des Tages von Berlin nach Zürich und der Passagierraum war voller Geschäftsleute und Ba n kiers in dunkle n Dreiteilern, die rosafarbene Finanzzeitu n gen lasen.
    März hatte einen Platz am Fenster. Der Platz neben ihm war leer. Er verstaute seinen Koffer in der Ablage über se i nem Kopf, lehnte sic h zurück und schloß die Augen. Im Flugzeug erklang eine Bachkantate. Draußen wurden die Motoren angelassen. Sie durchliefen di e ganze Skala, vom Summen bis zum schneidenden He u len, und einer nach dem anderen fiel wie in einen Chor ein.
    Das

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