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Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Kämpfer war. Dann ergibt sich, daß sein Tod mit dem von Stuckart in Verbindung steht. Gestern abend wird mein einziger Zeuge für Globus' Verwicklung in die Geschichte - der Kadett Jost - auf Globus' Befehl hin von der SS abtransportiert. Was kommt als nächstes?« »Du stürzt die Treppen runter und brichst dir das Genick, mein Freund. Das kommt als nächstes.« »Gute Voraussage. Und dabei weißt du das Schlimmste noch nicht.«
    März berichtete ihm von seinem Gestapo-Dossier. Jäger sah erschlagen aus. »O Gott. Und was willst du tun?« »Ich habe daran gedacht, nicht mehr ins Reich zurückzuko m men. Ich habe sogar all mein Geld von der Bank abgeh o ben. Aber Nebe hat recht: Kein anderes Land würde mich auch nur anrühren.« März trank aus. »Würdest du was für mich tun?« »Sags nur.«
    »In die Wohnung der Amerikanerin ist heute morgen eingebrochen worden. Könntest du die Orpo in Schöneberg bitten, daß sie da ab und zu vorbeischauen - ich hab die Adresse auf meinem Schreibtisch gelassen. Ich hab ihr auch für alle Fälle deine Telefonnummer gegeben « »Rein Problem.«
    »Und kannst du das für Paule aufheben?« Er gab Jäger einen Umschlag, der die Hälfte des Geldes enthielt, das er abgehoben hatte. »Es ist nicht viel, aber vielleicht brauche ich den Rest. Heb es auf, bis er alt genug ist, um zu wissen, was er damit anfangen kann.« »Hör schon auf, Mann!« Max lehnte sich herüber und schlug ihm auf die Schulter. »So schlimm ist es doch wohl nicht? Oder? Was?« März starrte ihn an. Nach ein oder zwei Sekunden grunzte Jäger und blickte fort. »Na schön. Gut ... < Er schob sich den Umschlag in die Tasche. »Mein Gott«, sagte er mit plötzl i cher Heftigkeit, »wenn einer meiner Jungens mich bei der Gestapo denunzieren würde, würde ich ihm auch was g e ben - aber bestimmt kein Geld.« »Das ist nicht der Fehler des Jungen, Max.«
    Fehler, dachte März. Wie bringt man einen Zehnjäbrigen zu solchen Fehlern? Der Junge brauchte eine Vaterfigur. Das gab ihm die Partei - Stabilität, Kameradschaft, einen Glauben -, all die Dinge, die März ihm hätte geben sollen, ihm aber nicht gegeben hatte. Außerdem erwarteten die Pimpfe, daß die Jungens ihre Treue von der Familie auf den Staat übertrugen. Nein, er wollte seinem Sohn - konnte seinem Sohn keine Vorwürfe machen. Düsternis war über Jäger gekommen. »Noch ein Bier?« »Tut mir leid.« März stand auf. »Ich muß gehen. Ich bin dir was schuldig.«
    Jäger schob sich auch auf die Füße. »Wenn du zurück bist, Xavi, komm ein paar Tage zu uns. Die jüngeren M ä dels sind diese Woche im BDM-Lager - du kannst ihr Zimmer haben. Und dann können wir uns was fürs Krieg s gericht ausdenken.«
    »Einen Asozialen zu beherbergen würde dir bei deiner Ortsparteigruppe keinen Blumentopf einbringen.«
    »Scheiß auf die Ortsparteigruppe.«
    Das sagte er mit Gefühl. Jäger streckte die Hand aus, März ergriff und schüttelte sie - eine große, schwielige Pranke.
    »Paß auf dich auf, Xavi,
    »Paß auf dich auf, Max.«

SECHS
    Auf den Rollbahnen des Hermann-Göring-Flughafens standen aufgereiht Maschinen der jüngsten Generation von Passagierjets und schimmerten durch den Treibstoffdunst: die blauen und weißen Boeings der PanAmerican, die rot-weiß-schwarzen mit Hakenkreuzen übersäten Junkers der L.ufthansa.
    Berlin hat zwei Flughäfen. Das alte Tempelhofer Flu g feld nahe der Stadtmitte dient den inländischen Kunstr e ckenflügen. Der internationale Fernverkehr wird über Hermann-Göring in den nord-westlichen Vororten abgew i ckelt. Die neuen Ankunfts- und Abflughallen sind lange, niedrige Gebäude aus Marmor und Glas, entworfen - natü r lich - von Albert Speer. Vor der Ankunftshalle steht eine Statue von Hanna Reitsch, Deutschlands führender Flieg e rin, geschaffen aus zusammengeschmolzenen Spitfires und Lancasters. Sie sucht den Himmel nach Eindringlingen ab. Eine Tafel hinter Ihr besagt WILLKOMMEN IN BERLIN, DER HAUPTSTADT DES GROSSDEUTSCHEN RE I CHES, In fünf Sprachen.
    März bezahlte den Taxifahrer, gab ihm ein Trinkgeld und ging die Rampe hinauf zu den automatischen Türen. Die Luft war hier kühl und künstlich: durchsetzt mit Flu g zeugtreibstoff und zerrissen vom Kreischen gedrosselter Motoren. Dann öffneten sich die Türen und zischten hinter ihm wieder zu, und plötzlich stand er in der schallisolierten Blase der Abflughalle.
    » Lufthansaflug 401 nach New York. Die Passagiere werden gebeten, sich zum Ausgang 8 zu begeben. . . Letzter

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