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Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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schrieb. Er stieß die Tür mit dem Hintern auf, und kam mit einem Berg von Akte n herein, und sah verschwitzt aus. Ein fast zweitägiger Bartwuchs gab ihm ein bedrohliches Au s sehen.
    »Xavi, Gottseidank, Er blickte über sein Papiergebirge. »Ich hab dich schon den ganzen Tag zu erreichen versucht. Wo bist d u gewesen?«
    »Unterwegs. Was ist das? Deine Lebenserinnerungen?«
    »Die Schießerei in Spandau. Du hast doch Onkel Artur heute morgen gehört.« Er machte Nebes Stimme nach. »Jäger, Sie können z u Ihrem normalen Dienst zurückke h ren.«
    Er ließ die Akten auf seinen Schreibtisch fallen. Das Fenster klapperte. Staub wirbelte durch das Büro. »Auss a gen von Zeugen un d Hochzeitsgästen. Autopsiebericht - sie haben fünfzehn Kugeln aus dem armen Schwein rausg e pult, Er streckte sich und rieb sich mi t den Fäusten die A u gen. »Ich könnte eine Woche lang schlafen. Ich sage dir: Ich bin zu alt für solche Schreckni s se wie letzte Nacht.
    Mein Herz hält das nicht aus.« Er brach ab. »Wa s zum Teufel machst du da?«
    März hatte die tote Pflanze aus ihrem Topf genommen und angelte sich den Schlüssel zum Bankschließfach h e raus.
    »Ich muß in zwei Stunden ein Flugzeug erwischen.«
    Jäger blickte auf seinen Koffer. »Nun sag bloß noch - ein paar Ferientage! Ein bißchen Balalaika-Musik an den Ufern des Schwarze n Meeres . ..« Er kreuzte die Arme und warf die Beine tanzend hoch, auf russische Art.
    März schüttelte lächelnd den Kopf. »Hast du Lust auf ein Bier?«
    »Hab ich Lust auf ein Bier?« Jäger war aus der Tür g e tanzt, ehe März sich noch umdrehen konnte.
    Die kleine Kneipe in der Oberwallstraße führte ein O r po-Mann im Ruhestand namens Fischer. Sie roch nach Rauch und Schweiß, nach schalem Bier und gebratenen Zwiebeln. Die meisten Kunden waren Polizisten. Grüne und schwarze Uniformen versammelten sich an der Theke oder drückten sich in der Düsternis der holzverkleideten Nischen herum. Der Fuchs und der Bär wurden herzlich begrüßt. »Ferien, März?«
    »He, Jäger! Stell dich beim nächsten Mal n bißchen n ä her ans Rasiermesser!«
    Jäger bestand darauf, einen auszugeben. März setzte sich in eine Ecknische, schob den Koffer unter den Tisch und zündete sich eine Zigarette an. Manche der Männer hier kannte er seit einem Jahrzehnt. Die Fahrer von Rahnsdorf mit ihren Pokerrunden und ihren schmutzigen Witzen. Die schweren Trinker aus der Abteilung Schwerverbrechen in der Wörthstraße. Er mochte keinen von ihnen missen. Wa l ter Fiebes saß allein an der Theke und brütete über e i ner Schnapsflasche. Jäger hob sein Glas. »Prost!« »Prost!.
    Max wischte sich den Schaum von den Lippen. »Gute Würste, gute Motoren, gutes Bier - die drei Geschenke Deutschlands an die Welt.« Das sagte er immer, wenn sie etwas tranken, und März fehlte immer der Mut, ihn darauf hinzuweisen. »So. Und was ist das mit dem Flugzeug?« Für Jäger schien das Wort Bilder von allem Exotischen in der Welt heraufzubeschwören. Die weiteste Reise, die er je von Berlin aus unternommen hatte, war die zu einem Fam i lienferienlager am Schwarzen Meer gewesen - Ferien im vergangenen Jahr in der Nähe von Gotenburg, organ i siert von Kraft-durch-Freude.
    März drehte leicht den Kopf und sah sich nach allen Se i ten um. Der deutsche Blick. Die Nischen auf beiden Seiten waren leer. Lachstürme kamen von der Theke.
    »Ich muß in die Schweiz. Nebe hat mir ein Visum für 24 Stunden gegeben. Der Schlüssel, den du eben im Büro g e sehen hast - den habe ich gestern Abend aus Stuckarts Safe genommen. Er öffnet ein Bankschließfach in Zürich.«
    Jägers Augen öffneten sich weit. »Dann müssen sie da das ganze Kunstzeugs aufheben. Erinner dich an das, was Globus heutemorgen gesagt hat: Sie haben es rausg e schmuggelt und in der Schweiz verkauft.«
    »Da hängt noch mehr dran. Ich habe noch mal mit der Amerikanerin gesprochen. Es sieht so aus, als hat Stuckart sie Samstag abend zu Hause angerufen, weil er überlaufen will, Überlaufen. Die unnennbare Tat. Sie hing zwischen ihnen in der Luft.
    Jäger sagte: »Die Gestapo muß das schon wissen, Xavi. Die haben doch sicher ihr Telefon angezapft?«
    März schüttelte den Kopf. »Dafür war Stuckart zu klug. Er hat die Telefonzelle gegenüber ihrer Wohnung benutzt.« Er nippte an seinem Bier. »Verstehst du, was da Ios ist, Max? Ic h fühle mich wie ein Mann, der im Dunkeln Tre p pen hinuntersteigt. Zuerst stellt sich heraus, daß die Leiche im See ein alter

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