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Vatermord und andere Familienvergnuegen

Vatermord und andere Familienvergnuegen

Titel: Vatermord und andere Familienvergnuegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Toltz
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war. Ein hübsches Auto. Darin würde ich auch sterben, wenn ich es mir leisten könnte.
    »Weide deine Augen daran«, sagte Smithy.
    »Bin schon dabei«, entgegnete ich.
    Oscar stieg aus dem Wagen und kam auf uns zu. »Jasper.« »Sie sind Oscar Hobbs!«, rief Smithy entgeistert aus. »Ganz recht«, erwiderte Hobbs.
    »Das muss ein Problem sein, wenn man prominent ist«, sagte ich. »Jeder nennt dir deinen eigenen Namen.«
    »Jasper. Hast du eine Minute Zeit für mich?«
    »Klar«, sagte ich und entschuldigte mich bei Smithy. Smithy nickte mir enthusiastisch zu, immer noch mit diesem entgeisterten Gesicht, das aussah, als hätte er unter seinen Genitalien eine Vagina entdeckt.
    Oscar und ich betraten ein Fleckchen Sonne. Er wirkte nervös.
    »Ich komme mir ein bisschen komisch vor, dass ich damit zu dir komme.«
    »Womit?«, fragte ich, obwohl ich die Antwort schon ahnte. »Anouk war heute bei mir im Büro und hat mir wegen dieser Rezension den Kopf gewaschen.« »Tatsächlich?«
    »Ich habe auch dafür gesorgt, dass in den Medien über eine Demonstration von Umweltschützern berichtet wurde, bei der sie war. Aber sie war wütend. Ich versteh das nicht. Sie hasst mich wirklich, oder?«
    »Das ist nichts Persönliches. Sie hasst die Reichen.«
    »Wie kann ich sie dazu bringen, mich zu mögen?«
    »Wenn Sie den Eindruck erwecken könnten, dass irgendwas Sie schwer bedrückt, das würde helfen.«
    Er nickte rhythmisch, wie zu einem Beat.
    »Was wollen Sie denn eigentlich von Anouk? Sie legen sich ja wirklich schwer ins Zeug. Ich habe die Frauen gesehen, die Sie sich sonst aussuchen. Anouk ist nett, und sie ist auf ihre ganz eigene Weise schön, aber es ist mir trotzdem schleierhaft. Sie können sich doch die Wahnsinnsfrauen von den Bäumen schütteln. Also, was steckt dahinter?«
    »Es ist doch so, Jasper, es gibt mehr als genug Durchschnittsmenschen. Einige sind schön, andere nicht. Aber außergewöhnliche, interessante, originelle und kreative Menschen, die selbstständig denken, die sind dünn gesät. Na ja, und während ich auf diese außergewöhnliche Frau warte und meine Zeit mit Durchschnittsfrauen verbringe, was glaubst du, was für Durchschnittsfrauen ich mir aussuche, hübsche oder unattraktive?«
    Darauf gab es nichts zu erwidern, also tat ich es auch nicht.
    »Frauen wie Anouk sind seltener, als du denkst.«
    Nachdem er gegangen war, fragte Smithy betont beiläufig: »Woher kennst du Oscar Hobbs?«, und ich erwiderte: »Ach, man sieht sich hier und da«, und weil ich genauso erbärmlich bin wie meine Mitmenschen und dasselbe Riesenego habe, fühlte ich mich, als sei ich den Rest des Tages jemand ganz, ganz Wichtiges.
    Aber ich war ganz schön baff. Dieser Mann rannte Anouk nicht nur nach wie ein schnaubender Drache, er war tatsächlich in sie verschossen, und sie zeigte ihm die kalte Schulter! Erotik der Macht hin oder her - die eigenen Vorurteile sind wahre Erotikkiller und wirken offenbar deutlich stärker. Ich erinnere mich, dass sie mich zu einer Kundgebung geschleppt hat, bei der der Redner behauptete, die Regierung habe sämtliche Medienzaren in der Tasche, und einen Monat später sagte ebendieser Redner, die Medienzaren hätten die Regierung in der Tasche (sie stimmte beidem zu). Ich weiß auch noch, dass ich ihr begreiflich zu machen versuchte, es sehe nur so aus, weil die Regierung und die Medien zufällig dieselben Interessen hätten: den Leuten erst eine Scheißangst machen und sie dann in Schreckensstarre zu halten. Das war ihr egal. Sie pochte immer wieder auf ihren Hass auf beide Parteien, und nichts konnte sie umstimmen. Und langsam wurde das angenehme Gesicht von Oscar Hobbs, in dem sich sein Reichtum spiegelte, für mich zum amüsanten Barometer für die Tiefe und Intensität von Anouks Vorurteilen.
     
    Ich kam bei Sonnenuntergang zu Hause an und spazierte verträumt durch die länger werdenden Schatten des Labyrinths. Es war eine der Stunden, in denen ich den Busch am meisten liebte - am Beginn der Nacht. Als ich zu meiner Hütte kam, sah ich, dass das Flammende Inferno auf der Türschwelle auf mich wartete. Wir stürzten hinein und liebten uns, wobei ich ihr Gesicht nicht aus den Augen ließ, um mich zu vergewissern, dass sie nicht an irgendeinen anderen Kerl dachte. Um ehrlich zu sein, ich hätte es mit Gewissheit nicht sagen können.
    Eine halbe Stunde später war jemand an der Tür. »Klopf, klopf«, sagte die Stimme. Ich verzog das Gesicht. Diesmal war es Dad. Ich kletterte aus dem

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