Vatermord und andere Familienvergnuegen
Bett und öffnete die Tür. Er trug einen Bademantel, den er vor Monaten gekauft hatte, das Preisschild hing noch am Ärmel.
»He, ich hab mal eine Frage zu deiner Freundin da«, sagte er.
»Pst, sie schläft.« Ich ging raus auf die Veranda und zog die Tür hinter mir zu. »Was ist mit ihr?«, fragte ich.
»Nimmt sie die Pille?«
»Ich wüsste nicht, was dich das angeht.«
»Also, tut sies?«
»Nein. Sie verträgt sie nicht.«
»Fantastisch!«
Ich atmete tief durch und war gewillt, ihn mit aller Geduld zu ertragen, die ich überhaupt hatte. Aber sein Grinsen kostete mich alles.
»Na schön. Du hast gewonnen. Ich bin neugierig. Warum ist es so fantastisch, dass meine Freundin nicht die Pille nimmt? Und wehe, du hast keine gute Antwort darauf parat.«
»Weil das bedeutet, dass du Kondome verwendest.«
»Dad. Und, also?«
»Also - kann ich mir welche leihen?« »Kondome? Wofür?« »Um sie über meinen...«
»Ich weiß, wofür man sie verwendet! Ich dachte nur... ich dachte, Prostituierte bringen ihre eigenen Kondome mit.«
»Glaubst du etwa, außer einer Prostituierten würde niemand mit mir schlafen?«
»Genau das glaube ich.«
»Du glaubst nicht, dass ich auf einen normalen Mitmenschen attraktiv wirken könnte?« »Wie gesagt, nein.«
»Was für ein Sohn!«
»Dad«, hob ich an, aber mir fiel nichts mehr ein, um den Satz zu beenden.
»Na jedenfalls«, drängte er, »hast du welche?«
Ich ging in mein Schlafzimmer, schnappte mir ein paar Kondome vom Nachttisch und brachte sie ihm nach draußen.
»Nur zwei?«
»Meinetwegen, nimm die ganze Packung. Mach eine Party. Ich bin keine Drogerie, weißt du?« »Danke schön.«
»Warte... diese Frau. Es ist doch eine Frau, oder?« »Natürlich ist es eine Frau.« »Ist sie gerade im Haus?« »Ja.«
»Wer ist sie? Wo habt ihr euch kennengelernt?«
»Ich wüsste nicht, was dich das angeht«, sagte er und verließ mit verdächtig federndem Gang die Veranda.
Hier gingen seltsame Dinge vor sich. Hinter Anouk war ein Mann her, den die Zeitschrift Guess Who zu Australiens begehrtestem Junggesellen gekürt hatte, und Dad schlief mit einer oder mehreren unbekannten Personen, die es nicht von Berufs wegen machten. Neue Dramen im Labyrinth kündigten sich an.
Die Morgenvögel, diese gefiederten kleinen Wecker, rissen mich gegen 5 Uhr aus dem Schlaf. Das Flammende Inferno lag nicht mehr neben mir im Bett. Ich hörte, wie sie auf der Veranda weinte. Ich blieb im Bett liegen und lauschte diesen kleinen, bitterlichen, glucksenden Schluchzern. Plötzlich wusste ich, was sie trieb. Ich sprang aus dem Bett und rannte nach draußen. Ich hatte recht! Sie hatte ihr senfglasgroßes Gefäß an die Wange gedrückt und füllte einen neuen Schwung Tränen ab. Es war jetzt fast voll.
»Das bringt nichts«, sagte ich.
Sie klimperte unschuldig mit den Wimpern. Das war zu viel für mich. Ich machte einen Schritt vorwärts und riss ihr das Glas aus der Hand.
»Gib es mir zurück!«
»Du wirst ihn nie dazu bringen, dies zu trinken. Was willst du ihm sagen, was es ist - Limonade?« »Gib es mir zurück, Jasper!«
Ich schraubte den Deckel ab, guckte sie herausfordernd an und kippte den Inhalt hinunter. Sie kreischte. Ich schluckte.
Es schmeckte abartig. Ich sage euch, das waren bittere Tränen.
Sie sah mich derart hasserfüllt an, dass ich begriff, dass ich etwas Unverzeihliches getan hatte. Ich hielt es für durchaus wahrscheinlich, dass ich damit einen Fluch auf mich geladen hatte, so als hätte ich die Grabesruhe einer Mumie gestört. Ich hatte Tränen getrunken, die nicht um meinetwillen vergossen worden waren. Was würde jetzt Schlimmes passieren?
Wir saßen beide in unseren Ecken und betrachteten den Sonnenaufgang. Im Buschland erwachte wimmelndes Leben. Ein leichter Wind kam auf, die Bäume flüsterten. Ich konnte das Inferno denken hören. Ich konnte ihre Augenlider flattern hören. Ich konnte den Flaschenzug hören, mit dem die Sonne an den Himmel gehievt wurde. Um neun stand sie wortlos auf und zog sich an. Sie gab mir einen Kuss auf die Stirn, als sei ich ein Sohn, dem sie pflichtgemäß vergeben musste, und ging ohne ein weiteres Wort.
Keine zehn Minuten später spürte ich etwas, irgendetwas war im Gange. Ich spitzte die Ohren, und entfernt hörte ich Stimmen. Ich zog meinen Bademantel über, verließ die Hütte und machte mich auf den verschlungenen Weg dorthin.
Dann sah ich die beiden zusammenstehen.
Dad hatte dem Inferno ein Gespräch aufgezwungen. Dad, ein
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