Vatermord und andere Familienvergnuegen
ein, dass ich inmitten der größten Genitaliensammlung der Welt auf der Lauer gelegen hatte und meine eigenen damit nicht zu vergleichen waren. Zu meiner Verteidigung soll gesagt sein, dass die Genitalien um mich herum nicht maßstabgerecht waren.
Dann sagte sie: »Ähem, ich bin nicht allein.« Und wer steckte da seinen Kopf zur Tür herein: Oscar Hobbs.
Es war ein unbescholtener Beweis für seine unerschütterliche Coolness, dass er gleich zum Wesentlichen kann: »Ich habe Ihnen einen Vorschlag zu machen«, sagte er. »Ich würde Ihnen gerne bei der Verwirklichung einer Ihrer Ideen behilflich sein.«
Ich war kurz davor zu zerspringen oder zum Eisblock zu erstarren. »Warum, in Gottes Namen?«, erkundigte ich mich lebhaft, dann fragte ich: »Welche denn?«
»Ich dachte, darüber könnten wir diskutieren. Welche würden Sie denn am liebsten verwirklicht sehen?«
Gute Frage. Ich hatte keinen Schimmer. Ich schloss meine Augen, holte tief Luft und wagte den Kopfsprung in mein Gehirn. Ich tauchte tief hinunter, und binnen einer Minute hatte ich mehr als hundert schwachsinnige Geschäftsideen aufgegriffen und wieder verworfen. Dann fand ich die, nach der ich gesucht hatte: eine gute Idee. Meine Augen sprangen auf.
»Ich möchte damit beginnen, jeden in Australien zum Millionär zu machen«, verkündete ich.
»Kluge Wahl«, sagte er, und ich verstand sofort, dass wir uns verstanden. »Wie wollen Sie das angehen?«
»Vertrauen Sie mir. Ich habe alles minutiös geplant.«
»Ihnen vertrauen?«
»Ihnen als einem Global Player in einem multinationalen Firmenkonglomerat kann ich selbstverständlich nicht trauen. Daher werden Sie mir trauen müssen. Wenn es so weit ist, teile ich Ihnen die Einzelheiten mit.«
Oscars Blick zuckte eine Millisekunde lang hinüber zu Anouk, ehe seine Augen zu mir zurückkehrten.
»Okay«, sagte er.
»Okay? Moment mal - ist das Ihr Ernst?« »Ja.«
In dem betretenen Schweigen, das auf dieser unerwarteten Wendung der Ereignisse folgte, fiel mir auf, dass der gewöhnlicherweise ausdruckslose Oscar Anouk ansah, als kämpfe er gegen etwas in seiner eigenen Natur an. Was hatte das zu bedeuten? Hatte Anouk ihm sexuelles Entgegenkommen versprochen? Hatte sie sich mir zuliebe auf irgendeinen seltsamen, unerfreulichen Pakt eingelassen? Dieser quälende Verdacht beeinträchtigte meinen überraschenden Erfolg. So ist es immer - man erringt niemals einen glatten Sieg, er ist immer an Bedingungen geknüpft. Trotzdem zögerte ich nicht, sein Angebot anzunehmen. Daraufhin folgte ein weiterer unerwarteter Schlag in die Magengrube, nämlich der vernichtende Ausdruck von Desillusionierung auf Anouks Gesicht, als hätte ich, als ich auf Oscars Angebot einging, in ihren Augen an Achtung verloren. Das konnte ich nicht verstehen. Es war ihre Idee gewesen, oder nicht?
Wie auch immer, ich musste es annehmen. Welche Wahl blieb mir?
Ich hatte nicht mehr viel Zeit auf dem Konto.
KAPITEL ZWEI
Wir stürzten uns sofort in den Kampf. Da war zunächst einmal die Publicity; wir mussten der Öffentlichkeit den Mund wässrig machen. Oscar war clever; er fackelte nicht lange. Bereits am nächsten Tag, noch bevor wir überhaupt besprochen hatten, wie dieses groteske Projekt genau funktionieren sollte, hatte er schon mein Foto auf die erste Seite des Revolverblatts geknallt und mit der Schlagzeile versehen: »Dieser Mann will Sie reich machen.« Ein bisschen klotzig, nicht sehr elegant, aber wirksam. Und das war's, das Ende meines Lebens im Verborgenen.
Meine Idee war bestenfalls angerissen, und es wurden keinerlei Einzelheiten genannt, aber am meisten ärgerte es mich, dass ich als »Bruder des Kultkriminellen Terry Dean« vorgestellt wurde.
Ich riss die Zeitung in dünne Streifen. Dann begann das Telefon zu klingeln, und am anderen Ende war eine der niedersten Formen menschlichen Lebens - Journalisten. Was hatte ich mir da angetan? Eine Person des öffentlichen Lebens zu werden ist so, wie sich mit Steaks in der Tasche einem Rottweiler zu nähern. Alle wollten wissen, wie meine Pläne genau aussahen. Der Erste, der die Story aufgriff, war der Produzent eines Fernsehmagazins, der wissen wollte, ob er mich für einen Beitrag interviewen könne. »Natürlich nicht«, sagte ich und legte auf. Es war nur ein Reflex.
»Du musst deine Idee populär machen«, sagte Anouk.
»Scheiß drauf«, erwiderte ich matt. Ich wusste, dass sie recht hatte. Aber wie konnte ich mit diesen Journalisten reden, wenn alles, was in
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