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Vatermord und andere Familienvergnuegen

Vatermord und andere Familienvergnuegen

Titel: Vatermord und andere Familienvergnuegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Toltz
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Eddie offenbar nicht vorbereitet. Er zündete sich eine Zigarette an und setzte eine konzentrierte Miene auf, als versuche er, den Rauch nur in seinen rechten Lungenflügel zu ziehen.
    »Da bin ich überfragt.«
    Er ist schuldig wie die Nacht, dachte ich, aber da ist noch irgendwas Übles, das er mir verschweigt. Der Scheiß, den er verzapfte, war von der unangenehmen Sorte: offensichtlich gelogen, aber nicht durchsichtig genug, um den wahren Grund dahinter zu erkennen.
    »Beantworte die Frage, Eddie. Warum zum Teufel arbeiten diese Millionäre alle für Mindestlohn in einem schmierigen, runtergekommenen Striplokal?«
    »Vielleicht haben sie das ganze Geld schon ausgegeben?«, sagte Eddie.
    »Schwachsinn!«
    »Herrgott, Martin, ich weiß es auch nicht! Vielleicht gehören sie zu den Leuten, die ihr ganzes Leben lang hart gearbeitet haben und nichts anderes kennen!«
    »Eddie. Zwanzig Millionen Menschen schicken jede Woche zwanzig Millionen Dollars ein. Wenn die dahinterkommen, dass ihr Geld nicht gerecht verteilt wird, sondern in die Taschen deiner Freunde wandert, die sie für meine Freunde halten werden, was glaubst du wohl, was dann passiert?«
    »Vielleicht kommen sie ja nicht dahinter.«
    »Natürlich kommen sie dahinter! Und wir sind alle im Eimer!«
    »Ist das nicht ein bisschen melodramatisch?« »Wo ist das Geld, Eddie?« »Ich weiß es nicht.« »Du hast es!« »Nein, ehrlich nicht.«
    Keiner von uns sagte etwas. Eddie machte sich seinen Tee und trank ihn dann mit abgeklärter Miene. Ich wurde immer wütender. Er schien vergessen zu haben, dass wir noch da waren.
    »Wie können wir das unter den Teppich kehren?«, fragte Jasper.
    »Gar nicht!«, erklärte ich. »Wir können nur hoffen, dass es nie rauskommt.«
    Als ich das sagte, wurde mir klar, dass meine Mutter falschgelegen hat, als sie mir irgendwann erzählt hatte, man habe immer die Möglichkeit, umzukehren, ganz gleich, wie weit man einem Weg schon gefolgt sei. Ich befand mich auf einer Einbahnstraße ohne jede Abbiege- oder Wendemöglichkeit. Wie sich herausstellen sollte, war mein ungutes Gefühl begründet, denn zwei Wochen später kam alles raus.
     

KAPITEL FÜNF
    Jetzt fielen die gierigen Medienhyänen erneut in mein Leben ein. Die Story war in jeder Zeitung, auf jedem Radio- und Fernsehsender. Ich war ein gefundenes Fressen. Angeführt wurde der Angriff ausgerechnet von Brian Sinclair, dem eigentlich schon abgemeldeten Nachrichtenmenschen, den ich mit der Freundin meines Sohns gesehen hatte.
    Caroline und ich saßen beim Italiener an einem Fenstertisch. Wir wollten gerade ein riesiges Kalbsschnitzel mit Zitronensoße anschneiden, als diese schmierige Silberlocke in meinem Blickfeld auftauchte. Wir starrten einander durchs Fenster an. Als Person des öffentlichen Lebens war ich daran gewöhnt, dass sich gelegentlich ein Kameraobjektiv auf mich richtete wie der Zeigefinger eines Richters, aber der Eifer in Brians aalglattem Gesicht hatte auf mich die gleiche Wirkung wie ein plötzlicher Abfall des Kabinendrucks in einem Flugzeug. Er machte seinem Kameramann wild Zeichen. Ich nahm Caroline bei der Hand und rannte mit ihr durch den Hinterausgang nach draußen. Als wir zu Hause ankamen, klingelte das Telefon Sturm. Später sahen wir unsere entschwindenden Rücken in den Nachrichten um halb sieben.
    Wie sich herausstellte, hatte die Zunft der Journalisten im Moment nichts Besseres zu tun, als zu prahlen wie Wochenendangler. Und da war Brian, die Arme sooo weit ausgestreckt, der verkündete, er habe sich die Story des größten Skandals in der Geschichte Australiens exklusiv geschnappt. Er hatte keinerlei Schwierigkeiten gehabt, mindestens von achtzehn Millionären mit dem Fleshpot in Verbindung zu bringen - Barkeeper, Buchhalter, Türsteher oder Spülhilfe, alle liefen sie mit den Händen vor dem Gesicht durchs Bild, eine Geste, die allein schon wie ein Geständnis wirkt. Wie sich im Lauf des Abends herausstellte, war die Geschichte allerdings eine andere, als ich erwartet hatte, weil Eddie mir, als ich ihn mit seinem Verbrechen konfrontierte, nicht erzählt hatte, wie das Komplott wirklich beschaffen war. In dem Bericht ging es nicht darum, dass Geld, das eigentlich anständigen Australiern zustand, in den Taschen von Eddies Freunden gelandet war, wie ich vermutete. Mir war klar, dass es weitaus komplizierter und gefährlicher sein musste, denn als ich irgendwann doch ans Telefon ging, fragte mich der Journalist am anderen Ende der Leitung aus

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