Vatermord und andere Familienvergnuegen
Steinguttöpfen, in denen die Seelen seiner Eltern ruhten, die angeblich über ihn gewacht hatten. Es fiel mir nicht schwer, einen Ausdruck des Tadels in seinem Blick zu erkennen. Auf Nimmerwiedersehen, Eddie. Du hast deine Schäbigkeit auf die Spitze getrieben, und sie hat dich unter sich begraben. Pech gehabt.
Meine Beine trugen mich nur mit großer Mühe ins nächste Zimmer. Dort sah ich Onkel Terry auf den Knien; von hinten betrachtet, sah er aus wie das Heck eines VW Käfers, der versucht, rückwärts in eine kleine Lücke einzuparken. Schweiß rann aus den Speckfalten in seinem Nacken. Er weinte. Er fuhr herum, schaute mich an, drehte sich dann wieder weg und wies mit seinem fetten Arm in Richtung von Dads Schlafzimmer.
Ich ging hinein.
Dad kniete ebenfalls und wiegte sich sanft über Carolines verstümmeltem Körper. Seine Augen waren so weit aufgerissen, als hätte er sich Streichhölzer zwischen die Lider geklemmt. Die Liebe seines Lebens lag auf dem Rücken, Blut sickerte aus einem Dutzend klaffender Wunden. Das Starren ihrer toten Augen war so unerträglich, dass ich wegschauen musste. Es lag etwas Verstörendes in diesen Augen. Caroline sah aus wie jemand, der etwas Kränkendes gesagt hatte und es zurücknehmen wollte. Später erfuhr ich, dass sie getötet worden war, als sie versucht hatte, ausgerechnet Eddie zu beschützen. Ihr Tod war ein Versehen gewesen und hatte dazu geführt, dass der Mob sich gegen sich selbst wendete und in Fraktionen zersplitterte - in solche, die es okay fanden, eine Frau in den besten Jahren umzubringen, und in jene, die nicht damit einverstanden waren. Das hatte ihren Amoklauf wirkungsvoll beendet und sie auf den Heimweg geschickt.
Wir begruben Eddie und Caroline im Garten. Es hatte wieder zu regnen begonnen, und uns blieb nichts anderes übrig, als sie in der nassen, schlammigen Erde zu bestatten, wie es für Eddie vielleicht angemessen war. Aber zuzusehen, wie Carolines Körper in diesem Matsch versank, machte uns krank. Dad tat sich schwer mit dem Atmen, als blockiere etwas seine Luftröhre - sein Herz vielleicht.
Zu dritt kehrten wir schweigend nach Bangkok zurück, von einer Trauer umfangen, die jedes zukünftige Lächeln unglaubwürdig erscheinen ließ. Dad sagte auf der ganzen Fahrt kein Wort, gab lediglich leise Laute von sich, um uns zu verstehen zu geben, dass jede Minute seines restlichen Lebens eine unerträgliche Qual sein würde. Ich wusste, dass er sich selbst die Schuld an Carolines Tod gab, aber nicht nur sich, sondern auch Terry, schon deswegen, weil er Eddie angeheuert hatte, aber nicht nur Terry, auch dem Schicksal, dem Zufall, Gott, der Kunst, der Wissenschaft, der Menschheit, der Milchstraße. Nichts und niemand war ohne Schuld.
Als wir wieder in Terrys Haus waren, zog sich jeder in sein Zimmer zurück, um darüber zu staunen, wie schnell das menschliche Herz zuschnappt, und uns zu fragen, ob wir es je wieder aufhebeln könnten. Nur zwei Tage später - ob angestachelt von Carolines Tod oder von dem schwarzen Hund, der auf dem Misthaufen seines Herzens bellte, vielleicht auch, weil Trauer vernünftiges Denken verdrängt oder aber weil er, obwohl er ein Leben lang über den Tod nachgedacht hatte, die Unausweichlichkeit seines eigenen Todes nicht richtig begreifen konnte - erwachte Dad plötzlich aus seiner trauerbedingten Starre und kündigte sein letztes Projekt an. Wie Eddie vorausgesagt hatte, war es das bislang verrückteste. Und nachdem ich ein Leben lang zugesehen hatte, wie Dad einen unsinnigen Entschluss nach dem anderen gefasst hatte, und in gewisser Weise stets der Leidtragende gewesen war, überraschte mich am meisten, dass ich immer noch zu überraschen war.
TEIL SIEBEN
I
»Ich will nicht hier sterben«, sagte Dad.
»Was ist los?«, fragte Terry. »Gefällt dir dein Zimmer nicht?«
»Das Zimmer ist in Ordnung. Das Land gefällt mir nicht.«
Wir drei aßen gerade Hühnchen-Laksas und betrachteten den Sonnenuntergang über der versmogten Metropole. Wie üblich wurde Dad von Brechreiz gequält und schaffte es, es so aussehen zu lassen, als wäre sein Erbrechen keine Reaktion auf das Essen, sondern auf seine Tischgenossen.
»Tja, wir wollen auch gar nicht, dass du stirbst, oder, Jasper?«
»Nein«, sagte ich und wartete geschlagene dreißig Sekunden, bevor ich hinzufügte: »Momentan jedenfalls nicht.«
Dad wischte sich die Mundwinkel mit meinem Ärmel sauber und erklärte: »Ich will zu Hause sterben.«
»Mit zu Hause
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