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Vatermord und andere Familienvergnuegen

Vatermord und andere Familienvergnuegen

Titel: Vatermord und andere Familienvergnuegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Toltz
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Klassenzimmer wie ein Zeichentricktiger. Die Menschen führen sich auf wie Kinder, wenn man sie überrascht, und Arschlöcher machen da keine Ausnahme.
    Zehn Minuten später kamen sie angerannt, zwei Wachen in eng anliegenden Hosen. Auch sie machten ein verblüfftes Gesicht, doch ihre Verblüffung löste sich schnell in Luft auf.
    »Wie ich höre, hast du die Sprache wiedergefunden«, sagte der eine.
    »Spuck's aus«, befahl der andere.
    »Mein Name ist Jasper Dean. Martin Dean war mein Vater. Terry Dean war mein Onkel.«
    Wieder trat die Verblüffung in ihre Gesichter. Sie packten mich und zerrten mich durch die langen, grauen Korridore in einen nackten Raum, in dem nur ein Stuhl stand. War der für mich, oder würde ich stehen müssen, während mich ein Inquisitor löcherte?
    Ich will das sieben Tage andauernde Verhör nicht im Detail beschreiben. Ich sage nur so viel: Ich kam mir vor wie ein Schauspieler, der vertraglich an ein mieses Stück mit langer Laufzeit gefesselt ist. Ein ums andere Mal betete ich meinen Text herunter. Ich erzählte ihnen die ganze Story, erwähnte aber mit keinem Wort, dass Onkel Terry noch lebte. Es hätte mir nur geschadet, ihn wiederauferstehen zu lassen. Die Behörden setzten mich stark unter Druck, ihnen Dads Aufenthaltsort zu verraten. Druckmittel dafür hatten sie auch: Ich hatte mich zweier Verbrechen schuldig gemacht, ich war mit falschen Papieren gereist und hatte Umgang mit bekannten Kriminellen gepflegt, auch wenn das zweite kein Verbrechen im engeren Sinne war, sondern eher eine schlechte Angewohnheit. Ich wurde von Horden von Kriminalbeamten befragt und von Agenten der ASIO, unserem wenig beeindruckenden Geheimdienst, über den die Australier kaum etwas wissen, da er es nie in Kinofilme oder Fernsehserien schafft. Tagelang musste ich all die ausgelutschten Tricks aus ihrem Repertoire über mich ergehen lassen: die Fragen im Dauerfeuer, die Guter-Bulle/böser-Bulle-Nummer in all ihren Spielarten (Böser Bulle/noch böserer Bulle, Noch böserer Bulle/Satan mit Ansteckkrawatte), Darbietungen, die so entsetzlich schlecht waren, dass ich am liebsten gebuht hätte. Wir foltern in unserem Land keine Menschen, und das ist gut so, es sei denn, man ist ein Vernehmungsbeamter, von dem Resultate erwartet werden. Ich merkte, dass einer von ihnen alles dafür gegeben hätte, mir die Fingernägel rausreißen zu dürfen. Ein anderer blickte sehnsüchtig auf meine Leistengegend und träumte wahrscheinlich von Elektroden. Tja, Pech für sie. Aber sie mussten mich auch gar nicht foltern. Ich spielte ja mit. Ich redete mir den Mund fusselig. Sie hörten sich taub. Ziemlich schnell ging uns allen die Puste aus. Gelegentlich ließen sie mich im Raum auf und ab gehen und Sachen brüllen wie: »Wie oft soll ich das noch erzählen?« Es war peinlich. Es war blöd. Ich hörte mich blöd an. Es war alles so kitschig. Filme haben das wirkliche Leben verkitscht.
    Sie durchsuchten meine Zelle und fanden, was ich aufgeschrieben hatte, zweihundert Seiten unserer Lebensgeschichte: Ich war erst bis zu meiner frühen Kindheit gekommen, bis zu dem Zeitpunkt, als ich von der Geschichte mit Terry Dean erfuhr. Sie studierten die Seiten intensiv, gingen sie nach Hinweisen durch, doch sie suchten nach Dads Verbrechen, nicht nach seinen Macken, und glaubten letztlich, dass das alles reine Fiktion sei, eine übertriebene Geschichte über meinen Vater und meinen Onkel, die als clevere Rechtfertigung gedacht war. Sie meinten, ich hätte Dad als Verrückten dargestellt, damit man ihn wegen Unzurechnungsfähigkeit für nicht schuldig befinden müsste. Letztendlich fanden sie ihn als Figur unglaubwürdig, weil sie es für unmöglich hielten, dass ein Mensch größenwahnsinnig und gleichzeitig ein Versager sein sollte. Ich muss wohl davon ausgehen, dass sie von der menschlichen Psyche nicht die blasseste Ahnung hatten.
    Am Ende gaben sie mir meine Aufzeichnungen zurück; dann befragten sie alle meine Reisegefährten, ob die Geschichte über Dads Tod wasserdicht war. Alle erzählten sie das Gleiche: Martin Dean sei an Bord gewesen, allerdings sehr krank, und schließlich sei er gestorben. Ich hätte seine Leiche ins Meer geworfen. Mir war klar, dass diese Nachricht eine bittere Enttäuschung für die Beamten war - sie hatten mich nicht der Lüge überführt. Dad würde nicht ihre stolze Trophäe werden. Das australische Volk wäre überglücklich gewesen, wenn man ihm Dad auf dem Präsentierteller serviert hätte. Dads Tod

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