Vatermord und andere Familienvergnuegen
schienen jeden meiner Schritte vorauszuahnen. Deprimiert stieg ich wieder in den Bus nach Hause und beschloss, es noch mal zu versuchen, wenn die Terry-Dean-Story nicht mehr ganz so heiß war, wenn sich die Lage etwas beruhigt hatte. Irgendwann musste sich das Ganze ja totlaufen, sagte ich mir. Die Öffentlichkeit leidet am Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom. Dafür ist sie berühmt. Was ich jedoch nicht ahnen konnte, war, dass die Terry-Dean-Story nicht allmählich aufhören würde - denn Terry Dean dachte nicht ans Aufhören.
Am nächsten Tag gab es neue Schlagzeilen und noch mehr Polizei und Reporter. Die beiden Buchmacher, die in den Bestechungsskandal verwickelt gewesen waren, hatte man in ihren Wohnungen erschossen aufgefunden. Es gab Zeugen, die gesehen hatten, wie ein junger Mann, auf den Terrys Beschreibung zutraf, sich von den Tatorten entfernte. Die Bezeichnung, mit der Terry in den Zeitungen und im Radio bedacht wurde, verriet eine subtile Richtungskorrektur der öffentlichen Meinung - er war nicht länger der »verrückte Amokschütze«. Er war nun ein »Vigilant«.
Derweil wachten die Augen der Nation scharf über den Ermittlungen in Sachen Korruption im Sport, die mit ungewöhnlich zügigem Tempo vorangetrieben wurden. Es war niemandem entgangen, dass jeder Buchmacher oder Kricketspieler, der in dem Untersuchungsbericht genannt wurde, damit eine potenzielle Zielperson für Terry Dean, den flüchtigen Vigilanten, darstellte.
Der Untersuchungsbericht über Korruption im Sport wurde vorgelegt und öffentlich zugänglich gemacht. Er nannte Namen. Drei weitere Spieler wurden erwähnt: Die einen hatten Spiele absichtlich verloren, die anderen spieltaktische Interna verraten. Es waren auch weitere Buchmacher aufgeführt. Alle waren auf der Hut. Die Männer standen rund um die Uhr unter Personenschutz. Die Polizei glaubte, Terry schnappen zu können, denn wenn sie etwas begriffen hatte, dann, dass Terry etwas angefangen hatte, das er auch zu Ende bringen wollte. Aber Terry war den Beamten immer einen Schritt voraus.
Das Problem war, dass niemand den Untersuchungsbericht über Korruption im Sport richtig las. Sie hatten das mit den Kricket-Spielern gelesen und warteten nun darauf, dass Terry zuschlug. Doch der Premierminister hatte eine umfassende Untersuchung versprochen, und der Ausschuss präsentierte einen erschöpfenden Bericht, der in zahllosen Unterkapiteln auch ein detailliertes Bild von der Korruption im Pferdesport lieferte, in der Rugby-Liga, in der Rugby-Union, im Australian Rules Football, im Fußball, bei den Commonwealth Games, beim Bowling, Snooker, Radsport, Rudern, Boxen, Wrestling, Segelsport, Hockey, Basketball... Wenn ein Australier irgendwo rannte, schwitzte oder mit anderen Bällen spielte als denen, die ihm Mutter Natur mitgegeben hatte, war es dort aufgeführt.
Das erste Mal, dass Terry die ganze Spannbreite seiner Leidenschaft erkennen ließ, war der Mord an einem Jockey namens Dan Wonderland; er war verprügelt und dann zwangsweise mit so viel Pferde-Beruhigungsmittel gefüttert worden, dass vermutlich eine ganze durchgehende Herde tot umgefallen wäre. Ich starrte prüfend auf das Foto dieses Mannes, dem mein Bruder das Leben genommen hatte. Ich hoffte, irgendetwas Bösartiges an ihm zu entdecken, etwas, das mir sagte, der Dreckskerl hat's nicht anders verdient. Das Bild war nach einem gewonnenen Rennen aufgenommen worden, und Dan Wonderland strahlte darauf und hatte triumphierend die Arme erhoben. Selbst ohne das Wissen, dass mein Bruder ihn getötet hatte, hätte ich etwas unendlich Trauriges im Gesicht dieses Jockeys ausmachen können, den Gesichtsausdruck eines Mannes, dem gerade ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen war und der nun erkannte, dass dieser Traum überhaupt nichts Besonderes war.
Am nächsten Tag gab es einen weiteren Toten: Mittelgewichtschampion Charlie Pulgar, der einen eindeutig getürkten K. o. im Ring hingelegt hatte: Er war bereits umgefallen, als sein Gegner beim Klang des Gongs die Fäuste gegeneinandergeschlagen hatte. Mit Terrys Hilfe ging Charlie Pulgar ein letztes Mal zu Boden - vom Dach seines siebzehn Stockwerke hohen Apartmenthauses hinab in den dichten Berufsverkehr.
Gerade als die Ermittler Terrys nächsten Schritt vorauszuahnen begannen, änderte er erneut sein Vorgehen. Die Untersuchung der Korruption im Sport hatte noch ein anderes Phänomen aufgedeckt, das sich im Profisport breitmachte: Doping. Mit ein klein wenig Detektivarbeit fand Terry
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