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Vatermord und andere Familienvergnuegen

Vatermord und andere Familienvergnuegen

Titel: Vatermord und andere Familienvergnuegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Toltz
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die hier sind, um die Gesetze zu brechen, die dazu da sind, den Willen anderer zu brechen. Ich bin einer von diesen Männern.
    Der Autor
    Stanley gab ihm das Vorwort zurück und bat ihn, es noch einmal zu versuchen. Harrys zweiter Anlauf geriet nicht besser:
     
    Sie haben dich im Visier. Du stehst auf ihrer Liste. Sie wollen deine Säfte und die Frucht deiner Lenden rauben, um damit die Dampfmaschinen zu betreiben, die die Energie liefern, in deren Glanz ihr Leben erstrahlt. Lies dieses Buch genau und befolge meine Ratschläge, dann wirst du es sein, der sich die Taschen mit Gold füllt, nicht sie. Sollen anderer Leute Kinder die steinernen Tabletts für die fetten, ägyptischen Sklavenhalter tragen. Ich frage dich, warum erwischen wir die nicht zuerst?
    Der Autor
     
    Stanley war der Ansicht, dass alles, was verbittert oder leicht wahnhaft klang, nicht gut für die Verkäufe sei. Das sah ich ein und bat Harry freundlichst, noch einen dritten Versuch zu machen. Das Ergebnis las ich im Bus Richtung Stadt. Es war kurz und bündig:
     
    Ah-ha! Huldigt mir! Ihr Drecksäcke!
    Der Autor
     
    Ich zerriss es, schrieb selbst ein Vorwort und setzte Harrys Namen drunter:
     
    Die Welt ist ein steinreicher Ort, so reich, dass man meinen sollte, es wäre für jeden genug da. Aber so läuft es nicht. Daher müssen einige von uns sich einfach nehmen, was sie kriegen können, ohne Rücksicht auf die Gesetze, sonst gehen sie leer aus. Die meisten stolpern diesen Weg blind entlang, ohne Führer und ohne Plan. Ich will mit diesem Buch keine Revolution auslösen, es soll lediglich eine Orientierungshilfe für alle Benachteiligten und Unerfahrenen sein, es soll die vor ihnen liegende Straße erleuchten, auf Schlaglöcher und Fallgruben hinweisen, auf Sackgassen und Auswege, und vor Geschwindigkeitsüberschreitungen warnen. Gute Fahrt also, ihr jungen Ganoven, gute Fahrt...
    Der Autor
     
    Schließlich war der Tag gekommen, da das Buch in Druck ging. Ich musste in Stanleys Büro fahren und den Namen des Autors preisgeben. Harry und ich saßen hinterm Haus beim Zigarettenfrühstück. Er war weit mehr als kribbelig; seine Hände zitterten unkontrolliert. Wir versuchten beide, so zu tun, als wäre nichts, und als ich für ihn eine Zigarette anzünden musste, taten wir so, als täte ich es, weil ich sein Bediensteter war. Ich sagte: »Bitte sehr, der Herr«, und er erwiderte: »Danke, Boy.«
    Der Himmel über uns zeigte eine merkwürdige Färbung, das gleiche Algengrün wie in Harrys Swimmingpool.
    »Dieser Verleger. Können wir dem trauen?«, fragte Harry.
    »Unbedingt.«
    »Wird er uns über den Tisch ziehen?« »Nein.«
    »Wenn du das nächste Mal mit ihm sprichst, erzähl ihm, dass ich siebzehn Männer umgebracht habe, zwei Frauen und ein Kind.«
    »Du hast ein Kind umgebracht?« »Na ja - einen Jugendlichen.«
    Harry gab mir ein Blatt Papier. Es war eine Liste mit Danksagungen. Ich nahm sie und zog los, unser Schicksal zu besiegeln. Meine Arme schwangen beim Gehen entschlossen hin und her; so geht man, wenn man die Schmutzarbeit des Schicksals erledigt.
    Ich traf Stanley in seinem Büro. Er konnte nicht einmal sitzen vor Aufregung. In den ersten zwei Minuten nach meiner Ankunft lief er dreimal von der Tür zum Fenster und wand seine Hände so inbrünstig - als würde er Hühnern den Hals umdrehen.
    »Nun ist es so weit, mein Freund - der Drucker wartet schon. Jetzt muss ich den Namen erfahren.«
    »Okay, hier ist er: Der Mann, der Das Handbuch des Verbrechens geschrieben hat, heißt Harry West.«
    Stanley sperrte den Mund auf und atmete lange und rasselnd aus.
    »Wer?«
    »Harry West!«
    »Kenn ich nicht.«
    Ich ratterte Harrys Vorstrafenregister herunter und ließ nichts aus. »Harry West«, murmelte Stanley, während er sich den Namen notierte. Er klang ein wenig enttäuscht. Dann verfasste Stanley nach meinen Angaben die Kurzbiografie für den Klappentext. Sie lautete folgendermaßen:
     
    Harry West wurde 1922 in Sydney geboren. Während der folgenden fünfundfünzig Jahre brach er jedes Gesetz der südlichen Hemisphäre. Nach einem spektakulären Gefängnisausbruch befindet er sich derzeit auf der Flucht.
     
    »Harry hat auch noch eine Danksagung geschrieben, die vorne drinstehen soll«, sagte ich. »Gut.«
    Stanley sah sie sich an. Es war die typische Danksagung, die man seinem Lebenswerk voranstellt:
     
    Ich möchte meinem Vater dafür danken, dass er mir die Freude an der Gewalt mitgegeben hat, und meinem Großvater, der

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