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Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel

Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel

Titel: Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Zöller
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dann ist es für einen Moment ganz still. Die Reihen stehen fest und geschlossen. Der Musikzug marschiert voran.
Es zittern die morschen Knochen der Welt vor dem roten Krieg. Wir haben den Schrecken gebrochen …
Die Reihen der HJ und des BDM folgen. Dann kommen je eine Abteilung des Arbeitsdienstes und der Schutzpolizei. Am Ende des Zuges geht der Bollerwagentrupp. Fackelträger des Jungvolkes bilden ein Spalier bis zum Coerdeplatz.
    Der Schatten der Marschkolonne wird auf die Mauern des Zwingers geworfen, ein gespenstischer Tanz. Im Gleichtakt der Marschmusik hallen unsere Schritte auf dem Asphalt und verschmelzen zu einem einzigen mächtigen Tritt. Ein kühler Wind weht, ich fröstele. Ein Schauer kriecht mir über den Rücken. Aber nicht vom Wind.
    »Jetzt sieht uns der Führer zu. Ich weiß es ganz sicher. Führer, wir folgen dir.« Das flüstert Klara mit leuchtenden Augen.
    Es ist feierlich und ernst, merkwürdig und unheimlich: das Hämmern der Schritte, die flatternden Fahnen, der zuckende Widerschein der Fackeln auf den Gesichtern und die Lieder, deren Melodien begeisternd und zugleich melancholisch klingen.
»Für die Fahne wollen wir sterben …«
, singen die Fackelträger.
    Ja, ich spüre, es geht um mein Leben, und es geht um Leben und Tod. Ich will dazugehören und am Straßenrand zusehen. Mitmachen, mittendrin sein. Ich will die gleiche Uniform tragen, die Lieder singen. Ja, ich will. Eine Andacht hat mich im Dämmerlicht ergriffen und lässt mein Herz schlagen.
»Deutschland, heiliges Wort …«
Ich sehe Ergriffenheit, aber auch Härte in ihren Mienen. Wir stehen zusammen, wir greifen durch. Das alles ist Deutschland. Dafür leben wir.
     
    Auf dem Coerdeplatz öffnet sich die Menschenmenge zu einem Halbrund. Unter dem Balkon des Polizeipräsidenten ist eine Abteilung der Polizei mit Fackeln in der Hand angetreten. Die Männer tragen Karabiner an der Schulter. Die Sturmriemen ihrer Kappen sind festgeschnallt. Der Polizeipräsident hält den rechten Arm in Augenhöhe nach oben gestreckt. Die flache Hand zeigt hinauf, präzise und zackig.
    »Heil Hitler!« Die Hakenkreuzfahnen flattern im Wind. So muss es sein.
    Neben dem Präsidenten stehen der Gauleiter und der Bürgermeister. Meinen Vater sehe ich in der zweiten Reihe hinter dem Gauleiter. Befehle werden gegeben. Ich versammele mich mit dem BDM -Chor unter dem Balkon. Wir singen, und die Lieder erklingen in der sich langsam herabsenkenden Dunkelheit.
Wenn wir erklimmen schwindelnde Höhen …
Die Fackeln zaubern Schattenspiele auf die Wände der umstehenden Häuser. Eine würdige Kulisse.
Heute wollen wir marschieren, einen neuen Marsch probieren …
Die Lieblingslieder des Führers. Wir beenden unseren Gesang, stehen nun reglos. Ich halte den Atem an. Die gespannte Stille öffnet den Weg für die nun folgenden Worte.
    »Ein Volk ist auferstanden!«, ruft Mennecke in die Menge. »Der deutsche Mensch hat sich gefunden. Ein stolzes, ein starkes Reich, so groß und so erhaben. Die Banner wehen, die Trommeln dröhnen, die Pfeifen jubilieren, und aus unserer Kehle klingt es auf, das Lied der deutschen Revolution.«
    Die Menge antwortet, laute »Sieg Heil«-Rufe sind zu hören.
    Der Polizeipräsident fährt fort: »Wir haben die Aufgabe, euch, all diese jungen Menschen zu Kämpfern zu erziehen, eurem Leben Sinn zu geben im Geiste des Führers. Uns ist vom Schicksal der Befehl erteilt: Was euch nicht gegeben wurde, müsst ihr euch durch eisernen Zusammenhalt erstreiten. Ihr dürft in jedem Augenblick eures Lebens nur an eines denken: an die Notwendigkeit der völkischen Geschlossenheit.«
    Beifall brandet auf. Der Polizeipräsident grüßt mit erhobenem Arm.
    Ein Trommelwirbel, und Werner zieht an der Seite des Bollerwagentrupps in die Mitte des Platzes. Seine Stimme schwillt an. »Wir verbrennen noch einmal den Schund, der sich in unserer Mitte jahrzehnte- und jahrhundertelang ansammeln konnte. Wir geloben noch einmal und umso entschlossener: Alles Schrifttum, in dem jüdischer Geist Niederschlag gefunden hat, muss restlos vernichtet werden. Dadurch wird der Weg frei für wirklich deutsche Dichter und Denker. Wir sind die Berufenen, wir sind die Herrenmenschen, die aufräumen dürfen und müssen. Das ist das eherne Gesetz, das der Führer ausgibt. Er ruft uns! Der Führer ruft uns zu seinem Dienst!«
    »Führer, wir folgen dir!« Wir rufen es mit einer Stimme, und sie hallt hundertfach zu uns zurück. »Führer, wir folgen dir!«
    Die Hitlerjungen

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