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Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel

Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel

Titel: Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Zöller
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macht, was er will. Der Führer befiehlt,
wir
folgen. Wer hat euch befohlen, diesen Mummenschanz zu veranstalten? Die Gauführerin? Der Kreisleiter? Der Gauleiter? Der Führer? Ihr handelt gefälligst nur auf Befehl. Hast du das begriffen?«
    Ich mache mich immer kleiner und kämpfe mit den Tränen.
    Seine Stimme ist jetzt ruhiger. »Sieh mal, Paula: Das deutsche Volk steht seit Jahren im Kampf gegen seine äußeren und inneren Feinde, da brauchen wir doch die Geschlossenheit der Volksgenossen. Das Nichtabliefern von Feindflugblättern zum Beispiel wird bestraft. Das ist Wehrkraftzersetzung. Darauf stehen Gefängnis oder sogar die Todesstrafe.« Er macht eine Pause, setzt sich wieder auf seinen Stuhl und stützt den Kopf schwer in seine Hände. »Tut doch einfach nur das, was euch befohlen wird. Marschiert, singt und tragt die Fackeln der Bewegung. Folgt den Befehlen und verhaltet euch nicht eigenmächtig.«
    Ich fühle mich total hilflos. »Was sollen wir denn jetzt machen? Wir haben doch schon viele Bücher gesammelt! Und alle waren hellauf begeistert, Werner, Franziska und sogar Hans. Eigentlich war es Franziskas Idee. Ihr Vater hat ihr von früher erzählt und dass der Polizeipräsident damals, 1933, als Studentenführer die Bücherverbrennung in Münster geleitet hat.«
    »Das wusste ich nicht.« Papa sieht aus dem Fenster und runzelt die Stirn. »Ihr wollt ihn also eigentlich nur an seine Heldentaten erinnern? Na ja, wenn Franziskas Vater keine Einwände hat, dann soll es mir recht sein. Gibt es Ärger, halte ich euch den Rücken frei. Aber nur, damit jetzt ein für alle Mal klar ist: Bei den nächsten Aktionen fragst du mich vorher!«

7. Musik
    Die Tür fällt hinter Hans und mir ins Schloss. Auf der Hörsterstraße sind Menschen in Gruppen und einzeln unterwegs. Die Uniformierten sind deutlich in der Mehrzahl. An der Lotharinger Straße trennen wir uns. Hans geht zum Hochbunker. Dort trifft sich die HJ und der Bollerwagentrupp, der, von Werner angeführt, das Ende der Marschkolonne zum Coerdeplatz bilden wird. Ich winke Hedwig und Franziska zu, die auf der anderen Straßenseite auf mich warten. Wir haken uns ein und gehen nebeneinander zum Zwinger. Zu dritt nehmen wir fast die ganze Breite des Gehweges ein. Hedwig pfeift
Lili Marleen
.
    »Muss das jetzt sein?«, frage ich Hedwig. »Die Leute gucken schon.«
    »Franziska ist verliebt«, singt Hedwig im Takt von
Lili Marleen
. Franziska bleibt so abrupt stehen, dass unsere verhakten Arme auseinanderfliegen.
    »Bin ich nicht«, wehrt sie zornig ab.
    »Bist du doch! Ich habe gesehen, wie du seinen Namen immer wieder auf das Löschblatt geschrieben hast. Und du hast Herzen … Auah!«
    Franziska hat Hedwig am Arm gepackt. »Jetzt hör mal gut zu«, zischt sie. »Du machst die Klappe immer auf, wenn es verkehrt ist. Das geht niemanden was an, also halt deinen vorlauten Mund, sonst prügle ich dich windelweich.«
    »Lass mich los! Ich werde auch die Klappe halten. Außerdem sind in den doch alle verliebt.«
    »Ich bin aber nicht alle«, sagt Franziska, stapft wütend an uns vorbei und biegt nach rechts in die Promenade ein. Fackeln weisen uns den Weg.
    Ich halte Hedwig am Arm zurück. »Spinnst du? Musste das ausgerechnet heute sein?«
    Hedwig tippt sich an die Stirn und schickt Franziska einen spöttischen Blick hinterher.
    Plötzlich sind Johanna und Gertrud hinter uns und begrüßen uns fröhlich. »Seht nur, der Zwinger. Sieht das nicht toll aus?«
    Ich halte Hedwig immer noch fest. »Damit spaßt man nicht. Und mit Franziska schon gar nicht. Jetzt reiß dich zusammen.«
    »Was ist los? Habt ihr euch gestritten?«, fragt Gertrud und deutet auf Franziska, die sich ohne ein Wort in der Marschkolonne einreiht. Emmy, Klara, Maria und Line warten schon am Zwinger.
    »Ach nichts«, sage ich zu Gertrud, »Kinderkram.« Ich bleibe beherrscht, weil ich deutlich zeigen will, dass ich dieses blöde Gerede bei einer solchen Feier wie heute unpassend, ja störend finde.
     
    Ein Trompetensignal ertönt, und die große Trommel schlägt monoton den Takt. Das Stimmengewirr, vereinzeltes Lachen und Rufe verstummen. Ich nehme Haltung an. Meine Augen liegen auf meiner Schaft, die sich, gerade noch tuschelnd und herumalbernd, stramm in zwei Reihen formiert. Ich trage stolz meine frisch gestärkte und gebügelte Uniform. Meine Mutter hat mir die Haare um den Kopf geflochten und Blumen hineingesteckt. Befehle zum Sammeln und Ausrichten ertönen.
    Die Menge gerät in Bewegung, und

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