Vaters böser Schatten
dein Rad.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, sauste Leon hinterher. Er war ein verdammt guter Radfahrer, doch Ronny war um einiges besser.
„Verdammt, halt an!”, fluchte Leon, wich einer Frau mit Kinderwagen aus, brüllte immer wieder Ronnys Namen, bis der anscheinend aufgab, anhielt, das Fahrrad auf den Gehweg warf und herum wirbelte.
„WAS WILLST DU HIER? WARUM BIST DU ZURÜCKGEKOMMEN? MIT IHM! WARUM TUST DU DAS?”, brüllte er und schubste Leon vor sich her.
„Hör auf, bitte.“ Leon fing dessen Hände ein. „Ronny, hör auf!“
„ICH WILL ABER NICHT AUFHÖREN! DU KOMMST HIER AN, ALS SEI NICHTS PASSIERT! DAS KANNST DU NICHT MACHEN!“
Knurrend schoss Leon zurück: „UND WAS SOLLTE ICH TUN? MEINER MUM SAGEN, DASS ICH NICHT ZU MEINEN GROßELTERN FAHRE, WEIL DU DAMIT EIN PROBLEM HAST?“ Er atmete tief durch. „Ronny, meine Mutter und die von den anderen beiden haben uns die Reise zum Abschluss geschenkt. Was hätte ich tun sollen? Mich im Zimmer verkriechen? Scheiße, ich hab euch vermisst. Ich habe dich vermisst. Ich habe dir so oft geschrieben und nichts kam zurück.“
„Denk mal darüber nach, warum nichts zurückkam. Du hast mich einfach im Stich gelassen, Blake.“
Resigniert und tief enttäuscht ließ Leon sich auf eine niedrige Mauer sinken. „Hörst du dir eigentlich zu, Ronny? Ich bin mit meiner Familie weggegangen. Ich habe die Freundschaft nicht beendet. Ich kann verstehen, dass du traurig warst … oder bist. Aber ich bin minderjährig. Ich ...“
„Du hättest bei deinen Großeltern bleiben können. Die Option stand durchaus und du weißt das auch.“
Leon schwieg. Er schaute auf seine Füße, dann hob er langsam den Kopf. „Ja, sie bestand, aber ich wollte mit. Ronny, ich liebe meine Familie. Ich hätte es nicht ertragen, so weit weg zu sein. Es tut mir leid, dass ich eine Entscheidung getroffen habe, die nur allein für mich wichtig war. Und es tut mir leid, dass ich dir damit wehgetan habe, aber ich bereue es nicht. Nicht eine Sekunde habe ich davon bereut.“
„Wegen ihm?“ Aus Ronnys Augen schossen wütende Blitze. „Was hat er, was … nein, ich will es nicht wissen.“ Er nahm sein Fahrrad auf und sah seinen ehemals besten Freund lange an. „Ich hab dich nie vergessen, Leon. Du weißt, was ich für dich empfunden habe … noch immer empfinde, aber ich kann und will dir nicht mehr länger hinterher heulen.“
„Das war’s? Wir kennen uns seit fünfzehn Jahren. Wir sind zusammen aufgewachsen. Mann, Ronny, wir haben so viel Scheiße erlebt.“
Wieder flog das Rad auf die Wiese. „Verdammt, begreifst du es nicht? Du lebst nicht mal auf diesem verfickten Kontinent! Wie stellst du dir das vor? Dass ich hier sitze und heule, weil ich dich nicht haben kann? Weil ich dich zu sehr vermisse?“
Plötzlich knallte in Ronny eine Sicherung durch. Er stand wie aus dem Nichts blitzartig so dicht vor Leon, dass der heftig zusammenzuckte und nicht im Entferntesten auf die Idee kam, den plötzlichen, leidenschaftlichen Kuss zu unterbinden. Ronnys Hand wühlte sich in das dunkelblonde Haar, seine Zunge schoss in den Mund des anderen und leise stöhnte er auf.
Und Leon? Er ließ alles über sich ergehen. Er hatte kaum eine Chance. Dieser Angriff auf seine empfindlichen Nervenbahnen setzte sein Hirn für einen Moment komplett außer Betrieb. Er lieferte sich einen wilden Kampf um die Vorherrschaft in seinem Mund, krallte seine Finger in dessen Shirt; und so plötzlich, wie der Kuss begonnen hatte, so abrupt stieß Leon seinen einst so guten Freund von sich, so stark, dass Ronny mit dem Hintern über den Asphalt rutschte.
„Störe ich?“
Bitte nicht, dachte Leon, schaute nach rechts, wo Ryan mit verschränkten Armen stand und sie wütend anfunkelte
„Snoopy, das ist ...”
„Anders, als es aussieht. Schon klar. Leon, komm her …“ Er streckte die Hand nach seinem Freund aus, der sie sofort ergriff. „Und dir rate ich, mal dringend nachzudenken. Du hattest deine Chance. Shit happens, korrekt?“ Er machte auf dem Absatz kehrt und zog Leon hinter sich her.
„Hey … Baby, warte mal.“
„Nein. Ich werde mit dir darüber nicht diskutieren und auch nicht reden, Leon”, blieb Ryan hart.
„Snoopy, verdammt … sieh hin!“
Ryan wandte sich um und knurrte leise.
Ronny auf dem Boden sitzen zu sehen, komplett aufgelöst und heftig weinend, ließ ihn zögern.
„Sieh mich an.“ Leon nahm dessen Gesicht in die Hände und küsste ihn sanft auf die Lippen. „Ich liebe dich,
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