Vaters böser Schatten
schloss schweigend sein Fahrrad an. „Er wird immer ein Teil von mir sein, nicht wahr? Ich werde ihn niemals ganz verjagen können. In meinem Kopf … wird er immer da sein“, murmelte er und setzte sich auf die Bank, die an der Hauswand lehnte.
„Ryan, wovon sprichst du? Wo bist du gewesen?“ Leon war sofort klar, dass Ryan definitiv nicht beim Futterhändler gewesen sein konnte.
„Mein Vater … er wird immer ein Teil meines Lebens sein. Ich kann ihn nicht abschütteln. Wenn ich meine Augen schließe, sehe ich Ashley vor mir und … dann ist er da. Wie er sagt, dass ich nicht sein Sohn bin, dass ich … ein Bastard bin.“
Verwirrt setzte Leon sich neben ihn, zog ihn sanft in seine Arme. „Ryan, bitte sag mir, wo du gewesen bist.“
Nach einem kurzen Schweigen, sagte Ryan leise: „Ich war in Louise River … bei … bei einem Therapeuten.“
Obwohl Leon so glücklich war, dass Ryan diesen Schritt gemacht hatte, unterdrückte er den Drang, ihn strahlend zu küssen. „Und wie war es?“
Beinahe unbeteiligt zuckte Ryan die Schultern. „Ich bin nicht sicher. Wir … haben nicht über meinen Vater gesprochen. Wir haben über … Großvater gesprochen, über Michelle, meine Kindheit … über dich.“
„Über mich?“, fragte Leon erstaunt. „Hoffentlich nur gutes.“ Er zwinkerte ihm zärtlich zu, und über Ryans Lippen huschte ein kleines Lächeln.
„Ja … und darüber, was du für ein Dummkopf gewesen bist.“
„Jaja, halt es mir weiter vor“, grinste Leon und küsste Ryan sanft. „Nein, im Ernst … wie war es für dich?“
Langsam holte Ryan Luft, überlegte angestrengt. „Seltsam. Dr. Ramos hat nicht viel gesagt. Ich glaube, ich habe noch nie so viel am Stück über mich gesprochen. Ich versteh nicht, warum ich das getan habe. Ich wollte es nicht mal wirklich. Ich hätte seine drei kleinen Fragen auch mit einem kurzen Satz beantworten können, aber … ich hab geredet und geredet … es war gruselig.“
„Dann war es gut. So muss es sein. Dass man redet, ohne groß darüber nachzudenken.“ Leon streichelte durch das dunkle Haar. „Ich bin so stolz auf dich.“
„Warum?“
„Du hast eine Entscheidung getroffen, obwohl du wusstest, wie schwer es sein würde. Das ist ein gewaltiger Schritt, Snoopy.“
„Abwarten. Ich weiß noch nicht, ob ich wieder hingehe.“
„Ryan …“
„Nein, ich weiß es wirklich nicht. Leon, der will über meinen Vater reden und … ich weiß nicht, ob ich das kann.“
„Du kannst es. Vertrau auf dich selbst. Du bist stark. Du kannst über ihn reden. Bitte, glaub mir.“
Ryan sah ihn zärtlich-verzweifelt an. „Ich wünschte, ich hätte deine Zuversicht.“ Leise seufzend versteckte er sein Gesicht an Leons Hals.
„Ich versuche, dir etwas davon abzugeben. Komm mal her.“ Leon nahm dessen Gesicht in die Hände und küsste ihn mit all seinen Gefühlen, küsste ihn so tief und leidenschaftlich, dass Ryan in seinem Griff regelrecht zusammensackte.
„Erzählen Sie mir von der Arbeit auf der Farm.“
Ryan musterte Dr. Ramos. „Es ist die zweigrößte Tierfarm in West Virginia. Wir haben Schafe, Rinder, Gänse, Truthähne, Pferde, Schweine und Hühner. Mehrere wilde Katzen und Buster. Das ist mein Golden Retriever. Es ist viel Arbeit, aber es macht auch irgendwo Spaß. Mein Team ist großartig. Julius ist … über fünfzig. Er ist so etwas wie der gute Geist. Er kann zupacken, fragt nie, was zu tun ist, er macht es einfach. Lance ist Mitte dreißig, verheiratet und ziemlich ruhig. Er ist spezialisiert auf Schafzucht, aber er macht auch alles andere. Toby ist Anfang zwanzig und gelernter Pferdewirt. Er kümmert sich auch nur um die Pferde. Da hat er genug zu tun. Wie besitzen einundzwanzig Zuchtpferde. Er ist ein wunderbarer Rodeoreiter und … ich weiß nicht, eine absolute Frohnatur. Er strahlt eine Laune aus, dass man eigentlich gar nicht schlecht drauf sein kann. Jared ist genauso alt wie Toby. Er ist unglaublich talentiert, was die Arbeit mit den Tieren angeht. Er geht richtig dabei auf. Seit einer Woche haben wir einen Handwerker, Paddy. Er ist Ire und unglaublich. Er hat gleich das Zepter in die Hand genommen und angefangen, alles auf Vordermann zu bringen. Ich habe mehr Freizeit dadurch. Die Truppe lässt mir Zeit für mich, das kenne ich gar nicht. Leon und ich arbeiten mit, klar, aber meist lassen sie uns nicht. Sie sind der Meinung, dass wir unsere Jugend genießen müssten.“ Kurz lachte Ryan. „Dass ich es genieße, zu reiten, haben
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