Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)
seinem Badezimmerschränkchen geöffnet und geschlossen wurde.
»So.« Miguel trat erneut, diesmal angezogen, zum Tisch. In seiner linken Hand hielt er eine Nagelfeile, mit der er seine Fingernägel der rechten bearbeitete.
»Wenn sich nicht alles so erfreulich rasant ereignet hätte, wäre es mir noch möglich gewesen, mich zur Kosmetikerin zu begeben.«
Wie es Comitti erschien, spiegelte sich Miguel im Bildschirm seines Laptops. Was er sah, schien ihm zu gefallen, denn er schenkte Comitti einen triumphierenden Blick.
»Ich will mich nicht für die nächsten Jahrhunderte mit störenden Ohren- und Nasenhaaren rumärgern. Ich bin nur froh, dass ich letzte Woche beim Friseur war.«
Comitti schüttelte den Kopf. Miguel war wirklich der eitelste Mann, der ihm je begegnet war.
»Wenn Sie auch noch eben unter die Dusche wollen, Comitti?«
Comitti wäre aus seinem Sessel gefallen, hätte ihn die Fesselung daran nicht gehindert. Mit diesem einen Satz hatte ihm Miguel klargemacht, dass er es ernst meinte. Kein Spiel mehr. Er wollte ihn zum Vampir machen.
»Nun sehen Sie mich nicht so entgeistert an, Comitti. Natürlich werde ich Sie infizieren. Sie werden mein erster Vampir werden. Ich sehe das als eine Ehre, die ich Ihnen zuteilwerden lasse. Es war immer mein Traum, Menschen zu Vampiren zu machen. Ich stelle mir einen erlesenen Zirkel vor. Die Menschen, die ich persönlich infiziere, werden in den ersten Rang erhoben. Ich werde jeden sehr genau prüfen, damit er meine Ansprüche erfüllt.«
»Ich erfülle Ihre Ansprüche?«, fragte Comitti mit krächzender Stimme.
»Aber selbstverständlich, mein alter Freund. Sie sind klug und erfahren. Sie haben das Herz auf dem rechten Fleck und«, Miguel hob den rechten Zeigefinger, »Sie haben bereits die dunkle Seite des Lebens gesehen. Das ist ausschlaggebend für mich.«
Comitti sank in seinem Sessel zusammen.
»Möchten Sie jetzt noch duschen, Pater?«
Comitti sammelte sich. Miguel würde ihn losbinden müssen, wenn er unter die Dusche ging. Er würde sich umbringen. Irgendwie. Aber er würde nicht darauf warten, dass ihn dieser Verrückte infizierte. Auf seine rege Mitarbeit in seinem erlesenen Zirkel der Erlauchten würde er verzichten müssen. »Gern. Eine Dusche und eine Rasur wären nicht schlecht.«
Miguel strahlte. »Wie schön, dass Sie sich so schnell an den Gedanken gewöhnt haben, mein Freund.«
Er ging vor Comitti in die Hocke, um ihm die Fesseln zu lösen. Comitti roch sein eigenes Shampoo und in ihm stiegen Hassgefühle auf.
»Keine Tricks, Comitti.«
Comitti stand auf und streckte seine steifen Glieder. In seinem Alter war es unangenehm, die ganze Zeit in derselben Stellung zu verharren.
»Die Zipperlein sind Sie dann auch los. Stellen Sie sich das nur einmal vor.«
Comitti drehte sich zum Fenster, aber Miguel verstellte ihm blitzschnell den Weg.
»Na, na, wir werden doch nicht etwas Unvernünftiges machen wollen?« Galant zeigte er in Richtung Dusche. »Nach Ihnen.«
Comitti schlurfte grollend Richtung Bad.
»Beim Rasieren scheint es mir, als ob ich Ihnen Gesellschaft leisten müsste.« Comitti murrte. Gerade hatte er sich vorgestellt, dass er sich mit dem Rasiermesser selbst die Halsschlagader aufschnitt. Allerdings war er vor diesem, doch sehr brachialen Gedanken zurückgeschreckt. Er war vielleicht ein entschlossener Geistlicher, aber doch nur ein Mensch, der an seinem Leben hing. Wenn er sich schon umbringen wollte, dann doch nur, wenn es schnell ging. Wenn es nicht wehtat. Ohne Blut. Comitti seufzte. Er schäumte sich sein Gesicht ein und nahm seinen Nassrasierer. Seine Hand zitterte gewaltig. Gern hätte er noch einen Schluck Rotwein getrunken.
»Lassen Sie, Comitti. Ich mach das für Sie. Am Ende schneiden Sie sich noch und müssen für die Ewigkeit mit einem hässlichen Schnitt herumlaufen.«
Comitti lachte grell. Die Situation war absurd. Mit flinken Bewegungen rasierte Miguel ihn resolut.
»So, und nun ab unter die Dusche.«
Es fehlt nicht mehr viel und er gibt mir einen Klaps auf den Hintern wie einem Kind, dachte Comitti säuerlich und musste schon wieder grinsen. Miguel grinste zurück und deutete den Klaps an. »Keine Dummheiten, Comitti. Ich bin in Ihren Gedanken.«
Comitti überließ sich seinen Gedanken und der heißen Dusche. Der Dampf umschloss ihn und ließ ihn in eine Art Trance fallen. Ohne wirklich darüber nachzudenken, wickelte er den Duschschlauch um seinen Hals und befestigte den Duschkopf in der Halterung, die
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