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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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diese Eltern waren, konnte ich nie in Erfahrung bringen. Selbst Theresa wusste es nicht.
     
    Mit der Geburt veränderte sich mein Wesen. Das letzte Menschliche hatte meinen Körper verlassen und ich wurde endgültig zum Vampyr.
     
    »Ich halte das nicht länger aus.« Theresa leistete mir schreibend Gesellschaft, als ich aufbrauste. »Ich habe nichts zu tun. Keine Aufgabe, keine Ansprache.« Ich stampfte wütend auf. »Kein Mensch spricht mit mir. Du schreibst die ganze Zeit. Ich läge auch besser in irgendeinem Sarg und würde verrotten.« Theresa sah mich lange an und ich senkte unter ihrem Blick die Lider und schämte mich.
    »Gott spricht mit dir, Lucienne. Du musst nur zuhören, was er dir sagen will.«
    Ich seufzte. Ich sprach auch mit Gott, aber von einer Antwort war ich noch weit entfernt.
    »Willst du ins Kloster eintreten?«
    »Ins Kloster eintreten?« Ich lachte spöttisch auf.
    »Du lebst seit geraumer Zeit im Kloster, genau wie jede Novizin. Wäre es so verkehrt, dir den Schleier zu nehmen?«
    »Wo soll ich beten, wo schlafen?« Bislang hatte ich meine eigene Zelle, genau wie Theresa, der das als Priorin zustand. Die Ordensschwestern schliefen alle zusammen im Dormitorium, der oberhalb des Kirchenchors lag. Die Novizinnen hatten ihr eigenes Dormitorium. Alles war sehr einfach, aber auch sehr schön geworden.
    »Ich werde mir etwas einfallen lassen, warum du tagsüber nicht an den Gebeten teilnehmen kannst. Und damit du deine eigene Zelle behalten darfst.«
    »Schon wieder Lügen, Lügen, Lügen. Hör doch auf! Es ist sinnlos. Ich bin für nichts von Nutzen, und es wäre besser, ich wäre wirklich tot. Warum sollte ich einen Schleier nehmen und eine Braut Christi werden? Eine schöne Braut wäre ich.«
    Theresa wich vor mir zurück. »Ich könnte Angst vor dir bekommen, Lucienne. Du hast dich seit der Geburt deines Kindes verändert. Ist es das, was dich so wütend macht, dass man dir dein Kind nahm?«
    »Nicht nur das, aber du hörst mir nicht zu. Ich brauche eine Aufgabe. Etwas, das mich beschäftigt, das mir einen Grund zum Leben gibt. Ich werde weggehen, wenn ich ihn hier nicht finde.«
    »Du könntest mich auf meinen Reisen begleiten.« Mit diesem Vorschlag erfüllte Theresa alle meine Wünsche.
     
    Ich begleitete sie ihr Leben lang, wurde zu ihrem Schatten. Theresa und ich reisten von einem Kloster zum anderen. Wenn sie nicht baute, organisierte sie den nächsten Bau. Dazu lehrte sie die Novizinnen, die diese Klöster bewirtschaften und beseelen sollten. Nachts schrieb sie. Zwar hatte ich mich von ihr emanzipiert, doch war ich immer noch ihr Schützling. Zuletzt fragte ich mich allerdings, wer auf wen aufpasste. Ich musste sie teilweise vor sich selbst retten, weil sie sich übernahm. Ich versuchte, sie dazu zu bewegen, kürzerzutreten, doch meist hörte sie nicht auf mich und überarbeitete sich völlig. Zuletzt alterte sie stark.
    Eines Abends in Sevilla, wir saßen uns gegenüber, sah sie mich prüfend an und seufzte.
    »Wir haben schon wieder ein Problem.«
    Ich war mir keiner Schuld bewusst.
    »Du alterst nicht.« Sie gähnte und sah mich liebevoll an. »Wir kennen uns jetzt seit zwanzig Jahren und du siehst immer noch so aus, wie ich dich als siebzehnjähriges Mädchen kennengelernt habe. Ich habe nachgedacht. Wenn ich nicht mehr bin, wer wird dann auf dich achten?«
    Ich war der Nachtschatten an Theresas Seite, ich war allen Ordensschwestern unheimlich. Aber ich war unangreifbar, solange sie lebte.
    »Dann musst du eben besser auf deine Gesundheit achten und auf mich hören.« Ich wiegelte ihre Sorgen ab. Sie machte sich zu viele Sorgen um mich und zu wenige um sich selbst.
    Dann wurde Theresa sehr krank. Sie wurde schwächer und versank ganze Tage ins Schweigen und Lauschen. Ich hoffte für sie, dass sie das hörte, worauf sie wartete.
    Ich machte mir Gedanken. Theresa hatte recht. Meine glatte Haut brachte mich in Gefahr. Hatte mir Theresa nicht eingebläut, nichts zu tun, was ich vor meiner Krankheit nicht auch konnte? Kein Mensch mit knapp vierzig konnte so faltenfrei sein, wie ich. Aber wie sollte ich das ändern?
    Theresa wurde immer schwächer. Ich besuchte sie jede Nacht. Teilweise schlief sie, dann weckte ich sie nicht. Ich hoffte, dass sie den Schlaf der Genesung schlief. Dabei war es mir im Grunde meines Herzens klar, dass sie starb.
    »Ich mache mir Sorgen, Lucienne.«
    Ich nickte, ich machte mir ebenfalls große Sorgen.
    »Nicht um mich, Kind. Um dich.«
    Das Sprechen fiel ihr

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