Vegetarismus - Grundlagen, Vorteile, Risiken
einem Schlachthof werden oder wenn Kinder ein Tier, mit dem sie möglicherweise ein vertrautes und freundschaftliches Verhältnis aufgebaut hatten, als Essen auf dem Teller wiederfinden.
Die unterschiedlichen genannten Motive für den Vegetarismus sollen zusammen mit weiteren Gründen beschrieben werden, die Gemischtköstler dazu bewegen, Vegetarier zu werden (Tab. 2).
2. Der ethisch-philosophische Hintergrund
Das älteste und wichtigste Motiv, das Menschen dazu bewegt, Vegetarier zu werden, ist die ethische Ãberzeugung, daà es Unrecht ist, Tieren Leid zuzufügen und sie zu töten. Wie kein anderer Beweggrund weckt das ethisch-philosophische Motiv Emotionen und provoziert Streitigkeiten.
Dennoch werden mittlerweile auch ethische Beweggründe von Vegetariern von immer mehr Mitgliedern unserer Gesellschaft anerkannt und respektiert. Die Bekenntnisse prominenter Persönlichkeiten aus Kunst, Sport, Politik und Kirche zu ihrer vegetarischen Lebensweise haben hierzu ohne Zweifel beigetragen. Viele Menschen werden angeregt, darüber nachzudenken, ob es moralisch gerechtfertigt ist, Tiere zu Nahrungszwecken zu töten.
In der Vergangenheit haben sich viele Denker mit dieser Thematik befaÃt. âWerdet Ihr nicht der fluchbeladenen Schlachtungein Ende bereiten? Seht Ihr nicht, daà Ihr Euch in blinder Unwissenheit der Seele selbst zerstört?â fragte beispielsweise Empedokles (Philosoph, Griechenland, 483â420 v. Chr.). Insbesondere von der Antike gingen viele Impulse für den Vegetarismus aus. So wird Pythagoras (Philosoph, Griechenland, 570â500 v. Chr.) als Begründer des klassischen Vegetarismus angesehen, weshalb bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts die vegetarische Lebensweise als
Pythagoräismus
benannt wurde (Seite 30 f.). Eine Auswahl berühmter Vegetarier reicht von Pythagoras bis heute (Tab. 3).
Tab. 2: Gründe für eine vegetarische Ernährung (
Leitzmann
und
Hahn,
1996, S. 18)
ethisch/religiös
Töten als Unrecht/Sünde
Fleischverzehr als religiöses Tabu
Lebensrecht für Tiere
Mitgefühl mit Tieren
Ablehnung der Massentierhaltung
Ablehnung der Tiertötung als Beitrag zur Gewaltfreiheit in der Welt
Ablehnung des Verzehrs tierischer Nahrung als Beitrag zur Lösung des Welthungerproblems
ästhetisch
Abneigung gegen den Anblick toter Tiere
Ekel vor Fleisch
höherer kulinarischer Genuà vegetarischer Gerichte
spirituell
Freisetzung geistiger Kräfte
Unterstützung von meditativen Ãbungen und Yoga
Verminderung des Geschlechtstriebes
sozial
Erziehung
Gewohnheit
Gruppeneinflüsse
gesundheitlich
allgemeine Gesunderhaltung (undifferenziert)
Körpergewichtsabnahme
Prophylaxe bestimmter Erkrankungen
Heilung bestimmter Erkrankungen
Steigerung der körperlichen Leistung
Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit
kosmetisch
Körpergewichtsabnahme
Beseitigung von Hautunreinheiten
hygienischtoxikologisch
bessere Küchenhygiene in vegetarischen Küchen
Verminderung der Schadstoffaufnahme
ökonomisch
begrenzte finanzielle Möglichkeiten
Sparen für andere Werte als Ernährung
sozial
Ablehnung tierischer Nahrung als Beitrag zur Lösung des Welthungerproblems
ökologisch
Verminderung der durch Massentierhaltung bedingten Umweltbelastungen
Der antike Vegetarismus wie auch der religiös motivierte Vegetarismus verschiedener Glaubensrichtungen â beispielsweise des Hinduismus â gehen von der Lehre der Reinkarnation, also der Unsterblichkeit und Wiedergeburt der Seelen, aus und integrieren damit den Gedanken an ein transzendentales Jenseits (Seite 49). Philosophen späterer Jahrhunderte begründen die Forderung nach einer vegetarischen Lebensweise vor allem mit der Leidensfähigkeit von Tieren im Hier und Jetzt.
âDie Frage ist nicht: Können sie denken? Oder: Können sie sprechen? Sondern: Können sie leiden?â stellte Jeremy Bentham (Moralphilosoph, England, 1748â1832) vor über 200 Jahren fest. Aufbauend auf dieser Frage nach der Leidensfähigkeit der Tiere, entwickelte der Vordenker der modernen Tierrechtsbewegung Peter Singer (Philosoph, Australien, *1946) seine Philosophie des
Gleichheitsprinzips,
das er erstmals in seinem Buch âAnimal Liberationâ (1982) einer breiten Ãffentlichkeit zugänglich machte. Dieses Prinzip besagt, daà âwir den ähnlichen Interessen derer, die von unseren Handlungen betroffen sind, gleiches
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