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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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die ... Spreu vom Weizen zu trennen ... die guten Samen von den schlechten. Und wenn das bedeutet, die Welt in Flammen aufgehen zu lassen – nun, die fruchtbarsten Felder sind aus Asche erstanden.«
    »Ich war schon immer der Meinung, dass ihr Wichser nicht menschlich seid. Ihr habt vergessen, woher ihr stammt.«
    »Wir sind mehr als Menschen, mein Junge. Wir haben gesehen, was da draußen ist, du und ich. Wir wissen, was wir auf der Asche dieser Welt aufbauen könnten. Auf ihre ... Verkommenheit können wir verzichten. Wir können den ganzen Schmutz wegbrennen und für die Menschheit eine neue Welt erschaffen, eine Welt der Ordnung ... dort draußen ... im Vellum. Du weißt, dass diese Welt hier bedeutungslos ist. Das ganze Universum ist ... ein Staubkorn, ein Tintenfleck auf der Oberfläche des Vellum.«
     
     
    Das letzte große Grollen am Himmel
     
    Er dreht sich um und schenkt ihr ein herablassendes Lächeln.
    »Du, Kleine, gehörst bestenfalls der Vergangenheit an. Deine Wirklichkeit ist ... eine Furche, die sich durch Möglichkeiten einen Weg bahnt. Sie krümmt sich so unmerklich, dass du sie nur als Linie wahrnimmst, die sich endlos geradeaus erstreckt, gerade tief genug, dass jemand wie du sich die Welten nicht einmal vorstellen kann, die auf der anderen Seite der Mauern deiner Wirklichkeit parallel verlaufen. Und auch das ist nur eine winzige, gewundene Linie eines einzigen Fingerabdruckes auf dem Vellum.«
    Sie mustert den Engel, seinen mit Wüstenstaub bedeckten Mantel, und Finnan, dessen Gesicht mit Motorenöl verschmiert ist. Von alledem hat er nie etwas erzählt.
    »Ich habe mich schon einmal anwerben lassen«, sagt Finnan. »Einmal war genug. Damals war ich ein gottverdammter Idiot und nochmal mach ich das nicht. Nie wieder.«
    »Finnan«, sagt der Engel, »du weißt, dass es uns gleichgültig ist, ob ich mit deinem Herzen oder deinem Kopf von hier fortgehe; uns kommt es nur darauf an, dass du dich entscheidest.«
    »Das letzte große Grollen am Himmel«, sagt Finnan. »Scheiße, kommt es euch darauf an? Wach auf, Flattermann, die großen Banden sind Schnee von gestern; die Anunnaki, die Athenatoi, die Aesir – die gibt es schon lange nicht mehr –«
    »Was weißt du schon davon?«, knurrt der Engel. »Warst du denn dabei, als diese ›Banden‹ Kinder in die Schmelzöfen warfen, auf den vagen Verdacht hin, sie würden eines Tages zu Rivalen? Hast du Irra durch Akkad marschieren und alles in Schutt und Asche legen sehen? Was hast du erlebt, Seamus Finnan? Was für nette kleine Menschenkriege hast du erlebt?«
    Finnan schnippt Asche auf den Linoleumboden. Phreedom spielt mit den Magnetbuchstaben an der Kühlschranktür.
    »Glaubst du vielleicht, ich will die alten Zeiten wieder aufleben lassen?«, fährt der Engel fort. »Glaubst du, ich hege nostalgische Gefühle? Wir leben in einem Zeitalter der Vernunft, und das haben wir dem Konvent zu verdanken. Dieser Krieg stellt all das infrage. Wir kämpfen gegen Gottkönige und Kaiser.«
    Er dreht sich zu ihr um.
    »Wir kämpfen gegen diese großen romantischen Lügen, die euch Menschen so sehr am Herzen liegen. Ich hätte gedacht, du wüsstest das zu schätzen, Seamus Finnan. Aber du warst nicht dabei, nicht wahr, als wir den Bund schlossen, um dem Blutvergießen ein Ende zu bereiten?«
    Seamus Finnan. Auch früher schon hat sie sich gefragt, was er wohl alles erlebt hat, und nun stellt sie sich erneut diese Frage. ›Ich habe mich schon einmal anwerben lassen.‹ Also war er bei der Armee gewesen, im Krieg? Syrien war noch nicht so lange her, aber andererseits ist sie überzeugt – Mac hat da etwas erwähnt –, dass er schon vorher hier war. Irak? Noch früher? Plötzlich wird ihr bewusst, dass sie von Geschichte nicht die geringste Ahnung hat. Und während der ganzen Zeit, als er ihr von den Unkin erzählt hat, Kabel und Motorenteile in den Händen, hatte sie ihn sich nie irgendwo anders vorstellen können als hier.
     
    »Nein«, sagt Finnan, »ich war nicht dabei. Aber ich habe einen Mann gekannt, der dort war. Das ist lange her – vielleicht nicht für deinesgleichen, aber für jemanden wie mich, der sich noch an das Gesicht seiner Mutter erinnern kann. Für mich ist es lange her. Ich habe jemanden gekannt, der bei alldem dabei war, der dabei war, als der gottverdammte Bund geschlossen wurde. Und er hat mir erzählt, das alles sei ein Haufen Hühnerkacke gewesen.«
    Finnan ließ ein Grinsen aufblitzen.
    »Und dass er deine Mutter

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