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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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und G und C, die hinter dem sich langsam drehenden Modell einer Doppelhelix vorbeiscrollten. Die Buchstaben standen für eine Gensequenz – vier Grundsteine, die sich entlang der Helix eines DNS-Moleküls zusammenschließen, um die Struktur eines Lebewesens festzuschreiben.
    Vor ihren Augen scrollen die Schriftzeichen immer schneller, bis auf dem Bildschirm nur noch ein verschwommener Fleck zu sehen ist.
     
    »Das Buch irrt sich«, sagt Finnan. »Du hast den Falschen. Vielleicht solltest du im Original nachschauen. Ach, stimmt ja, das habt ihr verloren.«
    Er lächelt süffisant.
    »Wie schade«, sagt er. »Von einer billigen Kopie wie dieser könnt ihr wirklich nicht erwarten, dass sie etwas taugt. Wenn ich mir vorstelle, wie die Schreiber in Aratta den alten Cant in Prägungen hineinhacken, die ...«
    »Seamus Finnan. Geboren in Irland, am –«
    »So heiße ich nicht«, sagt er. »Du kennst nicht mal meinen verdammten Namen. Scheißengel. Könnt ihr nicht eure Fakten überprüfen, bevor ihr hier reinplatzt?«
    Nicht zum ersten Mal bemerkt sie die Andeutung eines irischen Akzents in Finnans Stimme. Trotzdem ist sie überrascht. Es ist, als hätte der Name eben jetzt etwas in ihm ausgelöst, und obwohl er es abstreitet, ist sie sich sicher, dass er mit dem Namen Seamus geboren wurde. Aber sie ist sich auch sicher, dass Finnan nicht das damit meinte, als er über seinen Namen sprach. Er meinte etwas tiefer Gehendes.
    Der Engel lehnt sich vor und betrachtet den verschwommenen Fleck, als bedeute er ihm tatsächlich etwas.
     
    »Das Buch irrt sich nicht«, sagt der Engel. »Die Aufzeichnungen sind vollständig.«
    »Das kleine schwarze Buch der Eroberungen deines Herrn, was?«
    »Ein Buch der Unkin«, sagt der Engel. »Konvent und Auserwählte  – und diejenigen, die noch nicht verpflichtet und gezeichnet sind. Sie alle. Zeit und Ort der Berufungen und Versammlungen. Wo und wann sich wessen Wege gekreuzt haben. Wann abgerechnet wurde.«
    Er streicht mit dem Finger über das Trackpad und der Bildschirm flimmert nach links und rechts, oben und unten, scrollt und schwenkt, schneller vermutlich, als seine Augen folgen können. Er tippt auf das Pad und das Bild bleibt stehen.
    »Slab City, 12. April 2014«, sagt der Engel. Er dreht den Palmtop zur Seite, damit Finnan den Bildschirm sehen kann – als könnte das Kauderwelsch aus magischen Zeichen ihm Recht geben.
    Finnan zündet eine weitere Zigarette an und zieht daran. Sie fragt sich, wie lange er schon hier lebt, dass sein Akzent sich so ... selten bemerkbar macht.
    »Meinen Namen kann ich da nirgends finden«, sagt er.
    »Slab City, 12. April 2014«, sagt der Engel. »Und außer uns beiden ist niemand hier.«
    »Ohne meinen wahren Namen kannst du mich nicht mitnehmen.«
    »Du wirst eingezogen werden«, sagt der Engel.
    »Nicht von dir.«
    »Dann von den anderen, von den Auserwählten.«
    »Du glaubst wirklich, dass ein bekloppter Größenwahnsinniger wie Malik mich bei seinem privaten Dschihad dabeihaben will? Wohl kaum, Scheiße noch mal.«
    Sie nimmt Finnans Feuerzeug vom Tisch und spielt damit herum.
    »Wenn sie dich holen kommen, werden sie weit weniger ... diplomatisch sein als ich«, sagt der Engel.
    »Und ich weniger gastfreundlich«, sagt Finnan.
     
    »Deinen kleinen Lehrling hier werden sie vergewaltigen«, sagt der Engel, »und dich werden sie an deinen fettigen Haaren in die Hölle zerren.«
    Sie blinzelt und schnippt das Feuerzeug auf, entzündet es.
    »Unterschätze das Mädchen nicht«, sagt Finnan. »Sie kann auf sich selbst aufpassen.«
    »Ein Kreuz aus Hühnerknochen um den Hals soll sie vor Höllenhunden schützen?«
    Sie greift nach dem Anhänger, den Finnan für sie gemacht hat. Finnan bläst dem Engel Rauch ins Gesicht.
    »Weißt du ... Flattermann«, sagt er, »deiner Organisation wird es niemals gelingen, die Opposition zu schlagen, und sie wird euch ebenso wenig schlagen, denn abgesehen von dem Scheiß, den ihr beide erzählt, gleicht ihr euch wie ein Ei dem anderen. Ihr mögt ja alle den Unkin angehören. Aber ›Konvent‹ schreibt man immer noch mit ›K‹ wie Kotzbrocken, nicht wahr? Der Konvent und die Auserwählten. Wetten, dass sie genauso ein Buch wie das da haben? Wie steht es denn jetzt? Unentschieden in den letzten Minuten? Und alle warten auf das entscheidende Tor?«
    »Du hast uns noch nie verstanden, Finnan. Bei diesem Ringen geht es nicht darum, ›die Opposition zu schlagen‹, wie du dich ausdrückst, sondern darum,

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