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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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gevögelt hat.«
    Sie hätte erwartet, dass sich der Engel über den Tisch auf ihn stürzt, aber er sitzt einfach nur da und starrt Finnan mit grenzenlosem Zorn an.
    Der Engel schweigt einen Moment lang, während Finnan an seiner Zigarette zieht und einen Schluck Bier trinkt. Dann tippt er etwas in seinen Palmtop. Die Schriftzeichen scrollen wieder weiter. Er blickt zu Phreedom hinüber, dann zu Finnan, dann durch das Fenster hinaus.
     
    »Mein Name steht jedenfalls in diesem Buch, weißt du«, sagt der schwarze Mann. »Du magst dich vielleicht nicht entschieden haben, wohin deine Prägung dich führt – noch nicht –, aber ich steh da drin.«
    Die Zeilen halten wieder an und über den Bildschirm flimmern Muster über Muster, die immer aus denselben vier Schriftzeichen bestehen.
    »Möchtest du meinen wahren Namen erfahren, Finnan, oder soll ich ihn dem Mädchen verraten, damit sie mich herbeirufen kann, wenn die Dämonen –«
    »Keiner von uns will deinen Namen wissen«, fällt ihm Finnan ins Wort. »Es interessiert mich nicht. Es interessiert sie nicht.«
    »Wie lautet er – Rumpelstilzchen?«, fragt sie und kommt sich sofort dumm vor.
    »Er lautet –«
    »Ich werde mich euch nicht anschließen und ich werde nicht gegen euch kämpfen«, faucht Finnan. »Weder mit einem Namen noch mit einer Zahl werdet ihr mich an euch binden, weder werdet ihr mich rufen, noch werde ich folgen, noch lasse ich mich retten oder verdammen, und du kannst –«
    »Metatron«, sagt der Engel.
     
     
    Metatron
     
    »Metatron«, sagt der Engel und es tut weh. Er sagt es ganz leise, aber sie spürt den Widerhall tief in ihrem Kopf, und es ist, als ertönten tausend Hundepfeifen direkt neben ihren Ohren, und für eine Sekunde – weniger, für den Bruchteil einer Sekunde – hat sie das Gefühl, dieser Ton durchdringe alles mit lebendiger Information, auch sie; als hätte der Engel, indem er dieses eine bescheuert klingende Wort aussprach, ihr seinen Namen eingeprägt, ihr und allem anderen um sie herum. Für den Bruchteil einer Sekunde scheint es völlig normal, völlig logisch zu sein, so zu denken, und dann dreht sich das Innere des Wohnwagens, aber in der Welt um sie herum herrscht wieder Stille, und sie lehnt sich wieder an den Kühlschrank, schaut Finnan an, um zu sehen, ob das, was gerade geschehen ist, gut oder schlecht ist. Doch das wäre gar nicht nötig gewesen, denn sie weiß es bereits. Es ist schlecht.
     
    Finnans Zorn flimmert durch seinen Körper – sichtbar in der pochenden Ader auf seiner Stirn, den angespannten Nackenmuskeln, im Zucken seines Armes und den geballten Fäusten. Sein Blick dagegen ist so gelassen wie vorher, eisblau und starr.
    »Nett von dir, dass du dich vorstellst«, sagt er.
    »Du hast mich hereingebeten. Da ist es nur höflich«, sagt der Engel.
    »Höflich, klar. Aber es gibt keinen Grund, so ... förmlich zu sein.«
    »Ich bin der festen Überzeugung, dass Höflichkeit die Grundlage einer jeden guten Zusammenarbeit ist.«
    »Wir arbeiten nicht zusammen. Und wir werden auch nie zusammenarbeiten.«
    »Es ist gut, seine Feinde zu kennen.«
    »Wir sind keine Feinde. Ich habe dich hereingebeten. Ich habe dir meine Gastfreundschaft angeboten –«
    »Und aus Dankbarkeit«, sagt der Engel, »habe ich meinen Namen genannt; ich stehe in deiner Schuld.«
     
    »Du schuldest mir rein gar nichts.«
    »Aber ich muss dir doch deine Gastfreundschaft vergelten. Wenn du mich zurückweist, beleidigst du mich, und wenn du mich beleidigst, machst du mich zu deinem Feind. Entscheide dich.«
    »Ich entlasse dich aus deiner Schuld. Ich nehme meine Gastfreundschaft zurück. Verschwinde.«
    Phreedom bemerkt, dass sich einige der Magnetbuchstaben auf dem Kühlschrank so angeordnet haben, dass sie ein Wort bilden – METATRON. Es sieht aus wie der alberne Name eines Comicsuperhelden, wenn es so in seiner ganzen Gespreiztheit dasteht. Es sieht ausgesprochen harmlos aus.
    »Du weist mich zurück?«, fragt der Engel.
    »Ich ersuche dich, zu gehen.«
    »Sag es nur, und schon bin ich weg.«
    »Bitte«, knurrt Finnan.
    »Nicht so, mein Junge. Du weißt, was ich meine.«
    »Ich weiß jedenfalls genau, was du meinst, du arroganter Wichser«, sagt sie.
     
    Finnan schüttelt den Kopf.
    »Daran darfst du nicht einmal denken, Phree. Ich habe dir beigebracht, wie man das Mal erkennt, aber in deinem Mund wäre es nur ein Wort ... und zwar ein Wort, mit dem sie dir das Genick brächen.«
    »Soll das kleine Mädchen es

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