Velten & Marcks - Mordfall Tina Hofer (German Edition)
unseren grandiosen Rathausplatz geschrieben, der damals gerade gebaut wurde und über den jahrelang ganz Deutschland lachte. Völlig zu Recht übrigens. Ich mache heute noch einen Bogen um diesen Sandsteinhorror und den grässlichen Stahlturm. Aber ich schweife ab. Als Berufsanfängerin musste Tina neben den wichtigen Themen, nach denen du gefragt hast, natürlich auch den üblichen Kleinkram beackern, wie Polizeimeldungen, Jubiläen, hundertste Geburtstage und das ganze Zeug, was eben in eine Lokalzeitung gehört.“ Er lächelte Katja an: „Deine Schreibe ist zwar etwas anders als ihre, aber ansonsten hast du viel mit ihr gemein, soweit ich das beurteilen kann. Ich habe deine Artikel über den Kunstraub bei Konstantin Landau und den Mord an dieser Schuhdesignerin gelesen. Du bist jemand, der nicht locker lässt und jeden Stein umdreht, um Stoff für eine Story zu finden. So war Tina auch.“
„Hatte sie auch mit der Pfaffenwiese zu tun?“, fragte Velten betont beiläufig.
Alf schüttelte den Kopf: „Nein, das war ja mein Thema. Kann sein, dass sie mich hin und wieder ein wenig unterstützt hat, aber das war dann nicht der Rede wert.“
„Wir sind dir sehr dankbar, dass du dir Zeit für uns genommen hast“, sagte Velten und meinte es auch so.
Ihr Gastgeber winkte ab: „War mir ein besonderes Vergnügen. Ich bin ein alter Mann und rede gerne von früher. Opa erzählt vom Krieg, du weißt schon“.
Er brachte sie zur Tür und winkte ihnen nach, als sie losfuhren.
- - -
„Eigentlich ist Herr Kuntz, Alf, ziemlich nett“, fand Katja, als sie wieder stadteinwärts fuhren, „vielleicht ein bisschen verrückt.“
„Mein Eindruck von ihm war stark geprägt von dem Bild, das mir Dieter Kreutzer vermittelt hat. Ich selbst hatte wenig mit ihm zu tun und habe ihn nach seinem Ausscheiden aus der Redaktion auch nur ganz selten gesehen.“ Velten bremste an einer Fußgängerampel. „Ich wollte dich nach dem Gespräch mit Leonhard heute Morgen schon fragen, woher du weißt, dass L&S BAU erstaunlich viele Bauaufträge abstaubt. Irgendwie habe ich es aber dann wieder vergessen.“
„Es gab früher eine Menge Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass er mit Schmiergeld arbeitet“, erklärte Katja. „Ich habe einige Artikel darüber im Internet entdeckt. Im Kurier -Archiv findet man zu diesem Thema übrigens keine Berichte, die älter sind als fünfzehn Jahre, obwohl die ersten Vorwürfe gegen Leonhard schon viel früher auftauchten. In den letzten Jahren ist es allerdings ruhig um ihn geworden. Vielleicht hat er seine illegalen Machenschaften ja inzwischen eingestellt.“
„Oder er hat dazu gelernt und lässt sich nicht mehr erwischen“, erwiderte Velten. Er konnte sich jetzt ebenfalls dunkel an die von Katja erwähnten Beiträge erinnern. Die Kollegen aus der überregionalen Wirtschaftsredaktion hatten Leonhards Geschäftspraktiken beleuchtet, ohne ihm allerdings viel nachweisen zu können.
Die Ampel schaltete auf Grün. Velten fuhr vorbei an der neuen Feuerwache und dem frisch renovierten Bahnhofsgebäude in Richtung des Pressehauses.
„Es wurde lange gegen ihn ermittelt“, fuhr Katja fort, „aber es kam nur ein einziges Mal zu einer Anklage. Und dabei ging es nicht um Bestechung, sondern um illegale Müllentsorgung. Er stand im Verdacht, bei Nacht und Nebel kontaminierten Bauschutt abgekippt zu haben. Er ging mit einem Freispruch erster Klasse in der Tasche aus dem Gericht. Stattdessen wurde ein von ihm beauftragter Subunternehmer verknackt. Wenn wir einen inoffiziellen Draht zu Staatsanwaltschaft hätten, könnten wir vielleicht mehr über die damaligen Ermittlungen erfahren.“
„Susanne ist seit Kurzem mit Philip Germann zusammen“, überlegte Velten. „Er ist Staatsanwalt in Zweibrücken.“
„Uuh, er ist tatsächlich der neue Lover deiner Ex?“, fragte Katja grinsend. „Willst du sie anrufen und darum bitten, einen Termin für uns zu arrangieren?“
„Von wollen kann überhaupt keine Rede sein, aber ich werde wohl müssen .“ Er fuhr den Golf auf seinen Parkplatz im Innenhof des Pressehauses. Neben seinem Wagen stand die schwarze Limousine von Dieter Kreutzer. Der Chefredakteur der Gesamtausgabe des Morgenkurier konnte sich sicher noch gut an Tina Hofer erinnern. Er beschloss, ihm einen Besuch abzustatten.
- - -
„Renate Knab hat mich bereits darüber informiert, dass die Gebeine, die bei der Pfaffenwiese gefunden wurden, die Überreste von Tina Hofer sein könnten.
Weitere Kostenlose Bücher