Velten & Marcks - Mordfall Tina Hofer (German Edition)
Überreste einer Leiche freigelegt.“
Regina Kerner nickte ernst: „Ich hörte, dass es sich dabei um eine frühere Kurier -Redakteurin handelt. Eine schlimme Sache.“
„Sie sind gut informiert. Ihr Name war Tina Hofer. Kannten Sie sie?“
„Der Name sagt mir leider überhaupt nichts. Ich müsste vielleicht ein Bild von Ihr sehen.“
Katja tippte etwas in ihren Tablet und drehte ihn dann so, dass Regina Kerner auf den Monitor sehen konnte. „Hier ist ein Foto von ihr.“
Sie betrachtete die Aufnahme konzentriert: „Ich meine mich dunkel an sie zu erinnern. Aber das ist alles schon zwanzig Jahre her.“
„Tina Hofer war der Meinung, dass es bei der Ausschreibung des Industrieparks nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Sie vermutete illegale Absprachen, von denen der Bauunternehmer Hagen Leonhard profitiert hat.“
Regina Kerner zeigte sich zum ersten Mal beeindruckt. „Korruption? Das erscheint mir doch sehr weit hergeholt.“
„Der Meinung war man damals beim Kurier auch“, sagte Katja.
„Haben Sie mehr zu bieten als vage Spekulationen?“
Velten informierte sie über die Verdachtsmomente gegen L&S Bau , ohne Susanne Staller und Philip Germann als Quellen preiszugeben. Die Politikerin hörte aufmerksam zu und stellte nur wenige, gezielte Zwischenfragen.
„Ich muss zugeben, dass das alles sehr besorgniserregend ist“, räumte sie schließlich ein. „Aber wer soll denn der Komplize von Leonhard in der Verwaltung sein, der ihn mit Informationen über die Angebote der Konkurrenz bei wichtigen Bauvorhaben versorgt?“
„Roland Dubois hat bei vielen dieser Projekte eine wichtige Rolle gespielt. Er war im Bauamt für die Pfaffenwiese und etliche weitere Wohn- und Gewerbegebiete zuständig. Als Oberbürgermeister ist er auch heute umfassend in alle größeren Maßnahmen der Stadt involviert.“
Regina Kerner sah Velten eine ganze Weile aus leicht zusammengekniffenen Augen an. Niemand sprach ein Wort und eine halbe Minute lang war außer dem Ticken der Wanduhr kein Laut zu hören.
„Was Sie da sagen, ist ungeheuerlich. Ich kenne Roland seit vielen Jahren und hatte nie auch nur den geringsten Zweifel an seiner Integrität.“ Velten wollte etwas sagen, doch sie stoppte ihn mit einer angedeuteten Handbewegung. „Aber man kann den Menschen natürlich nicht in den Kopf schauen. Ich werde über Ihre Ausführungen nachdenken und selbst ein paar Nachforschungen anstellen.“
„Es geht nicht nur um Korruption“, gab Katja zu bedenken. „Jemand ist für den Tod von Tina Hofer verantwortlich. Und es ist nicht auszuschließen, dass sie sterben musste, weil sie zuviel wusste.“
„Ich habe Sie verstanden, Frau Marcks. Geben Sie mit etwas Zeit.“ Sie zog ihr Handy aus der Tasche und öffnete den Kalender: „Ich kann morgen um vierzehn Uhr einen Termin freiräumen. Würde Ihnen das passen?“
„Wir werden hier sein“, versprach Velten.
- - -
Keine fünf Minuten später standen Velten und Katja vor dem Rathaus. Es nieselte wieder und in dem trostlosen Winterwetter wirkte der große, leere Platz noch abweisender als sonst. Daran vermochte auch die Lichterketten nichts zu ändern, die an der skurrilen Stahlkonstruktion in der Mitte der kreisrunden Fläche baumelten und ihn wie den jämmerlichsten Weihnachtsbaum der Welt wirken ließen. Mit den Händen in den Taschen und hochgezogenen Schultern machten sie sich auf den Weg zurück zum Pressehaus.
„Das hier ist also der Ratskeller “, bemerkte Katja und deutete mit dem Kinn zu dem ehemaligen Restaurant auf der anderen Straßenseite. Das Gebäude stand seit Jahren leer, nachdem in kurzer Folge mehrere Inhaber ihr Glück mit gutbürgerlicher, griechischer und chinesischer Küche versucht hatten. In den blinden Fenstern hing die inzwischen schon leicht angegilbte Werbung eines Maklers, der unverdrossen versuchte, einen neuen Eigentümer für die Immobilie zu finden. Zur Zeit Tina Hofers war der Ratskeller noch das beste Haus der Stadt gewesen. Generationen von Waldenthaltern hatten hier Hochzeiten, Konfirmationen und runde Geburtstage gefeiert.
„Ja, hier traf sie sich mit Ferdi Bauer“, antwortete Velten, den ein merkwürdiges Gefühl beschlich. In den letzten Tagen war ihm seine ermordete Kollegin, der er nie begegnet war, immer vertrauter erschienen. Fast war es, als wäre sie eben erst gestorben. Das heruntergekommene frühere Restaurant, das Teil ihres Lebens gewesen war, machte ihm jedoch klar, dass sie in einer fernen
Weitere Kostenlose Bücher