Velvet Haven Paradies der Dunkelheit
einem Schrei auf den Lippen wach. Mit angstgeweiteten Augen blickte sie sich in dem dunklen Schlafzimmer um. Schatten flatterten über die Wände, und der Vorhang wiegte sich im Rhythmus des Windes. Am FuÃende des Bettes lag Clancy und schlief tief und fest.
Alles nur ein Traum, ermahnte sie sich selbst, auch wenn ihre Hände noch immer unkontrolliert zitterten. Doch dieses Mal war ein Dolch im Spiel gewesen, und eine seltsame Anziehungskraft war von der Waffe ausgegangen.
Er hatte sie so angesehen, als wolle sie ihn vernichten. Sie, eine Person, die niemals einem Lebewesen wehgetan hätte, die sogar angefahrene Tiere aufsammelte und wieder zusammenflickte.
Sie rutschte zur Bettkante und stützte ihren Kopf in beide Hände, bis sie sich endlich beruhigt hatte. Vor ihren Augen nahm sie einen Schatten wahr, der sich bewegte, und eine männliche Gestalt, die so zusammengekauert wie ein Vogel auf der Kommode saÃ, sprang zu Boden, wobei die schweren Springerstiefel hart auf dem Parkett landeten.
»Guten Abend, Mairi.«
Suriel. Blitzschnell zog sie sich ans Kopfende des Bettes zurück, wo sie sich gegen das Kopfteil presste. »Was willst du?«
»Ich will vor allen Dingen, dass du keine Angst vor mir hast. Ich werde dir nicht wehtun, Mairi. Aber ich vermute, das weiÃt du bereits.« Sein Knie, das in einer Lederhose steckte, befand sich nun auf der Matratze. »Du hattest einen Traum.«
Sie zitterte und versuchte weiter, vor ihm zurückzuweichen. »Das geht dich überhaupt nichts an.«
Er setzte sich neben sie und rückte näher an sie heran. Sie atmete schwer und wäre beinahe ohnmächtig geworden, da sie heftig hyperventilierte. »Wirst du mich umbringen?«
»Natürlich nicht. SchlieÃlich habe ich zu hart dafür gekämpft, dir das Leben zu retten.«
Ihre Augen weiteten sich. »Was meinst du damit?«
Er kam noch näher, und sie stieà mit dem Fuà nach ihm, doch er griff nach ihrer Fessel und hielt sie fest. »Am Tag deiner Geburt war ich bei dir, während du im Brutkasten lagst und kaum Luft bekamst. Du warst schon blau angelaufen, so gut wie tot. Du wärest gestorben, wenn nicht ich dir deinen ersten Atemzug eingehaucht hätte. Mein Atem ist in deinen Lungen, mein Geist flieÃt durch deine Adern. Ich bin in dir.«
Zwar wehrte sie sich gegen ihn, doch seine Finger streichelten ihr über die Haut, um sie zu besänftigen. »Ich bin die Stimme, die du seit deiner Kindheit flüstern hörst. Und die du mit sechzehn Jahren vernommen hast. Ich war dabei. Nicht bei dir, sondern bei der anderen. Sie drohte zu sterben. Ich war schon bereit, sie mitzunehmen, doch dann sah ich dich. Und du trugst Sein Mal.«
Mairi schüttelte den Kopf, da sie seine Worte nicht hören wollte. »Was willst du von mir?«
»Du lebst aus einem bestimmten Grund, und unser beider Interessen dienen einem gemeinsamen Zweck.«
»Du bist nicht wirklich da. Du bist überhaupt nicht wirklich«, rief sie wieder und wieder.
»Doch, das bin ich«, flüsterte er. »Du musst glauben. Und Vertrauen haben.«
»Weshalb sollte ich?«
»Weil du beides brauchen wirst: für das, was vor dir liegt. Dinge werden geschehen, doch du musst wissen, dass dir dieser Weg vorherbestimmt ist. Wenn die Zeit gekommen ist und ich gerufen werde, dann werde ich zu dir eilen. Und dann darfst du keine Furcht vor mir zeigen.«
»Was zur Hölle bist du blo�«
Plötzlich entfaltete sich ein Paar schwarzer Flügel auf seinem Rücken und Mairi zog sich die Decke bis unters Kinn. Verdammte ScheiÃe!
»Ich werde dir nicht wehtun, Mairi. Das musst du mir glauben.«
Mit der Hand machte er eine flieÃende Bewegung, und sie sackte in sich zusammen. Das Letzte, was sie noch wahrnahm, war ein Paar Hände, das sie behutsam auf das Bett legte, ehe sie in einen langen, traumlosen Schlaf sank.
Die Ladenglocke schellte, als Sayer die Tür aufstieà und Bran und Keir in den engen kleinen Laden winkte, so als gehöre er ihm. Er war schon immer ein mieser kleiner Angeber gewesen, dachte Bran insgeheim.
Noch einmal schrillten die Glocken, als sich die Tür hinter Bran wieder schloss. Vorsichtshalber sperrte er ab. Das Letzte, was sie jetzt brauchen konnten, war, dass man sie störte.
»Sorry, ich habe geschlossen.« Rowan blickte von dem Karton auf, den sie gerade befüllen wollte. »Oh, hi. Tut mir leid,
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