Velvet Haven - Pforten der Finsternis - Renwick, S: Velvet Haven - Pforten der Finsternis - Mists of Velvet - The Immortals of Annwyn Book Two
führen würde. Er war sich sicher, dass ihm keine Frau diese fantastische Geschichte glauben würde, geschweige denn ihm vertrauen und ihn so akzeptieren würde, wie er war.
Ach ja. Es war einfach beschissen. Aber so war nun mal sein Leben, und er konnte gar nicht leugnen, dass er durchaus zu schätzen wusste, was Keir für ihn tat. Zum Teufel, ohne ihn wäre er noch nicht mal mehr am Leben, und dennoch bedrückte es ihn, dass er nie ein normales Dasein würde führen können. Er fühlte sich allerdings auch deshalb schlecht, weil auch Keir aus diesem Grund ein eigenes Leben verwehrt war. Als Rhys’ ewiger Schatten blieb Keir an ihn gekettet, bis Rhys seinen letzten Atemzug tat. Er hatte keine Ahnung, wie Keirs Leben danach aussehen würde. Vielleicht müsste er zurück in die Ödnis, wo andere seiner Art lebten. Vielleicht würde er aber auch – wie Rhys – einfach aufhören zu existieren. Auf jeden Fall hatte Keir kein eigenes Leben, da man ihn zu einem Dasein als Babysitter verdonnert hatte.
Sie waren beide so richtig am Arsch. Und selbst wenn Rhys den Geist hätte loswerden wollen, wäre das nicht gegangen. Keir gehörte zu ihm. Ein Geist gehörte immer nur
zu einer Person. Und Rhys selbst? Er wollte für irgendjemanden etwas bedeuten – wünschte sich jemanden, der ihn brauchte; eine Frau, die er beschützen und lieben und mit der er schlafen konnte. Er wollte nicht einfach nur Sex mit jemandem, er wollte wirklich Liebe machen. Er sehnte sich nach diesem kitschigen, herzerweichenden Gefühl, wie man es in Filmen immer präsentiert bekam – das war es, was er wollte.
Doch Frauen waren für ihn unerreichbar – na ja, zumindest die Art von Frau, die er sich wünschte. Die leicht zu habende Sorte – die bekam er immer. Sie waren ja auch in Ordnung – für eine Nacht. Aber auf lange Sicht? Nein, eigentlich mochte er den Typ Frau nicht besonders, mit dem er es in einem Hinterzimmer des Velvet Haven ständig trieb. Er sehnte sich nach einer ganz gewöhnlichen Frau. Liebenswert. Sexy – und am besten noch eine gute Köchin. Zum Teufel, er war schließlich ein Sterblicher. Er hatte doch auch Spaß am Essen!
Ein im wahrsten Sinne des Wortes verfluchter Sterblicher jedoch war er, so rief er sich ins Gedächtnis, und daher fragte er sich zum hunderttausendsten Mal an diesem Tag, wo zum Teufel Keir wohl steckte. Er hatte ihn seit Tagesanbruch nicht mehr gesehen, als er seine Augen geöffnet und bemerkt hatte, wie sich Keir aus dem Bett und dann zur Tür rausgeschlichen hatte.
Was um alles in der Welt ging bloß in Annwyn vor, und warum sagte ihm verdammt noch mal keiner was? Klar, er war ein Mensch und würde ohnehin eines Tages sterben. Aber er war doch kein beschissenes Weichei! Er konnte durchaus seinen Mann stehen, wenn es darauf ankam.
Rhys knirschte mit den Zähnen, bis sein Kopf noch heftiger
pulsierte – vor Schmerzen. Er griff in die Schublade seines Schreibtischs, öffnete einen Behälter mit Schmerzmitteln und nahm zwei Tabletten, die er mit einem Schluck kalten Kaffee hinunterspülte. Er pflanzte seine Doc-Martens-Stiefel auf den Schreibtisch, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Konzentriert blickte er zur Decke aus Kupferblech und streifte sämtliche Gedanken ab.
Es war an der Zeit, den Schattengeist ausfindig zu machen.
Er schloss die Augen, zwang sich, ruhiger zu atmen, und versuchte, seine Wut und seinen Frust zu durchdringen und Keirs Gedanken zu orten. Die Verbindung zwischen ihnen war stark, stärker noch als das Band zwischen seinem Vater und dessen weiblichem Schattengeist, der zufällig auch die Mutter von Keir gewesen war.
Sofort spürte Rhys die Präsenz seines Freundes, doch er konnte sich ihm nicht nähern oder ihn in seinen Gedanken sehen. War es möglich, dass er seinen Geist verhüllt hatte? Schattengeister hatten die Fähigkeit, so etwas zu tun, doch hatte Keir dies mit Rhys noch nie zuvor versucht. Ihre Gedanken und Gefühle waren für den jeweils anderen wie ein offenes Buch. Aus diesem Grund war das Band zwischen ihnen ja auch so stark.
Rhys verweilte in Keirs Gedanken und bedrängte ihn etwas heftiger, während er geduldig darauf wartete, dass der Schattengeist endlich zu ihm sprach. Doch Keirs Stimme war nicht zu hören, und mit einem Mal senkte sich ein schwarzer Schleier über Rhys. So etwas hatte er noch nie erlebt. Er hatte ja keinen Schimmer, was da vor sich ging – wusste nicht, weshalb er Keir nicht hören konnte,
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