Velvet Haven - Pforten der Finsternis - Renwick, S: Velvet Haven - Pforten der Finsternis - Mists of Velvet - The Immortals of Annwyn Book Two
Überlebenskampf wird ihn stark machen. Und was«, so sagte Keir nun leise, »wenn ich nicht rechtzeitig bei dir sein kann? Willst du wirklich, dass man dir deine Seele raubt und sie der schwarzen Magie überlässt?«
Keir sah Rhys eingehend an, während er weitersprach. »Dein Mut ist bewundernswert. Ich schätze deine Sorge um mich, doch sie hat keinerlei Berechtigung. Deine Sterblichkeit macht dich …«
»Schwach?«, zischte Rhys. »Lästig? Zu einem gewöhnlichen Ärgernis?«
»Verwundbar«, vervollständigte Keir den Satz.
Es lief immer wieder auf dasselbe hinaus: wie unbedeutend und machtlos er war, ein Gefangener zwischen zwei Welten, keiner von beiden gänzlich zugehörig.
»Ich muss gehen«, blaffte Rhys. »Wir machen gleich auf, und ich muss die ganze Nacht schuften.«
»Mach dir keine Sorgen, Rhys. Bald schon wird man den Magier gefangen nehmen, dann ist dieses Kapitel ein für alle Mal beendet. Alles wird wieder seinen normalen Gang gehen.«
Rhys blieb stehen und sah seinen Freund finster an. »Was zum Teufel lässt dich eigentlich denken, dass irgendwas an dir und mir normal sein könnte?«
3
D u hättest ein kleines bisschen energischer auftreten können.« Keir sah, wie Suriel aus den Schatten heraustrat. »Ich habe längst Verdacht in ihm erweckt. Er reagiert wie ein verdammter Pitbull, wenn man ihm einen Knochen hinwirft. Seine Kiefer sind fest zusammengepresst, und er lässt nicht locker. Sicher wird er nicht aufgeben, bis er gewonnen hat.«
»Eine bewundernswerte Eigenschaft«, spottete der Engel, »sofern man nichts dagegen hat, auf einem Altar gefesselt und gefoltert zu werden.«
Der wilde Beschützerinstinkt, der ihm angeboren war, drohte fast, Keirs Denkfähigkeiten zu verschlingen. »Er ist ein Sterblicher. Er verfügt über einen freien Willen. Er wird das tun, was er will, allen Warnungen zum Trotz.«
Suriel zuckte mit der Schulter. »Ich denke schon, dass du ihn vor einem Schicksal hättest bewahren können, das ihn doch erwartet, wie wir beide wissen.«
»Rhys hat keine Neigung zum Selbstmord. In ihm ist keine Magie. Er wird es nicht schaffen, die Pforte zu der Höhle zu öffnen, und er wird sich schon gar nicht vorsätzlich umbringen lassen.«
»Das Schicksal ist doch eine seltsame Sache«, meinte Suriel. »Man entkommt ihm nicht, man kann es nicht ändern, ganz gleich, wie sehr man sich bemüht. Dasselbe gilt wohl auch in deiner Welt, nicht wahr?«
Keir ballte die Hände zu Fäusten und gab sich alle Mühe, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten. Doch in Wahrheit löste er sich soeben komplett auf. Irgendetwas geschah mit ihm, doch er konnte nicht erklären, was es war. Ein Teil von ihm schien zu sterben, aber es hatte nichts mit Rhys oder den Vorgängen in Annwyn zu tun.
»Was sind deine Motive?«, zischte Keir plötzlich. Er misstraute Suriel zutiefst, und er glaubte nicht eine Sekunde, dass der Engel nicht etwas zu verbergen hatte. Die Sorge um Rhys musste eine Art List sein, um Keir von Suriels wahren Absichten abzulenken.
»Meine Motive gehen nur mich etwas an. Und was ist eigentlich mit deinen?«
»Meine?«, brachte er mit erstickter Stimme hervor. »Was zur Hölle willst du damit andeuten, Suriel?«
»Nur dass wir in dieser Prophezeiung alle unsere Rolle spielen. Und diese Rollen sind vorherbestimmt. So ähnlich wie mit dem Schicksal verhält es sich auch in anderer Hinsicht: Wir können nichts daran ändern, was wir sind.«
»Und was bist du, Suriel?«
»Ein gefallener Engel. Und was ist mit dir, Schattengeist? Was bist du in Wahrheit?«
»Du weißt genau, was ich bin.«
Suriels verhaltenes Lächeln ließ Keir die Haare im Nacken zu Berge stehen. »Ja. Das weiß ich. Das weiß ich in der Tat.«
»Halt dich verdammt noch mal fern von mir, und von
Rhys auch!«, donnerte Keir nun. »Bleib du bei deinen Sterblichen hier auf dieser Welt und lass Annwyn meine Sorge sein.«
»Also gut.« Suriel wandte sich zum Gehen, doch dann hielt er noch einmal inne. »Es wird eine Zeit kommen – und zwar schon bald –, da wirst du vor mir in die Knie gehen. Dann wirst du mich um einen Gefallen bitten, den ich dir nicht werde gewähren können.«
»Was für eine Überraschung«, spottete Keir.
»Das Schicksal, Schattengeist. Denk daran, es lässt sich nicht abwenden.«
»Und warum machst du dir dann überhaupt die Mühe, mir das zu sagen?«
»Weil ich nicht will, dass du glaubst, es habe etwas mit unserer kleinen Auseinandersetzung von heute zu tun, wenn ich dir
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