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Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Titel: Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Meier
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Ende existent. Diese Welt beruht auf Deutung, menschlicher Deutung, nicht auf Tatsachen.«
    Schweigen.
    Chest beugte sich über den Block und schrieb : Hora ist ein Mädchen. Bevor ich ihn umbringe, werde ich ihm die Haare blondieren.
    »Diese Welt wird gelernt, von außen an die Menschen herangetragen. Sie beruht auf Mangel, Verlust, Trennung und Tod. Sie zeichnet sich durch Spaltung des Ganzen aus, sie ist deshalb instabil und falsch in ihren Deutungen.«
    Schweigen.
    Chest schrieb : Hora steht auf kleine Jungs, deshalb unterrichtet er mich. Aber ich stehe nicht auf ihn.
    »Erkenntnis und Wahrnehmung, Chest. Das sind die zwei Pole, die große Dualität. Das eine ist Illusion, das andere die einzige Wahrheit. Welche von beiden ist nun die Wirklichkeit?«
    ›Meine‹, dachte Chest.
    »Genau das ist dein Fehler, mein Freund. Bevor du verstehen kannst, wovon wir hier in diesem Kurs sprechen, musst du deine Welt aufgeben können.«
    ›Oder du die deine‹, dachte Chest. ›Nimm schon mal Abschied.‹
    »Natürlich, die Wahrnehmung ist die unwirkliche Welt«, sprach er weiter, als hätte Chest korrekt geantwortet. »Innerhalb der menschlichen Wahrnehmung herrscht Selektion vor. Man sortiert aus, sieht mal jenes für richtig an, mal dieses – man setzt Maßstäbe an. Nimm dich selbst als Beispiel: Du sortierst die Leute in deiner Umgebung aus, und zwar einzig und allein anhand deiner Wertbestimmungen. Du schlägst um dich, wenn sie nicht deinem Musterbild entsprechen.«
    Chest schrieb : Gleich wird er zu weit gehen. Gleic h … In seinem Kopf hörte er Hora kichern.
    »Welche Maßstäbe soll ich denn sonst ansetzen, Mann?«, fragte Chest. »Etwa deine? Was dann? Wohin wird mich das bringen? Du hast selbst gesagt, dass du nicht willst, dass ich werde wie du. Und jetzt erzählst du mir so einen Scheiß.«
    Hora starrte ihn nur an.
    Chest seufzte. »Sir«, sagte er unwirsch.
    »Du musst mir zuhören«, antwortete Hora. »Du hast diesen Kurs belegt, weil du gemerkt hast, dass du eine einzigartige Begabung hast. Eine, die sehr selten unter den Filii Iani vorkommt. Du willst wissen, wie sie funktioniert. Und ich bin der Einzige, der dir das näherbringen kann. Du hast also die Wahl: Bedrohe mich weiterhin, ja bring mich um, oder höre mir zu und lerne.«
    »Es gibt andere Imaginationsmentoren.«
    »Es gibt auch andere Schüler.«
    Chest grinste. »Welche wie mich? Zum Beispiel?«
    Hora erwiderte den Blick nur, ein spöttisches Lächeln auf den Lippen.
    Chest begriff. Er stieß einen Fluch aus, riss das voll geschmierte Blatt Papier aus dem Block, knüllte es zusammen und warf es über die Schulter. ›Leg los, Mann‹, knurrte er in Gedanken.
    »Aus Erkenntnis und Wahrnehmung gehen zwei unterschiedliche Denksysteme hervor. Das der Wahrnehmung kannst du beständig ändern. Das der Erkenntnis aber ist unveränderlich, es gibt keinen Graubereich, der neu ausgelegt werden könnte. Das Problem der Wahrnehmung ist, dass sie nur das ins Bewusstsein lässt, worauf der Wahrnehmende ausgerichtet ist. Wenn du die Farbe Blau nicht sehen kannst, weil deinen Augen die nötigen Rezeptoren fehlen, so wirst du sie nie wahrnehmen.«
    Chest sah nicht mehr auf. Er schrieb jetzt mit, notierte sich die Stichpunkte.
    »Daraus entsteht eine Welt der Illusionen, eine Welt, die ständiger Abwehr bedarf, eben weil sie nicht wirklich ist. Darum werden wir uns jetzt erst einmal mit der Wahrnehmung beschäftigen.« Hora schloss die Augen und begann, in Gedanken weiterzureden.
    ›Wir stellen uns jetzt eine Situation vor: zwei Menschen, die gemeinsam etwas erleben. Ein junger Mann, der aus verschiedenen Gründen grausam, kalt und unnahbar geworden ist. Eine junge Frau, die verschiedene Hoffnungen in ihr Leben legt und den jungen Mann unglaublich gerne hat. Die beiden landen im Bett. Der junge Mann will nur ficken, nichts anderes interessiert ihn. Sie sehnt sich nach Streicheleinheiten, sie will sich geborgen und geliebt fühlen. Sie ahnt, dass er nur vögeln will, er ahnt, was sie bewegt – Einfühlungsvermögen, Chest. Annäherung. Das alles bringt stets einen Mechanismus zum Laufen, der da heißt: Verstand, Gedanken.
    Er denkt: Scheiß drauf, sie ist selbst schuld, wenn sie mitmacht.
    Sie denkt: Vielleicht täusche ich mich, vielleicht ist er doch nicht so.
    So ungefähr könnten die Gedanken aussehen. Die Krux an der Sache ist: Einfühlungsvermögen ist eine der großen Illusionen. Niemals wird einer der beiden den anderen verstehen können, weil er

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