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Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Titel: Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Meier
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schlichtweg nicht er ist .
    Selbst, wenn sie sich ganz offen von ihren Beweggründen erzählen würden, würde es nichts bringen. Worte sind subjektiv. Wenn ich das Wort ›Ficken‹ in einem Roman verwende, legt der eine Leser dieses Buch naserümpfend, vielleicht sogar aufgebracht zur Seite, während ein anderer dieses Wort als Anstoß nimmt, weiterzulesen.
    Die beiden gehen also danach auseinander. Wenn du sie jetzt nach ihren Erlebnissen fragen würdest, würden sie dir beide ganz unterschiedlich davon erzählen. Jeder in seinen Worten, jeder in seiner Wahrnehmung.
    Er würde dir vielleicht erzählen: So habe ich noch kein Mädchen zum Schreien gebracht.
    Schauen wir uns das an. Warum könnte er so drauf stehen, dass sie schreit? Was meinst du?‹
    Chest hatte aufgehört, mitzuschreiben. Er saß nur da und hörte der Stimme in seinem Kopf zu. »Weil er dominieren will? Was weiß denn ich!«
    Hora rührte sich nicht. ›Der zweite Satz war gut. Die Antwort kennen wir nicht, und wir werden sie eventuell nie erfahren. Das liegt noch außerhalb unserer Fähigkeiten. Wir könnten jetzt anfangen, zu rätseln. Das ist das mit den Gedanken: Sie lassen sich drehen und wenden, unendlich drehen und wenden. Vollkommen nutzlos. Du kannst mir folgen, ja?‹
    ›Ja.‹
    ›Wunderbar. Was meinst du, wie passt jetzt dieser Satz in all das, was ich bisher gesagt habe: Der Kerl konnte nur das in ihr erkennen, was er selbst in sich trägt?‹
    Es folgten einige schweigsame Minuten.
    Chest starrte Hora an. Zum ersten Mal, seit er an dieser Schule war, fühlte er sich unbehaglich. Er wusste, dass dieser Satz richtig war, aber konnte es einfach nicht erklären. Er spürte, wie Zorn in ihm aufstieg.
    Hora öffnete ein Auge, spähte zu Chest hinüber, schloss es wieder und grinste ein wenig. »Keine Antwort?«
    »Nein«, gab Chest murrend zu.
    »Könnte daran liegen, dass dein Verstand keine Antwort weiß«, erwiderte Hora, öffnete beide Augen und setzte sich auf. »Damit sind wir an die Grenzen deiner Wahrnehmung gestoßen, mein Freund. Ich würde sagen, wir beenden die heutige Stunde. Du wirst darüber nachdenken und mir morgen antworten.«
    Chest klappte seinen Block zu, stand auf und sah sich urplötzlich Hora gegenüber. Er hatte gar nicht gesehen, dass sein Mentor auf die Beine gekommen, geschweige denn, dass er um das Pult getreten war.
    Hora war sehr viel schlanker als er selbst und einen Kopf größer. Chest konnte beinahe spüren, welch kämpferisches Talent in diesem Körper steckte. Kämpferisches Talent und etwas anderes – etwas undefinierbar Dunkles, Unbegreifliches.
    In diesem Moment wusste er die Antwort. Ein breites Grinsen legte sich auf seine Lippen, während er Hora in die Augen starrte.
    ›Ich konnte dein Talent im Kampf erkennen, weil ich es selbst in mir trage‹, dachte Chest, ›aber dieses andere, was dich auszeichnet, spüre ich zwar, doch benennen kann ich es nicht, weil ich dieses Talent nicht selbst habe.‹
    Hora lächelte zufrieden, drehte sich um und verließ das Klassenzimmer.

 
    7
     
    Das Entsetzen, das ihn in der nächsten Stunde packte, konnte Kommissar Pit Lühnsmann nicht erahnen, als ihn ein schrilles Klingeln aus dem Schlaf riss. Verwirrt schreckte er in die Höhe und starrte in die Dunkelheit. Neben ihm stöhnte seine Frau leise.
    »Das Handy, Pit«, sagte sie mit schlaftrunkener Stimme.
    Richtig, das Handy. Diesen altmodischen monotonen Lärm ließ nur sein Handy hören. Lühnsmann streckte die Hand nach dem Wecker aus und betätigte den Schalter für das Hintergrundleuchten. Sechs Uhr fünfzehn am Morgen.
    Beunruhigung packte ihn, als ihm klar wurde, dass das nur eines bedeuten konnte. Plötzlich hellwach warf er die Bettdecke zurück, kam auf die Beine und hastete durch die Kälte in den Flur hinaus. Das Handy lag auf der Kommode und glitt unter dem Vibrationsalarm wie ein gigantisches Glühwürmchen ratternd über das Holz. Lühnsmann packte es und nahm ab.
    »Pit, endlich! Ich dachte schon, ich würde Sie nicht wach bekommen und müsste in Ihr Haus einsteigen.« Das war die aufgeregte Stimme Vöges. »Bitte beeilen Sie sich und kommen Sie heraus!«
    Verdutzt blinzelte Lühnsmann die Treppe ins Erdgeschoss hinunter, die im fahlen Licht des anbrechenden Morgens lag. »Was faseln Sie da?«, fragte er. »Was ist denn los?«
    Einen Moment herrschte Stille, dann sagte Vöge mit bemüht ruhiger Stimme: »Sie werden es nicht glauben, aber wie es aussieht, ist Suna Mahlstedt aufgetaucht.

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