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Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Titel: Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Meier
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du bei ihm klingelst?«
    Erneut grinste sein Cousin füchsisch. »Womöglich.«
    »Gut. Warum fahren wir dann nicht gleich hin?«
    »Es ist natürlich nicht so einfach.«
    »Natürlich nicht.« Tim beugte sich über sein Essen.
    »Dieser Mittelpunkt liegt inmitten einer dicht besiedelten Gegend Kiels. Mehrere Wohnhäuser kommen in Betracht.«
    Bevor Tim etwas erwidern konnte, klopfte es an die Tür. Loki stand auf und öffnete, ließ Chester herein. Der Schülersprecher grüßte sie mit einem Lächeln und setzte sich auf die Bettkante, genau dorthin, wo er am Abend zuvor auch gesessen hatte. Er zog eine Schachtel Zigaretten heraus und zündete sich eine an.
    »Wie beginnt man eine solche Lehrstunde?«, fragte Loki, während er seinen Stuhl umdrehte, damit er Chester gegenübersitzen konnte. »Konzentrieren wir uns dabei ausschließlich auf die Praxis. Die Theorie können wir überspringen.«
    Chester blies Rauch aus. »Wie das ablaufen soll, habe ich mich den ganzen Tag auch gefragt. Wenn Sie nicht viel über die Theorie hören wollen, dann fangen wir gleich mit einer der leichteren Übungen an.« Er musterte Loki. Die Hand, in der er zwischen Zeige- und Mittelfinger die Zigarette hielt, lag auf seinem Oberschenkel, wippte nervös hin und her. »Darf ich Sie was fragen?«
    Loki winkte ungeduldig mit der Hand.
    Chester sah Tim an, der noch immer über seiner Pizza saß. »Glauben Sie wirklich, irgendjemand hat durch Imagination diese Menschen gekidnappt? Ich meine, wenn das so ist, dann haben wir ja einen Verbrecher an der Schule, oder nicht?«
    Tim betrachtete kauend das Profil seines Cousins, während sich dieser im Stuhl zurücklehnte und die Arme verschränkte. Er kannte Loki inzwischen so gut, dass er die zumeist gleichgültige Miene und die damit einhergehende Gestik einigermaßen lesen konnte. Während Chester bestimmt glaubte, Lokis verschränkte Arme deuteten auf Abwehr hin, war die Gebärde aber in Wirklichkeit vollkommen belanglos. Wenn es einen ungefähren Einblick in das gab, was Loki wohl gerade dachte, dann war es der Blick aus den grauen Augen. Und Tim sah genug, um zu wissen, dass sein Cousin in etwa so aufmerksam und konzentriert war wie ein Aasgeier, der einen Kadaver wittert.
    »Ich habe mir erhofft, diese Frage von dir beantwortet zu bekommen«, sagte Loki. »Du bist Schulbester. Kannst du anhand deines Wissensstandes irgendeine Möglichkeit sehen, mittels der Imagination Menschen verschwinden zu lassen? Ist so etwas möglich?«
    Chester zog an der Zigarette und wandte den Blick ab. »Ich habe darüber nachgedacht. Gestern sagte ich ja noch sofort Nein, aber heute ...« Er räusperte sich und wandte den Blick ab. Der Schülersprecher machte einen verlegenen Eindruck, als sei ihm das Thema peinlich. »Theoretisch – rein theoretisch – könnte es gehen. Die vedischen Lehren sind gespickt mit angeblichen Materialisationen und Dematerialisationen. Gobinda Veden hielt es für gesichert, dass ein Imago unter gewissen Voraussetzungen, die auf einer körperlichen und geistigen Schulung basieren, zu so etwas fähig ist.« Chester hielt inne und zog von der Zigarette. Als sein Blick Tim fand, huschte ein spöttisches Grinsen über seine Lippen. »Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es auch praktisch funktioniert. Das ist doch alles esoterische Spinnerei, mehr nicht.«
    »Erzähl mir von dieser theoretischen Möglichkeit«, sagte Loki.
    Der Schülersprecher grinste hämisch. »Da wären wir bei der Theorie. Es interessiert Sie also doch?«
    Loki legte den Kopf schief. »Keine Haarspalterei.«
    »Schon gut.« Chester blies Rauch aus. »Eigentlich kann man es ganz einfach zusammenfassen: Die Lehre über die Imagination besteht darin, dass man durch die Einbildungskraft, also durch die subjektive Wahrnehmung innerhalb eines fiktiven Wirkungskreises eine allgemein gültige Realität erschafft.« Er musterte Loki, suchte wahrscheinlich nach einem Anhaltspunkt darüber, ob er verstanden hatte. »Ich erschaffe mir in Gedanken zum Beispiel einen Raum, und dieser Raum sollte, laut der Lehre, allen Menschen zugänglich sein. Aus dem individuellen wird ein kollektiv zugänglicher Raum.« Er stand auf, griff nach dem Blumentopf-Aschenbecher auf dem Tisch und nahm ihn mit zum Bett, setzte sich wieder. Erneut sah er Loki suchend an.
    Tim sah das Mundwinkel-Grinsen auf den Lippen seines Cousins, der sich im Sitzen umdrehte und ebendieses Lächeln Tim schenkte. »Deshalb habe ich den Fall angenommen,

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