Venus 02 - Auf der Venus verschollen
Möglichkeit, nach unten zu kommen.«
Als ich wieder im Freien war, stellte ich fest, daß es zu reg nen begonnen hatte. Vorsichtig kroch ich um das Gebäude her um, bis ich auf die Straße hinabblicken konnte, die daran vor beiführte. Sie war menschenleer. Offensichtlich hatte der Regen die Leute in die Häuser getrieben. Am Ende der Straße konnte ich in einiger Entfernung den Schatten der großen Stadtmauer ausmachen. Alles war in das seltsame Licht getaucht, das die amtorischen Nächte erhellt. Es führte keine Treppe oder Leiter nach unten, so daß uns nur das Hausinnere für die Flucht blieb.
Ich kehrte zu Duare zurück. »Kommen Sie«, sagte ich. »Am besten bringen wir es gleich hinter uns.«
»Warten Sie!« rief sie. »Mir ist etwas eingefallen. Ich habe einmal an Bord der SOFAL ein Gespräch gehört, bei dem es um die Angewohnheit der Thoristen ging. Moosko ist ein Ongyan.«
»War«, berichtigte ich sie – in der Annahme, daß er tot wäre.
»Darum geht es jetzt nicht. Jedenfalls gehört er zu den Herrschern des sogenannten freien Landes von Thora. Insbesondere hier draußen, wo es kein anderes Mitglied der herrschenden Schicht gibt, hätte er die absolute Macht. Und doch kannte ihn von den Einwohnern Kapdors niemand. Wie hat er bewiesen, daß er tatsächlich den hohen Posten innehat?«
»Ich weiß es nicht«, gab ich zu.
»Wenn ich mich nicht irre, werden Sie an seiner rechten Hand einen großen Ring finden, der das Zeichen seines Amtes ist.«
»Und Sie glauben, daß wir diesen Ring benutzen könnten, um an den Wachen vorbeizukommen?«
»Möglich wäre es schon«, erwiderte Duare.
»Aber nicht wahrscheinlich«, sagte ich. »Wenn mich mein Selbstvertrauen nicht blendet, darf ich wohl kaum annehmen, daß mich irgend jemand für Moosko halten würde.«
Duare lächelte schwach. »Es wird wohl nicht nötig sein, daß Sie wie Moosko aussehen«, erklärte sie. »Die Menschen hier sind sehr unwissend. Wahrscheinlich haben nur wenige gewöhnliche Soldaten Moosko zu Gesicht bekommen, als er in Kapdor eintraf und diese Männer werden jetzt nicht mehr im Dienst sein. Außerdem ist es Nacht und es regnet und die Gefahr, daß man Sie erkennt, dürfte sehr gering sein.«
»Einen Versuch ist es wert«, stimmte ich zu, bückte mich, fand den Ring und zog ihn Moosko vom Finger. Da der Ongyan breite, fette Hände hatte, war er mir zu groß, aber wenn jemand dumm genug war, mich als Ongyan zu akzeptieren, würde eine solche Kleinigkeit ebenfalls unbemerkt bleiben.
Leise stahlen wir uns aus dem Zimmer, erreichten das obere Ende der Treppe und blieben lauschend stehen. Unten war es dunkel, aber wir hörten das gedämpfte Murmeln von Stimmen. Vorsichtig schlichen wir nun die Stufen hinab und ich spürte die Wärme von Duares Körper, als sie mich berührte. Urplötz lich überkam mich das Verlangen, sie in die Arme zu schließen und an mich zu drücken; aber äußerlich kühl und gelassen, als ob kein verzehrendes Feuer in mir loderte, setzte ich meinen Weg fort.
Wir hatten den langen Flur erreicht und die Hälfte des We ges zur Haustür bereits zurückgelegt, als plötzlich eine Tür ge öffnet wurde. Helles Licht fiel in den vorderen Teil des Kor ridors.
Ich sah die teilweise verdeckte Gestalt eines Mannes, der auf der Schwelle stehengeblieben war und sich mit jemandem in dem Zimmer unterhielt, das er verlassen wollte. Jeden Augen blick konnte er auf den Flur kommen.
Zu meiner Linken war eine Tür. Mutig schob ich ihren Rie gel zurück und öffnete sie. Der Raum dahinter lag im Dunkeln, doch es ließ sich nicht feststellen, ob sich jemand darin befand. Hastig zog ich Duare mit hinein und schloß die Tür bis auf ei nen Spalt hinter uns.
Draußen hörte ich den Mann sagen: »Bis morgen dann, meine Freunde; ruhet in Frieden.« Im nächsten Augenblick wurde die Tür zugeschlagen und der Korridor lag wieder im Dunkeln.
Jetzt vernahm ich Schritte, die in unsere Richtung kamen. Vorsichtig nahm ich Mooskos Dolch zur Hand. In meiner Er regung schien es mir, als hielte der Mann vor unserer Tür inne , doch dann verklangen seine Schritte im hinteren Teil des Hauses. Als ich hörte, daß er die Treppe hinaufging, befiel mich eine neue Furcht. Wenn er nun den Raum betrat, in dem der tote Moosko lag? Dann mußte es sofort Alarm geben. Ich durfte keine Zeit mehr verlieren.
»Los, Duare!« flüsterte ich und wir hasteten in den Flur und liefen fast zur Haustür.
Sekunden später waren wir auf der Straße. Der Regen
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