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Venus allein zu Haus

Venus allein zu Haus

Titel: Venus allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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würde sich kaputtlachen, wenn ich ihr plötzlich die Tür aufhalten würde«, sagt er, mir die Tür aufhaltend.
    »Danke«, betone ich und betrachte ihn nachdenklich. »Ist dir noch nie passiert, oder?«
    »Was?«
    »Na ja, kein Sex beim ersten Date.«
    »Äh«, macht er und wird tatsächlich ein bisschen rot.
    »Ach komm schon, du redest doch sonst mit mir über alles«, mache ich auf beleidigt und stupse ihm meinen Zeigefinger in die Brust.
    »Au«, schreit er empört und reibt wehleidig über die Stelle, »manno.« Ups, die Epilation hab ich ja schon wieder vergessen.
    »Sorry. Also?«
    »Na schön, also …« Er scheint angestrengt nachzudenken. »Ach, das kann man gar nicht so genau sagen. Ich meine, so auf die altmodische Tour habe ich das doch sowieso noch nie gemacht. Mit Verabredung und nach Hause bringen und so.« Oh Mann, wenn das mal gut geht.

    »Ich hab doch die Mädels eigentlich immer eher auf Partys oder so kennen gelernt und dann …« Ja, genau. Und dann. Na, viel Glück kann ich da nur wünschen.
    »Ach, einmal ist immer das erste Mal«, tröste ich ihn. »Übrigens solltest du besser noch ein, zwei Tage warten, bis du sie ansprichst. Nicht, dass du bei ihr auch anfängst zu quietschen, wenn sie versehentlich deine Brust berührt«, sage ich grinsend. »Und wenn du alle Regeln brav befolgst und dazu noch so aussiehst, wie du jetzt aussiehst, dürfte eigentlich nichts schief gehen!« Aufmunternd nicke ich ihm zu.
    »Sonst noch was«, fragt er ziemlich erschöpft. Ich sehe ihm in seine schönen grünen Augen und bin plötzlich ganz gerührt, dass er all das auf sich nimmt für eine Frau, die er noch gar nicht richtig kennt. Mit meiner rechten Hand streiche ich ihm eine Haarsträhne aus der Stirn und sage:
    »Sei einfach du selbst!« Auf der Treppe drehe ich mich noch einmal um und füge hinzu: »Nur nicht zu sehr!«

7.
    Die nächsten Wochen fliegen vorbei und ehe ich michs versehe, haben wir den 17. Mai. Morgen ist mein dreißigster Geburtstag, und wenn nicht noch ein Wunder geschieht, dann werde ich den als Singlefrau feiern müssen. Michael und Nick bearbeiten mich schon seit Wochen, dass sie unbedingt eine Party für mich ausrichten wollen. Nein danke, nicht mit mir. Oder habe ich etwa was zu feiern?
    »Helen, bitte, bitte, ich habe schon so lange keine Party mehr ausgerichtet.« Wie kann ich das widerlegen? Ich kenne die beiden schließlich erst seit kurzem.
    »Nein, ich will meinen Geburtstag nicht feiern«, habe ich gesagt und mich mit verschränkten Armen und entschlossenem Gesicht auf die Couch fallen lassen.
    »Aber du musst!«
    »Ich muss gar nichts.«
    »Bitte, bitte, ein ganz großes Bitte mit Zuckerguss oben drauf.«
    »Ich habe Nein gesagt.«
    Eine der schwersten Aufgaben, die der Mensch so am Tag zu bewältigen hat, ist es, morgens aufzustehen. Heute
ist es noch viel schlimmer als sonst. Denn der Fuß, der heute den Boden neben meinem Bett berührt, ist der einer dreißigjährigen Frau. Ja, so ist es. Während uns die Zeit als Kinder immer zu langsam verstrich, die Stunden dahinschlichen wie Schnecken an der Hauswand, begannen sie mit den Jahren immer schneller und schneller dahinzugaloppieren und plötzlich ist man dreißig. Dabei war man doch gerade noch sechs. Kaum einen Wimpernschlag ist das jetzt her, als ich in meinem rot-weiß-blau-karierten Sommerkleid in unserem Garten stand, an einem meiner langen geflochtenen Zöpfen kaute und neugierig über die Hecke die neu eingezogenen Nachbarn beobachtete.
    »Wie alt bist du?«, habe ich die Frau mit den schwarzen Haaren und der großen Sonnenbrille gefragt. Und sie hat gesagt:
    »Dreißig.« Und ich weiß auch noch, was ich gedacht habe. Dreißig Jahre! Das ist furchtbar alt. Ein Jahr später sind wir dann übrigens aus dem Haus ausgezogen, weil mein Vater Frauen jenseits der dreißig ebenfalls furchtbar alt fand. Und jetzt hat mich also das gleiche Schicksal ereilt. Ehe ich michs versehe, habe ich Falten, werde bei einem Film ab achtzehn nicht mehr nach dem Ausweis gefragt, setzt die Menopause ein und ich werde grau. Ja doch, ich weiß! »Mit dreißig fängt das Leben doch erst an.« »Ich schwöre dir, ich hatte nie mehr Spaß als in meinen Dreißigern.« Blabla. Ist doch alles bloß blabla. Tatsache ist, dass die Selbstmordrate von Singlefrauen über dreißig drastisch in die Höhe geht. Ebenso wie die Schönheitsoperationen. Dagegen sinkt der Östrogenspiegel rapide. Und schwups, einen Wimpernschlag später, hat die biologische

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