Venus allein zu Haus
Uhr ausgetickt, statt der vier Kinder, die man eigentlich gerne gehabt hätte, hat man jetzt vorne eine vier und keinen Mann mehr an seiner Seite. Männer mögen keine
Vieren. Männer stehen auf die magischen zwei: Zweiundzwanzigjährige mit zwei megastraffen Möpsen.
Ich quäle mich aus dem Bett und unter die Dusche, entdecke, obwohl ich mich bemühe, nicht hinzusehen, plötzlich Dellen in meinen Oberschenkeln, Falten unter meinen Augen und bin von diesem Tag schon bedient, ehe er richtig angefangen hat. Am liebsten zurück ins Bett und die Decke über den Kopf gezogen, bevor die senile Bettflucht einsetzt. Aber nein, ich musste mich ja breitschlagen lassen, bei meinen zwei Grazien zu frühstücken.
Zu dumm, dass selbst schwule Männer glauben, dass eine Frau Ja meint, wenn sie Nein sagt. Und zu dumm, dass ich das nicht wusste, dann hätte ich die Katastrophe vielleicht noch aufhalten können. So bin ich allerdings mit der festen Überzeugung, meinen Willen kundgetan zu haben (und in diesem auch ernst genommen worden zu sein) aus der Wohnung der beiden stolziert, Sophias anerkennendes Nicken im Rücken spürend, nur um jetzt völlig ahnungslos in die größten Partyvorbereitungen seit Jacquelines achtzehntem zu geraten.
»Nanu, wer hat denn noch Geburtstag«, rutscht es mir von der Zunge, bevor ich bemerke, dass man sich tatsächlich meinem eindeutigen Wunsch zu widersetzen wagt.
»Helen, bitte nicht böse sein.«
»Wir wollen dir doch nur eine Freude machen. Du sollst einen schönen Tag haben und nicht die ganze Zeit darüber nachgrübeln, dass du alt bist und keinen Mann hast. Au!« Ein gezielter Tritt von Nick bringt Michael zum Schweigen.
»Was du natürlich nicht bist«, sagt Nick und legt seinen Arm um mich, »alt meine ich. Und sie könnte jeden haben«, fährt er in Michaels Richtung mit einem vorwurfsvollen
Kopfnicken fort, »wenn sie wollte.« Nach einem Blick in die Küche bin ich überzeugt. Der Kühlschrank quillt über vor Delikatessen und auf dem Küchentisch stehen schon fünf gefüllte Silbertabletts mit atemberaubenden, wundervoll dekorierten Fingerfood-Häppchen. Trotz allem bin ich gerührt. Ich greife nach einem Lachsschnittchen mit Meerrettichsahne, und der Fisch zergeht mir auf der Zunge.
»Hmmmm«, machte ich genießerisch und Nick grinst wie ein Honigkuchenpferd.
»Gut, nicht wahr?«
»Himmlisch.« Ich nehme ein Stückchen Forelle. Es ist eindeutig, dass ich heute Geburtstag habe, denn ansonsten würde ich jetzt eins auf die Finger bekommen, aber unter diesen Umständen lächelt Nick nur gutmütig und lässt mich gewähren. Ich schlucke die Forelle zusammen mit der Angst vor dem Abend hinunter. Vielleicht wird es ja doch ganz nett.
»Dreißig und immer noch so knackig«, steht vorne auf der Geburtstagskarte, die mir Manuel und Lara zusammen mit einem liebevoll verpackten Geschenk überreichen. Ich schenke ihnen ein Lächeln und öffne die Karte. »Mal knackt’s im Rücken, mal in der Hüfte und mal im Kopf!«, lese ich weiter laut vor und starre danach schockiert auf die beiden, die ich jahrelang für meine Freunde gehalten habe. Meine Festgäste stehen um mich herum, Manu und Bernd schütten sich aus vor Lachen, während Lara fast noch entgeisterter als ich selber auf ihren Freund guckt.
»Alles was du besorgen solltest, war die Geburtstagskarte«, zischelt sie wütend, »und selbst dafür bist du anscheinend zu blöd.« Manu bleibt bei diesen Worten das Lachen im Halse stecken.
»Ich dachte doch nur …«
»Guck dir an, was du angerichtet hast«, faucht sie und zeigt auf mich. Alle starren mich an. Alle sehen, dass es mir etwas ausmacht. Alle sehen, dass ich ein riesiges Problem damit habe, dreißig Jahre alt zu sein.
»Nein, nein«, winke ich ab und versuche ein Lächeln, »ist doch lustig.«
»Du findest es gar nicht lustig«, stellt Lara fest, die mich natürlich ganz genau kennt. Aber ich bestehe darauf.
»Doch, wirklich. Richtig witzig.« Ich versuche mich an einem künstlichen Lachen, das ich mir bei Angela abgeguckt habe und das mir gar nicht mal so schlecht gelingt. Immer noch zweifelnd sieht sie mich an, da erklingt von der Tür plötzlich ein lauter Knall. Nick hat gerade die Champagnerflasche geköpft, die Chantal aus dem Schönheitssalon mitgebracht hat. Gott sei Dank. Ablenkung und Alkohol. Alles wird gut.
Bis auf diesen Zwischenfall verläuft die Party erstaunlich gut. In den zahlreichen Päckchen, die ich von meinen Gästen bekomme, befindet
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