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Venus allein zu Haus

Venus allein zu Haus

Titel: Venus allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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alarmiert.
    »Ist dir wirklich bloß schlecht?«
    »Ja. Bitte, versprich es mir.«
    »Also gut«, sagt sie widerstrebend. »Dann rufe ich dir ein Taxi.« Bernd, schießt es mir in diesem Moment durch den Kopf.

    »Nein, danke, kein Taxi. Ich gehe einfach zu Bernd.«
    »Gute Idee«, findet Lara. Und ich finde das auch.
     
    Irgendwie komme ich aus der Karaoke-Bar hinaus, gehe wie in Trance die Reeperbahn hinunter und lande schließlich vor Bernds Haustür. Ich drücke den Klingelknopf. Einmal, zweimal. Nichts passiert. Ich klingele erneut. Nichts. Er muss zu Hause sein, zumindest irgendjemand muss doch da sein. Ich platziere die Kuppe meines rechten Zeigefingers auf dem kleinen schwarzen Knöpfchen, lehne mich mit meinem ganzen Gewicht dagegen und warte. Ich warte und warte. Ein Betrunkener läuft schwankend an mir vorbei und singt lautstark ein Lied auf Plattdeutsch. Plötzlich knackt es in der Sprechanlage und ich höre Bernds Stimme. Endlich. Er brüllt:
    »Aufhören da unten. Und zwar sofort.« Der Betrunkene macht einen erschrockenen Satz zur Seite.
    »Is ja gut«, murmelt er verschreckt und trollt sich. Mein Ohr fiept fürchterlich, weil es direkt neben dem Lautsprecher war. Mein Finger ist von der Klingel gerutscht, aber sofort setze ich ihn wieder an, klingele Sturm und brülle in die Gegensprechanlage:
    »Bernd? Bernd, ich bin’s, Helen. Bitte, lass mich rein. Bernd!«
    »Helen?«
    »Ja, lass mich rein. Bitte.« Ich höre ein genervtes »Tse«, doch dann erklingt immerhin der Summer und ich kann die Türe öffnen. So schnell ich kann renne ich die Stufen empor und werfe mich ohne zu zögernd in Bernds Arme, der halb nackt und mit zerzaustem Haar im Flur steht. »Bernd«, bringe ich noch hervor, bevor ich anfange zu weinen. Ich merke, wie er der Tür einen Tritt gibt, woraufhin sie ins Schloss fällt, dann umschließen mich seine Arme.

    »Helen, was ist los?« Aber ich will nicht reden. Ich will nur im Arm gehalten werden und weinen. Ich krieche förmlich in Bernd hinein, umklammere seinen warmen Körper und schluchze wie ein kleines Kind. »Helen? Helen.« Irgendwann merkt er, dass mit mir im Moment nichts anzufangen ist, hebt mich hoch und trägt mich in Richtung Wohnzimmer. Ich höre eine verschlafene weibliche Stimme wispern:
    »Was ist mit ihr?«
    »Keine Ahnung«, antwortet Bernd, »schlaf weiter, ich kümmere mich um sie.« Er setzt sich mit mir auf die Couch, wiegt mich hin und her und wartet ab. Allmählich ebbt mein hysterisches Schluchzen ab und wird von leisem Weinen abgelöst. Und irgendwann kommen auch keine Tränen mehr, ich sitze nur noch erschöpft auf Bernds Schoß, den Kopf an seine Brust gelehnt und spüre seine Hand, die mir behutsam über das Haar streichelt.
     
    Als ich aufwache, fühle ich mich hundeelend. Es gibt nicht diese paar Sekunden des Nichtwissens, die man normalerweise hat, wenn man aus dem Schlaf kommt. Diese gnädigen Augenblicke, in denen man sich nicht sicher ist, ob man wach ist oder träumt, wer man ist und wie man sich fühlt. Heute geht es mir anders. In derselben Sekunde, in der ich die Augen aufschlage, ist der gestrige Abend wieder da. Und ich fühle mich um keinen Deut besser. Ich drehe mich um und sehe Bernd in die Augen, der bereits wach neben mir liegt.
    »Na, Prinzessin, wie geht’s dir denn jetzt?«
    »Schlecht«, sage ich leise und eine Träne kullert aus meinem rechten Auge heraus, läuft über den Nasenrücken, bleibt für eine Sekunde an meiner Nasenspitze hängen, um dann auf das blaue Kissen zu tropfen.

    »Was ist passiert?« Und dann erzähle ich ihm alles. Ich erzähle von Jan und von Babsi, von all den Dingen, die sie gesagt hat und ich lasse auch die erniedrigensten Details nicht aus. Aber ich sehe Bernd dabei nicht an. Und mit jedem Vorwurf von Jan, den ich wiederhole, wird mir klarer: All diese Dinge habe ich schon öfter gehört. Nicht in dieser Heftigkeit, sicher nicht, und auch nicht alle auf einmal, aber unbekannt sind sie mir nicht. Und das Schlimme ist, derjenige, der sie mir gesagt hat, liegt gerade neben mir. Hat er nicht immer wieder gesagt, dass ich zu sehr auf Äußerlichkeiten bedacht bin? Dass ich die Menschen nicht nehmen kann, wie sie sind? Die Erkenntnis trifft mich wie ein Vorschlaghammer. Irgendwo in mir gab es noch diese Hoffnung, dass Jan ein Spinner ist. Dass er all das an den Haaren herbeigezogen hat und dass mein Freund Bernd mir jetzt gleich sagen wird, dass ich das überhaupt nicht glauben soll, dass ich in Wahrheit

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