Venus allein zu Haus
den Mund, um lautstark zu protestieren, schließe ihn dann aber wieder, als Bernd fortfährt: »Und die ganze Zeit hat er sich nicht ein einziges Mal gefragt, warum du denn eigentlich so bist. Warum die Gedanken in deinem süßen kleinen Schädel«, damit klopft er mir leicht mit dem Fingerknöchel auf die Stirn, »niemals stillstehen, warum du so sehr darum bemüht bist, perfekt zu sein, dass du dir selbst jeden Spaß am Leben verwehrst. Ich möchte wetten, dass dieser Vollidiot daran noch nie auch nur einen einzigen Gedanken verschwendet hat, und weißt du auch warum?«
»Nein, warum?«, piepse ich.
»Weil er ein Arschloch ist«, sagt er schlicht, fasst mich unter das Kinn und hebt mein Gesicht zu sich empor:
»So, und jetzt küss mich noch mal, denn ich habe Angst, dass du es dir noch mal anders überlegst.« Ich schaue zu ihm auf, und er gibt mir einen langen Kuss, der mir fast den Verstand raubt. Plötzlich kommt mir Bernds pure Männlichkeit unglaublich verführerisch vor.
»Ich will mir dir schlafen«, sage ich atemlos. »Wirklich.«
»Das glaube ich dir sogar«, grinst er mich unverschämt an, »aber ich kann deine Situation jetzt nicht so schamlos ausnützen.«
»Doch, du kannst, es ist ganz leicht«, wische ich seine Bedenken vom Tisch und fange schon wieder an, an seiner Hose herumzuzerren. Er versucht, sich mir zu entwinden.
»Helen, nein, Helen, jetzt warte doch mal, Helen«, er fängt an zu lachen, und ich lache auch, ohne jedoch von meinen Bemühungen Abstand zu nehmen. Dann rollt sich Bernd kurz entschlossen mit seinem ganzen Gewicht auf mich und nimmt mir so jede Bewegungsfreiheit.
»Ich würde wirklich gerne mit dir schlafen. Und ich freue mich, dass du auch willst, trotzdem sollten wir es jetzt nicht tun. Eine sehr weise Frau hat mir mal erzählt, dass zu schneller Sex zu Beginn einer Beziehung das sichere Aus ist.«
»Wer erzählt denn so einen Müll«, frage ich unschuldig, obwohl ich genau weiß, wer. »Das ist Unfug, wir kennen uns doch schon seit Ewigkeiten«, versuche ich eine andere Schiene, aber Bernd bleibt eisern. Er bedeckt mein Gesicht mit Küssen und sagt:
»Und selbst wenn, Helen, es geht wirklich nicht.«
»Nein?«
»Nein. Ich muss leider erst zum Brasilian Waxing.«
13.
»Das ist ja gerade noch mal gut gegangen. Du kannst von Glück sagen, dass Bernd so ein netter Mensch ist«, schimpft Sophia mich aus, als ich mich eine halbe Stunde später auf dem Weg zu meinem Auto befinde. Nachdem klar war, dass sexmäßig nichts zu holen war, wollte ich dann doch gerne die Wohnung verlassen haben, bevor Jackie aufwacht und mich auf meine nächtliche Heulattacke anspricht. Es ist etwas anderes, Bernd all diese schrecklichen Sachen weiterzuerzählen. Meine perfekte engelsgleiche Schwester muss ich nicht unbedingt an dieser Schmach teilhaben lassen.
Seufzend schließe ich die Tür meines Wagens auf und lasse mich hinter das Lenkrad plumpsen. Da fällt mir Lara ein. Mensch, die habe ich ja gestern einfach so im Stich gelassen. Die Schamesröte steigt mir ins Gesicht, als ich in meiner Handtasche nach meinem Handy suche und es einschalte.
»Du kannst auch nicht immer die perfekte beste Freundin sein«, ertönt es sanft vom Beifahrersitz. Ja, ist ja gut. Noch bevor ich Laras Nummer aufrufen kann, fängt mein
Handy an zu piepsen. Pieppiep. Sie haben sieben neue Anrufe, teilt mir das Telefon mit. Sieben? Das kann doch nicht wahr sein. Oh Gott, nicht dass etwas furchtbar Schreckliches passiert ist und mich konnte keiner erreichen, fährt es mir durch den Kopf, während ich mit zitternden Fingern meine Mailbox anrufe. Das darf nicht sein. Mist, einmal, nur ein einziges Mal schalte ich mein Handy aus. Hoffentlich ist nichts mit Dotty, denke ich besorgt. Nicht mal richtig verabschiedet habe ich mich von ihr gestern Abend.
»Helen Ramien. Sie haben sieben neue Nachrichten. Nachricht eins: Helen, hier spricht Jan.« Mein Herzschlag setzt für einen Moment aus, um dann wie verrückt loszurasen. »Du … du musst furchtbar wütend auf mich sein, Babsi hat mir gerade erzählt, dass sie, also, na ja, ach schei ße, Helen, ich muss dir das erklären. Bitte ruf mich zurück, ja? Ciao.« Zurückrufen? Den Teufel werd ich tun. Was gibt es da bitte zu erklären? Babsi könnte doch ein Mann sein? Oder eine von ihm verschmähte Frau, die einfach nicht kapiert, dass er nichts von ihr wissen will. Danach sah es eigentlich nicht aus. »Nachricht zwei: Helen, ich noch mal. Bitte, ruf mich zurück.
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