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Venus allein zu Haus

Venus allein zu Haus

Titel: Venus allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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steht nicht auf Frauen. Und in diesem Moment fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Babsi ist ein Mann! Natürlich! Deshalb ihre stattliche Größe und das starke Make-up. Ihre Beine in dem knappen Mini fallen mir wieder ein. Lang, schlank und muskulös. Natürlich, Männer haben die schönsten Frauenbeine, das weiß man ja spätestens seit dem Musikvideo zu »Macarena«. Ist Babsi denn nun ein Transvestit? Oder Transsexuell? Was ist noch mal der Unterschied? Will ich es wirklich so genau wissen? Eigentlich reicht mir der Schock über Jans Homosexualität für den Rest meines Lebens. Ob er auf Männer in Frauenklamotten steht oder auf Lack und Leder oder auf was sonst, nein, damit möchte ich mich weiß Gott nicht befassen. Hoffentlich ist er weg, wenn ich wieder rauskomme, schicke ich ein Stoßgebet zum Himmel. Ich lasse ihm noch ein wenig Zeit zum Verschwinden und mir etwas kühles Wasser über die Handgelenke rinnen, als plötzlich die Tür aufgeht und Babsi
den Raum betritt. Unsere Augen treffen sich kurz, dann verschwindet sie in einer der drei Kabinen. Oder besser gesagt er. Ich kann nicht anders, ich muss einfach unter dem Türspalt hindurchgucken. Ich meine, wenn der jetzt auch noch im Stehen pinkelt, dann hat er doch hier auf der Damentoilette weiß Gott nichts zu suchen. Aber die Spitzen der schwarzen hochhackigen Pumps zeigen in meine Richtung. Ich weiß nicht, warum ich hier weiter rumstehe und Babsi beim Pinkeln zuhöre. Vermutlich befürchte ich, dass Jan vor der Tür auf sie/ihn wartet. Aus meiner Handtasche krame ich mein Schminktäschchen hervor und beginne, mein Make-up aufzufrischen. Die Spülung rauscht, Babsi kommt aus der Kabine hervor und tritt an das Waschbecken, um sich die Hände zu waschen.Verstohlen betrachte ich ihn dabei. Er hebt den Kopf und schaut mich gerade an:
    »Ja, Helen, jetzt weißt du es also, sorry.« Es klingt nicht wirklich bedauernd.
    »Ja. Na ja«, sage ich unbestimmt. Was soll ich denn bitte schön auch sagen?
    »Wir sind jetzt seit zwei Monaten zusammen.«
    »Aha.« Ich will’s nicht hören. Langsam sollten die Hände sauber sein! Und da, Gott sei Dank, Babsi dreht das Wasser ab, wendet sich zum Gehen, dreht sich dann doch noch mal um.
    »Sag mal, willst du gar nicht wissen, warum er dich belogen hat?« Wieso belogen?
    »Belogen würde ich das nicht nennen, er hat mir bloß die Details erspart«, versetze ich kurz und frage mich, ob ich heute nicht schon genug gelitten habe.
    »Ich denke, er hat dir gesagt, dass er auf Männer steht.«
    »Ja, und?«
    »Und da wundert’s dich nicht, dass er plötzlich mit einer
neuen Freundin vor dir steht?« Verständnislos blicke ich Babsi an. Ein schmales Gesicht mit geschwungenen Brauen, blauen Augen, hohen Wangenknochen und vollen Lippen. Aber ohne die geringste Spur eines Bartschattens. Ein schlanker weißer Hals. Aber kein Adamsapfel.
    »Bist du etwa eine Frau«, frage ich fassungslos.
    »Wie bitte? Natürlich, was denkst du denn«, kommt es empört zurück. Irgendwie kommt es mir so vor, als würde mir der Boden unter den Füßen weggezogen, und ich lehne mich schwer atmend an die weiß gekachelte Wand neben dem Handtuchhalter.
    »Aber wieso …?«
    »Jan ist nicht schwul«, sagt sie böse. »Das hat er doch bloß gesagt, um dich loszuwerden.« Anscheinend habe ich sie mit meiner Vermutung schwer verletzt, denn sie sprüht Gift und Galle.
    »Aber wieso …?« Etwas anderes scheine ich momentan nicht über meine Lippen zu bekommen. Mir rinnt der Schweiß plötzlich unangenehm die Seite herunter.
    »Weil er dich nicht mehr ertragen konnte, deshalb.«
    »Aber …« Noch bevor ich das »Wieso« aussprechen kann, schleudert sie mir die Antwort entgegen:
    »Er sagt, du seist ein Kontrollfreak und es wäre unerträglich, mit dir zusammenzuleben.«
    »Wirklich?«, flüstere ich kaum hörbar, und da wird ihr anscheinend bewusst, was sie getan hat. Einen Moment lang stehen wir schweigend voreinander, dann kommt sie einen Schritt auf mich zu und sagt:
    »Entschuldigung, das hätte ich nicht so sagen sollen. Tut mir Leid.«
    »Schon gut.« Ich will nur noch, dass sie geht.
    »Ich fand das auch ganz schön gemein von ihm«, macht sie plötzlich auf solidarisch, »aber immerhin, ich meine,
jetzt weißt du wenigstens den wahren Grund, weshalb er sich von dir getrennt hat. So kannst du was ändern. Fürs nächste Mal«, fügt sie schnell hinzu. Ich sehe sie nur blicklos an. Und jetzt kommt sie näher und legt mir auch noch ihre Hand auf den

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