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Venus im Pelz

Venus im Pelz

Titel: Venus im Pelz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leopold von Sacher Masoch
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sich auf der Ottomane niederlassend. Ich folgte ihrem Wink und setzte mich zu ihr. Sie sah mich finster an, dann wurde ihr Auge plötzlich, gleichsam von innen heraus erhellt, sie zog mich lächelnd an ihre Brust und begann mir die Tränen aus den Augen zu küssen.
     
    Das eben ist das Humoristische meiner Lage, daß ich, wie der Bär in Lilis Park, fliehen kann und nicht will, daß ich alles dulde, sobald sie droht, mir die Freiheit zu geben.
     
    Wenn sie nur einmal wieder die Peitsche in die Hand nehmen würde! Diese Liebenswürdigkeit, mit der sie mich behandelt, hat etwas Unheimliches für mich. Ich komme mir wie eine kleine, gefangene Maus vor, mit der eine schöne Katze zierlich spielt, jeden Augenblick bereit, sie zu zerreißen, und mein Mausherz droht mir zu zerspringen.
    Was hat sie vor? Was wird sie mit mir anfangen?
     
    Sie scheint den Vertrag, scheint meine Sklaverei vollkommen vergessen zu haben, oder war es wirklich nur Eigensinn, und sie hat den ganzen Plan in demselben Augenblicke aufgegeben, wo ich ihr keinen Widerstand mehr entgegensetzte, wo ich mich ihrer souveränen Laune beugte?
    Wie gut sie jetzt gegen mich ist, wie zärtlich, wie liebevoll. Wir verleben selige Tage.
     
    Heute liess sie mich die Szene zwischen Faust und Mephistopheles lesen, in welcher letzterer als fahrender Scholast erscheint; ihr Blick hing mit seltsamer Befriedigung an mir.
    »Ich verstehe nicht«, sprach sie, als ich geendet hatte, »wie ein Mann große und schöne Gedanken im Vortrage so wunderbar klar, so scharf, so vernünftig auseinandersetzen und dabei ein solcher Phantast, ein übersinnlicher Schlemihl sein kann.«
    »Warst du zufrieden«, sagte ich und küßte ihre Hand.
    Sie strich mir freundlich über die Stirne. »Ich liebe dich, Severin«, flüsterte sie, »ich glaube, ich könnte keinen anderen Mann mehr lieben. Wir wollen vernünftig sein. willst du?«
    Statt zu antworten, schloß ich sie in meine Arme; ein tief inniges, wehmütiges Glück erfüllte meine Brust, meine Augen wurden naß, eine Träne fiel auf ihre Hand herab.
    »Wie kannst du weinen!« rief sie, »du bist ein Kind.«
     
    Wir begegneten bei einer Spazierfahrt dem russischen Fürsten im Wagen. Er war offenbar unangenehm überrascht, mich an Wandas Seite zu sehen und schien sie mit seinen elektrischen, grauen Augen durchbohren zu wollen, sie aber – ich hätte in diesem Augenblicke vor ihr niederknien und ihre Füße küssen mögen – sie schien ihn nicht zu bemerken, sie ließ ihren Blick gleichgültig über ihn gleiten, wie über einen leblosen Gegenstand, einen Baum etwa, und wendete sich dann mit ihrem liebreizenden Lächeln zu mir.
     
    Als ich ihr heute gute Nacht sagte, schien sie mir plötzlich ohne jeden Anlaß zerstreut und verstimmt. Was sie wohl beschäftigen mochte?
    »Mir ist leid, daß du gehst«, sagte sie, als ich schon auf der Schwelle stand.
    »Es liegt ja nur bei dir, die schwere Zeit meiner Prüfung abzukürzen, gib es auf, mich zu quälen –« flehte ich.
    »Du nimmst also nicht an, daß dieser Zwang auch für mich eine Qual ist«, warf Wanda ein.
    »So ende sie«, rief ich, sie umschlingend, »werde mein Weib.«
    » Nie, Severin «, sprach sie sanft, aber mit großer Festigkeit.
    »Was ist das?«
    Ich war bis an das Innerste meiner Seele erschrocken.
    » Du bist kein Mann für mich. «
    Ich sah sie an, zog meinen Arm, welcher noch immer um ihre Taille lag, langsam zurück und verließ das Gemach, und sie – sie rief mich nicht zurück.
    Eine schlaflose Nacht, ich habe soundso viel Entschlüsse gefaßt und wieder verworfen. Am Morgen schrieb ich einen Brief, worin ich unser Verhältnis für gelöst erklärte. Mir zitterte die Hand dabei, und wie ich ihn siegelte, verbrannte ich mir die Finger.
    Als ich die Treppe emporstieg, um ihn dem Stubenmädchen zu übergeben, drohten mir die Knie zu brechen.
    Da öffnete sich die Türe und Wanda steckte den Kopf voll Papilloten heraus.
    »Ich bin noch nicht frisiert«, sprach sie lächelnd. »Was haben Sie da?«
    »Einen Brief –«
    »An mich?« Ich nickte.
    »Ah! Sie wollen mit mir brechen«, rief sie spöttisch.
    »Haben Sie nicht gestern erklärt, daß ich kein Mann für Sie bin?«
    » Ich wiederhole es Ihnen «, sprach sie.
    »Also«, ich zitterte am ganzen Leibe, die Stimme versagte mir, ich reichte ihr den Brief.
    »Behalten Sie ihn«, sagte sie, mich kalt betrachtend, »Sie vergessen, daß ja gar nicht mehr davon die Rede ist, ob sie mir als Mann genügen oder nicht,

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