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Venus im Pelz

Venus im Pelz

Titel: Venus im Pelz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leopold von Sacher Masoch
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ich gestehe, das gefällt mir, das imponiert mir. Es liegt Stärke darin, und nur die Stärke achtet man. Ich glaube sogar, Sie würden in ungewöhnlichen Verhältnissen, in einer großen Zeit, das was Ihre Schwäche scheint, als eine wunderbare Kraft offenbaren. Unter den ersten Kaisern wären Sie ein Märtyrer, zur Zeit der Reformation ein Anabaptist, in der französischen Revolution einer jener begeisterten Girondisten geworden, die mit der Marseillaise auf den Lippen die Guillotine bestiegen. So aber sind Sie mein Sklave, mein –«
    Sie sprang plötzlich auf, so daß der Pelz herabsank, und schlang die Arme mit sanfter Gewalt um meinen Hals.
    »Mein geliebter Sklave, Severin, oh! wie ich dich liebe, wie ich dich anbete, wie schmuck du in dem Krakauerkostüme aussiehst, aber du wirst heute nacht frieren in dem elenden Zimmer da oben ohne Kamin, soll ich dir meinen Pelz geben, mein Herzchen, den großen da –«
    Sie hob, ihn rasch auf, warf ihn mir auf die Schultern und hatte mich, ehe ich mich versah, vollkommen darin eingewickelt.
    »Ah! Wie gut das Pelzwerk dir zu Gesichte steht, deine noblen Züge treten erst recht hervor. Sobald du nicht mehr mein Sklave bist, wirst du einen Samtrock tragen mit Zobel, verstehst du, sonst ziehe ich nie mehr eine Pelzjacke an –«
    Und wieder begann sie mich zu streicheln, zu küssen und zog mich endlich auf den kleinen Samtdiwan nieder.
    »Du gefällst dir, glaube ich, in dem Pelze«, sagte sie, »gib ihn mir, rasch, rasch, sonst verliere ich ganz das Gefühl meiner Würde.«
    Ich legte den Pelz um sie, und Wanda schlüpfte mit dem rechten Arme in den Ärmel.
    »So ist es auf dem Bilde von Titian. Nun aber genug des Scherzes. Sieh doch nicht immer so unglücklich drein, das macht mich traurig, du bist ja vorläufig nur für die Welt mein Diener, mein Sklave bist du noch nicht, du hast den Vertrag noch nicht unterzeichnet, du bist noch frei, kannst mich jeden Augenblick verlassen; du hast deine Rolle herrlich gespielt. Ich war entzückt, aber hast du es nicht schon satt, findest du mich nicht abscheulich? Nun, so sprich doch – ich befehle es dir.«
    »Muß ich es dir gestehen, Wanda?« begann ich.
    »Ja, du mußt.«
    »Und wenn du es dann auch mißbrauchst«, fuhr ich fort, »ich bin verliebter als je in dich, und ich werde dich immer mehr, immer fanatischer verehren, anbeten, je mehr du mich mißhandelst, so wie du jetzt gegen mich warst, entzündest du mein Blut, berauschest du alle meine Sinne« – ich preßte sie an mich und hing einige Augenblicke an ihren feuchten Lippen – »du schönes Weib«, rief ich dann, sie betrachtend, und riß in meinem Enthusiasmus den Zobelpelz von ihren Schultern und preßte meinen Mund auf ihren Nacken.
    »Du liebst mich also, wenn ich grausam bin«, sprach Wanda, »geh jetzt! – du langweilst mich – hörst du nicht –«
    Sie gab mir eine Ohrfeige, daß es mir in dem Auge blitzte und im Ohr läutete.
    »Hilf mir in meinen Pelz, Sklave.«
    Ich half, so gut ich konnte.
    »Wie ungeschickt«, rief sie, und kaum hatte sie ihn an, schlug sie mich wieder ins Gesicht. Ich fühlte es, wie ich mich entfärbte.
    »Habe ich dir weh getan?« fragte sie und legte die Hand sanft auf mich.
    »Nein, nein«, rief ich.
    »Du darfst dich allerdings nicht beklagen, du willst es ja so; nun, gib mir noch einen Kuß.«
    Ich schlang die Arme um sie, und ihre Lippen sogen sich an den meinen fest, und wie sie in dem großen, schweren Pelze an meiner Brust lag, hatte ich ein seltsames, beklemmendes Gefühl, wie wenn mich ein wildes Tier, eine Bärin umarmen würde, und mir war es, als müßte ich jetzt ihre Krallen in meinem Fleische fühlen. Aber für diesmal entließ mich die Bärin gnädig.
    Die Brust von lachenden Hoffnungen erfüllt, stieg ich in mein elendes Bedientenzimmer und warf mich auf mein hartes Bett.
    »Das Leben ist doch eigentlich urkomisch«, dachte ich mir, »vor kurzem hat noch das schönste Weib, Venus selbst, an deiner Brust geruht, und jetzt hast du Gelegenheit, die Hölle der Chinesen zu studieren, welche die Verdammten nicht, gleich uns, in die Flammen werfen, sondern durch die Teufel auf Eisfelder treiben lassen.
    Wahrscheinlich haben ihre Religionsstifter auch in ungeheizten Zimmern geschlafen.«
     
    Ich bin heute nacht mit einem Schrei aus dem Schlafe aufgeschreckt, ich habe von einem Eisfelde geträumt, auf dem ich mich verirrt hatte und vergebens den Ausweg suchte. Plötzlich kam ein Eskimo in einem mit Rentier bespannten

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