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Venus und ihr Krieger

Venus und ihr Krieger

Titel: Venus und ihr Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Fremde. Dort kannte er sich aus, hatte sie mutig durch das mächtige Imperium geleitet, sie aus den Klauen der gnadenlosen und doch berechenbaren Gesellschaft gerissen. Aber hier war er ein Fremder. Das Blatt wendete sich. Er würde sich Pilas Führung anvertrauen müssen. Hier war er der Unterlegene.
    Ihm widerstrebten diese Gedanken und er schüttelte den Kopf. Pila blickte auf.
    »Was hast du?«, fragte sie.
    »Nichts. Meine Gedanken schweiften ab«, sagte er mürrisch.
    »Bereust du es?«
    Er hob abwehrend die Hände. »Nein, auf keinen Fall. Und ich werde dich beschützen und für dich sorgen, wie ein Mann es tut. Schließlich sind wir bald eine richtige Familie.«
    Pila lachte laut auf und irgendwo antwortete ein Vogel mit einem Schrei. »Es ist doch noch gar nichts zu sehen und es werden viele Monde vergehen. Im Augenblick überlege ich, wie wir aus diesem verflixten Gebirge herauskommen. Wir kommen zu langsam vorwärts.«
    »Wir hätten doch auf der Straße bleiben sollen, die entlang der Küste verläuft …«
    »… und den nächsten Römern in die Hände fallen? Nein, wir haben doch nicht diese abenteuerliche Flucht gewagt, um in Gallien wieder gefasst zu werden! Wir werden einen Weg finden. Wo Berge sind, gibt es auch Flüsse. Wir marschieren in einem Flusstal entlang. Dort haben wir auch bessere Chancen, Wild zu erbeuten, und Bauernhöfe gibt es sicher auch, wo wir um ein Nachtlager und etwas zu essen bitten können.«
    Er blickte sie an. »Du sprichst sehr vernünftig, meine Pila. Ich sehe, dein kühler, nordischer Verstand bringt uns hier weiter.«
    »Wusstest du, dass ich gar nicht Pila heiße?«, sagte sie unvermittelt. Claudius hob erstaunt den Kopf. »Darüber habe ich mir gar keine Gedanken gemacht. Pila ist die Sprache der Römer, nicht die deinige. Wie heißt du, unbekanntes Wesen?«
    »Sigrun.«
    »Iiiigurr …« Er schüttelte sich. »Wie kann man so ein Wort nur aussprechen?«
    »Du musst deine Zunge trainieren, denn hier sprechen alle meine Sprache. Zumindest klingt es so ähnlich. In welcher Sprache hat deine Mutter mit dir gesprochen?«
    »Meine Mutter?« Er stockte. Tatsächlich hatte sie mit ihm in einer anderen Sprache gesprochen, als er ein Kind war. Er hatte es einfach vergessen. Doch es war wichtig, dass er sich wieder daran erinnerte. »Wenn du mir hilfst, werde ich die alte Sprache wieder verstehen.«
    Er ergriff ihre Hand und presste seine Lippen darauf.
    Sie lächelte. »Wir werden es schaffen. Wir kehren zurück zu meinem Volk. In sechs Monden kommt unser Kind zur Welt, dann zieht Frieden unter unserem Dach ein.«
    »Woher nimmst du die Gewissheit dazu?«
    »Wozu? Dass in sechs Monden unser Kind geboren wird?«
    »Nein, dass wir ein Dach über dem Kopf haben werden.«
    Sie blickte hinaus in den trüben Himmel. Dann lehnte sie sich seufzend an seine Schulter. Mit der Hand fuhr sie zärtlich über die schmale Kette aus ihrem geflochtenen blonden Haar, die er noch immer um den Hals trug.
    »Weißt du, es gibt Dinge auf dieser Welt, die man nicht in Worte kleiden kann. Ich weiß es eben.«
    »Manchmal machst du mir Angst«, sagte er leise.
    »Du musst die göttliche Kraft spüren, die uns umgibt. Sie ist überall, in den Bäumen, in den Steinen, im Wasser, in der Luft. Aus ihr schöpfen wir Menschen unsere Kraft, wir können sie uns nutzbar machen.«
    »Und wie macht man das?«
    »Zuerst muss man dazu bereit sein.«
    »Bin ich das?«
    »Nein.«
    Am nächsten Tag verließen sie den Berg und schlugen die nordöstliche Richtung ein. Nach einem halben Tagesmarsch erreichten sie eine Straße, die Händler benutzten, um Silbererz zu transportieren. Sie folgten dieser Straße nach Norden. In dieser trüben Jahreszeit waren nur wenige Händler unterwegs, größeren Transportkolonnen gingen sie jedoch aus dem Weg, indem sie rechtzeitig die Straße verließen. Auch Orte umgingen sie in großem Bogen, lediglich einzelnen Bauernhöfen näherten sie sich, um Eier oder ein Huhn zu stehlen und auf den abgeernteten Feldern nach Resten von Kornähren, Rüben oder Kohl zu suchen. Der Stamm der Arvernii siedelte hier, das hatten sie mitbekommen, doch sie befanden sich noch viel zu weit westlich von ihrem Ziel. Sie mussten die Straße verlassen und in Richtung Osten gehen, wo das Gebirge durch einen Fluss geteilt wurde.
    Es gab keine Straßen mehr. Sie querten einen tiefen Wald in der Hoffnung, bald auf das Flusstal des Rhodanus zu stoßen. Der Hunger und eine seltsame Krankheit hatten Claudius

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