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Venus und ihr Krieger

Venus und ihr Krieger

Titel: Venus und ihr Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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tiefen, dunklen Wasser und den schwankenden Planken des kleinen Kahns hatte sie fast wahnsinnig werden lassen.
    Sie hatten festen Boden unter den Füßen, aber die Gefahren waren längst nicht vorüber.
    »Nach Norden«, stammelte Pila, »wir müssen nach Norden.«
    Die Sonne hielt sich hinter einem grauen Wolkenschleier versteckt und es war unangenehm kühl. Claudius knurrte der Magen, es war zwei Tage her, dass sie das letzte Mal eine warme Mahlzeit zu sich genommen hatten.
    »Versteck dich hier in dem Gebüsch«, sagte er und breitete seinen Mantel auf dem feuchten Gras aus. »Ruh dich etwas aus!«
    »Was hast du vor?«, wollte Pila wissen.
    »Am Strand haben Fischer ihren Fang zum Trocknen aufgehängt. Ich will versuchen, einige Fische zu stehlen.«
    Pila nickte, obwohl ihr Magen bei dem Gedanken an Fisch wieder rebellierte. Mehrere Tage hatte sie in dem nach Fisch stinkenden Netz gelegen. Aber sie war zu müde, um aufzubegehren. Außerdem machte ihr der Hunger weniger aus. In einem früheren Leben hatte sie den Hunger fast täglich gespürt. Was war nur aus ihr geworden?
    Nach einiger Zeit kehrte Claudius zurück. Unter seinem Kittel trug er einige Trockenfische und zwei frisch gefangene, noch glitschige Makrelen. Er griente über das ganze Gesicht und war stolz auf seine Jagdbeute.
    »Komm, wir gehen noch einige Stunden ins Landesinnere, dann bereiten wir eine Feuerstelle, essen den Fisch und schlafen uns aus. Den Trockenfisch nehmen wir als Proviant mit.«
    Er packte Pilas Hand, zog sie auf und nahm seinen Mantel. Sie atmete tief durch und sog den feuchten Atem des Herbstes ein. Sie ahnte, dass dieses Land ihre Liebe auf eine harte Probe stellen würde.
    Je weiter sie nach Norden kamen, desto schlechter wurde das Wetter. Feiner Nieselregen hüllte den Wald in einen grauen Schleier. Nachdem sie eine Ebene und ein Hügelland durchwandert hatten, erhob sich vor ihnen eine seltsame Landschaft aus eigenartigen Bergen, die von dichten Wäldern bedeckt waren. Der Boden bestand aus schwarzem Stein, und als sie einen der Berge erklommen hatten, blickten sie verblüfft in einen flachen, grünen Krater. Es waren Vulkane; einer neben dem anderen, so weit das Auge reichte! Sie schienen schon lange zu schlafen, denn der Wald bestand aus hohen alten Bäumen.
    Pila schauderte. Sie erinnerte sich noch an den beängstigenden Vesuv, der sich drohend über Pompeji erhob. Hatte auch hier der Gott Vulcanus seine Hand im Spiel? Sie befand sich doch im Land der Gallier, die den Kelten angehörten und die gleichen Götter verehrten wie die Kimbern. Sie hoffte, dass ihr kleines Opfer im Tempel ausreichte, um den Gott zu besänftigen.
    Wie lange war das schon her? Einen Monat? Ein Jahr, ein Menschenalter? Oder war es in einem anderen Leben?
    Sie suchten sich einen überhängenden Felsen, um ein Feuer zu entfachen und ein Lager herzurichten. Das Laub, das sie zusammentrugen, war feucht, aus den Felsspalten rann klares Wasser und sammelte sich auf dem Boden. Sie hockten sich eng zusammen um das mühsam entfachte Feuer und bereiteten eine einfache Mahlzeit aus zwei Vögeln, die Claudius mit einem Stein erschlagen hatte, und einigen Beeren und Pilzen, die an den Hängen wuchsen.
    Pila betrachtete Claudius mit Sorge. Das feuchtkalte Wetter machte ihm sichtlich zu schaffen, der Hunger schmerzte in seinen Eingeweiden und seit einigen Tagen hustete er, wenn er sich anstrengte.
    »Na, wenigstens verdursten wir nicht«, versuchte Claudius zu scherzen und rückte ein wenig von einem Wasserrinnsal weg, das aus dem Felsen rieselte.
    »Gib mir dein Messer«, bat Pila. »Ich werde einige Pfeile aus dem Holz schnitzen, das hier wächst. Es ist gutes Holz und für eine Hasenjagd werden die Pfeile ausreichen.«
    Claudius zog seinen Dolch aus dem Gürtel. Neben dem Kurzschwert war er das einzige, was ihnen geblieben war. Der schöne, fein gearbeitete Dolch wurde nun zum Schnitzmesser degradiert, doch jetzt ging es nur darum, zu überleben. Geschickt schälte Pila die Rinde von den schlanken Ästen, die sie von den umliegenden Bäumen gebrochen hatte, und modellierte kleine Widerhaken am vorderen Ende. Den hinteren Schaft spaltete sie und schob dünne Rindenplättchen und die Schwungfedern der beiden erlegten Vögel hindurch.
    Claudius beobachtete sie bei ihrer konzentrierten Arbeit. Plötzlich sah er Pila mit anderen Augen. Sie war ein Germanenmädchen, in der Wildnis aufgewachsen und an Gefahren gewöhnt. Dort drüben, unter der Sonne Roms, war sie eine

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