Venus und ihr Krieger
Arme.
»N-n-nein, nein, i-i-ich will nur nicht auf das B-B-Boot.«
»Ja, aber warum?« Plötzlich begriff er. »Hast du Angst?«
Verschämt nickte Pila, konnte aber ihr Zittern nicht unterdrücken.
»Auch das noch!« Er griff sich verzweifelt an den Kopf und stöhnte auf, weil er die Wunde berührte.
»Was ist nun?«, fragte der Fischer ungeduldig. »Wir müssen den günstigen Wind nutzen.«
Claudius packte Pilas Hand und zog sie hinter sich her. Pila sträubte sich, doch Claudius war stärker. Auf dem Boot sackte Pila in sich zusammen und blieb in den stinkenden Netzen liegen.
Ungerührt legte der Fischer ab, und das Boot trieb auf den Sinus Ligusticus hinaus.
Zwei Tage und zwei Nächte folgte das Boot dem Verlauf der Küste in Richtung Südwest. Zwei Tage und zwei Nächte, in denen Pila sterben wollte. Sie presste ihr Gesicht in die Netze und wagte nicht aufzusehen. Sie lehnte jede angebotene Nahrung ab und wimmerte nur leise vor sich hin. Claudius hockte hilflos und irritiert neben ihr. Nur ab und zu richtete Pila sich auf, um sich über den Rand des Bootes zu lehnen und sich zu übergeben. Ihr Magen schmerzte, weil nichts mehr darin war, und diese entsetzliche Übelkeit wollte ihr schier den Schädel zerplatzen lassen.
»Sie verträgt offenbar das Meer nicht«, sagte Claudius entschuldigend zu dem Fischer.
Der griente verständnisvoll. »Ihr seid wohl durchgebrannt zu Hause? Deshalb die seltsame Verkleidung.«
Claudius hielt es für sinnvoll, den Fischer in seinem Glauben zu lassen.
»Ihre Mutter mochte mich nicht. Sie hatte für sie einen anderen ausgesucht.« In gespielter Tragik hob Claudius die Schultern und wenn es Pila nicht so furchtbar elend zu Mute gewesen wäre, hätte sie über seine Komödie gelacht.
»Ja, ja, ich kenne das. Liebe lässt sich nun mal nicht vorschreiben. Allerdings, so wie deine Liebste sich aufführt, benimmt sich meine Alte immer, wenn sie wieder schwanger ist.«
»Ach!« Claudius fuhr erstaunt hoch. »Wieso?«
»Kann ja sein, dass sie wirklich seekrank ist, aber wir haben doch gar keinen Wellengang. Meinem Weib daheim geht es immer so in den ersten Monaten einer Schwangerschaft. Ist furchtbar, weil ich dann befürchten muss, dass sie mir ins Essen kotzt. Na ja, nach acht Kindern gewöhnt man sich dran. Übrigens, nach zwei, drei Monaten vergeht das wieder.«
Claudius packte Pilas Schultern und zog sie herum. »Pila, schau mich mal an.« Gequält hob Pila die Augen. Sie sah erbärmlich aus. »Ich verstehe zwar nicht viel davon, aber wann hattest du dein letztes Mondblut?«
Verstört hob sie die Achseln. »Ich weiß nicht mehr, ich habe nicht darauf geachtet. Ich glaube, es war noch in Pompeji …«
»Bei Jupiter, auch das noch!« Claudius raufte sich die Haare.
»Verdammt noch mal, warum hast du nicht verhütet?«
»Verhütet?« Pila blickte ihn verwundert an. »Geht das denn?«
»Jede Hure in Pompeji weiß, wie man das macht. Zum Beispiel Katzenleber, an einem kleinen Gefäß am Fußgelenk getragen, hilft oder Adlerfarn. Ich weiß auch von Zedernharz und Salzlake …«
»Aber ich bin keine Hure!«, protestierte Pila und schluchzte herzzerreißend in das stinkende Fischernetz.
»Tut mir Leid, ich habe das auch nicht so gemeint«, entschuldigte sich Claudius kleinlaut. »Ich war nur so – verärgert.«
»Ich wäre auch froh, wenn mir nicht ständig so übel wäre.«
»Der Fischer meint, es geht vorüber.«
Pila hielt sich die Hände vor die Augen. »Ich möchte sterben«, murmelte sie zum wiederholten Male.
Am vierten Tag ihrer Seereise steuerten sie die gallische Küste an. Irgendwo nördlich von Narbo Martius setzte der Fischer sie an Land.
Vierzehntes Kapitel
DER DRUIDENFÜRST
Sie standen verloren an der Küste des fremden Landes. Wenn Claudius geglaubt hatte, er würde eine seltsame Sehnsucht nach dem Land seiner Ahnen spüren, so wurde er gründlich enttäuscht.
In der Nähe der Küste verlief eine Handelsstraße, auf der reger Verkehr herrschte. Zu ihrer Überraschung gab es viele römische Händler. Claudius überlegte fieberhaft, ob sie sich unter die Händler mischen oder lieber die Straße verlassen sollten. Er blickte an sich herunter. Seine Kleidung war zerschlissen, ebenso die Sandalen. Sie besaßen kein Geld mehr und nichts, das sie versetzen konnten.
Pila sah elend aus. Die Seereise hatte ihr schrecklich zu schaffen gemacht. Sie war blass, dunkle Ringe lagen unter ihren Augen und ihr Magen krümmte sich im Schmerz. Die Angst vor dem
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