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Venus und ihr Krieger

Venus und ihr Krieger

Titel: Venus und ihr Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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erkennst du mich? Ich bin Sigrun, Tochter des Sigmund. Wo sind sie alle, die Eltern, die Brüder, die Nachbarn?«
    »Sigrun? Es gibt keine Sigrun. Sigrun ist tot«, krächzte sie wieder.
    »Schau mich an, ich bin es!« Sigrun warf ihren Umhang ab und riss die Fellweste herunter. Sie breitete die Arme aus und streckte die Hände nach vorn zum Zeichen, dass sie keine Waffen trug. Trotzdem hob die alte Frau abwehrend die Hände und murmelte Bannsprüche.
    »Sigrun ist tot und die anderen auch. Alle sind tot!«
    »Was redest du da, Neia! Sie können nicht tot sein! Die Wagen sind weg und die Ochsen, die Felder sind nicht abgeerntet, doch die Häuser sind leer. Was ist geschehen?«
    Neia kniff die Augen zusammen und blickte Velox durchdringend an. »Wer ist das? Er ist ein Fremder!«
    »Er ist ein Gallier und mein Mann.«
    »Gallier? Pah!« Sie spuckte in den Schnee. »Fremde! Römer! Alles Dämonen!«
    »Neia, ich bitte dich«, flehte Sigrun.
    Wortlos drehte die Alte sich um und verschwand im Haus. Sigrun folgte ihr. Nach einigem Zögern betrat auch Velox das Haus und folgte den Frauen in die Wohnhalle.
    Die Alte legte bedächtig einige Scheite ins Feuer. Angenehme Wärme verbreitete sich. Ihre fast blinden Augen blickten in eine unbestimmte Ferne. Sie schien die Anwesenden nicht mehr wahrzunehmen. Stumm bewegten sich ihre Lippen, als murmele sie Beschwörungen. Aber Sigrun ahnte, dass sie sich auf dem Weg in die Vergangenheit befand.
    »Der Vertrag war nichts wert, nur eine Lüge der verdammten Römer. Das Volk wollte sich zurückziehen, keinen Kampf mit den Römern ausfechten. Sie haben den Römern vertraut. Oh, Boiorix, warum? Diese Berge, diese entsetzlichen hohen Berge, sie sind nicht unsere Welt. Überall Berge, die den Geist verwirren, die wie Irrlichter auf falsche Wege führen. Boiorix hat den Römern vertraut. Sie sollten sein Volk aus dem Labyrinth der Berge und Täler herausführen.«
    Atemlos lauschte Sigrun der alten Priesterin. Boiorix, und mit ihm vielleicht Helfgurd, waren gegen Rom gezogen!
    »Das Volk hat sich dem Beschluss dieses römischen Konsuls gebeugt, dass es kein Siedlungsland erhalten könne. Sie wollten weiterziehen. Doch dieser Gnaeus Papirius Carbo war ein elender Lügner. Die Römer haben sie in eine Falle gelockt. Von allen Seiten sind sie herangerückt, schwer bewaffnet, mit Tubaschall und Kampfgeschrei, mit Lanzen und Schwertern. Aber es waren doch Wagen mit Frauen, Kindern, Alten, Kranken! Kaum Vieh, kaum Nahrung! Und die Krieger schritten nebenher und schoben die Wagen, wo es die Ochsengespanne allein nicht schafften!« Ihre Stimme wurde schrill. Doch dann beruhigte sie sich wieder.
    »So sind sie, die Römer. Sie schonten nicht Alter, nicht Geschlecht, sie wollten die Kimbern vernichten. Und sie gingen rücksichtslos vor. Fürwahr, sie haben das ahnungslose Volk in die Falle gelockt, um es ein für alle Mal zu vernichten.«
    Sigruns Augen füllten sich mit Tränen. Das war es also, diese Tücke und List der Römer, ihr überlegenes Kriegswesen, mit dem sie die Welt eroberten. Und ihre Lügen!
    Velox hatte sich gegen die Wand gepresst. Wenn er auch nicht jedes Wort der alten Priesterin verstanden hatte, weil er der Sprache kaum mächtig war, so ahnte er doch, welches Drama sich noch einmal vor den fast blinden Augen der Frau abgespielt hatte. Es musste für Sigrun furchtbar schmerzlich sein. Doch diesmal wagte er nicht, seinen Arm schützend und tröstend um ihre Schulter zu legen.
    Plötzlich lächelte die Alte. »Doch der vermeintlich leicht errungene Sieg war ein Trugschluss. Nach dem ersten Schrecken verfiel das Volk nicht in panische Angst, streckte nicht, von Furcht gelähmt, seine Waffen. Die Männer scharten sich um ihre Anführer, hoben ihre Schilde und ihr wildes Kriegsgeschrei hallte von den Bergwänden wider, dass die römische Front ins Wanken geriet.« Sie kicherte. »Selbst Frauen und Kinder, Alte und Jünglinge griffen zu den Waffen. Es war ein Sturm, der sich im Volk entfesselte, ein jäh herausbrechender Zorn gegen diese verräterischen Römer. Es war die todesverachtende, blinde Kampfeswut mit der Gewalt der entfesselten Elemente. Odin hat Ihnen den Weg gewiesen, Odin hat ihnen beigestanden!«
    Die Alte sprang auf und kämpfte gegen einen unsichtbaren Feind, während sie mit den Armen in der Luft herumfuchtelte. »Und nicht nur Odin. Denn die Götter schlossen sich zusammen und verdunkelten den Himmel. Thor schwang seinen Hammer und raste auf seinem Bocksgespann

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