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Venus und ihr Krieger

Venus und ihr Krieger

Titel: Venus und ihr Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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durch die Lüfte, Ziu schleuderte den Blitz, Odin jagte auf seinem Hengst durch das Himmelsgewölbe. In der Nacht stürmte der Wilde Jäger, der Totengeleiter, an der Spitze der Gefallenen dahin, in Wolkenfetzen gehüllt. Er schwang seinen Speer in der Hand, Odin, der Siegbringende.« Sie seufzte und ihr magerer Körper sackte wieder in sich zusammen. »Wo die Götter sprechen, müssen die Waffen schweigen. Am nächsten Morgen verbrannten sie ihre Toten, versorgten ihre Verwundeten.«
    Ihr Kopf fiel auf die Brust. Sigrun glaubte schon, sie wäre eingeschlafen.
    »Wir machten viele Gefangene. Der Kessel, er war voll Blut. Ich bekränzte sie mit meinem Schwert«, murmelte sie und ihr Gesicht verzog sich zu einem leichten Lächeln. »Sie waren tapfer, diese Römer, und aus ihrem Blut habe ich dem Volk die Zukunft gedeutet.« Ihr Gesicht verdüsterte sich wieder. Sie hob die Stimme. »Gefahr! Gefahr droht wie die schwarze Wolke. Sie ziehen in den Tod!«
    Die Alte hatte sich wieder erhoben und streckte die Arme nach oben. Sigrun erschauerte.
    »Warum haben sie nicht auf dich gehört?«, fragte sie leise.
    »Das Volk braucht Land zum Leben, Erde, die Früchte trägt. Doch nirgends werden sie es finden, nirgends.« Ihre Stimme wurde immer leiser. Plötzlich hob sie den Kopf. Ihre knochige Hand zischte durch die Luft und ihr spitzer Zeigefinger zeigte auf Velox. »Du bist ein Römer!«, sagte sie und Sigrun erschrak.
    »Nein, er ist ein Gallier«, widersprach sie der Alten.
    Die kicherte wieder. »Du brauchst nicht zu lügen, Sigrun. Hast du das in Rom gelernt? Ja, ja, die Lüge, sie soll schützen, aber sie vernichtet. Was nützt die gewaltige Körperkraft unserer Krieger gegen die Verschlagenheit der Römer? Teutobold, der Häuptling der Teutonen, kann über sechs Pferderücken springen! Fürwahr, er ist ein König, aber nicht im Kopf. Er wird sein Volk in den Untergang führen.«
    »Warum bist du hier geblieben?«
    Die Priesterin schniefte laut und kicherte wieder. »Nicht freiwillig, nicht freiwillig.«
    »Sie haben dich ausgesetzt?«, fragte Sigrun entsetzt.
    »Das ist der Anfang vom Ende. Ich habe sie gewarnt, weiterzuziehen. Ich habe eine schreckliche Zukunft in meinen Visionen gesehen. Doch sie wollten nicht auf mich hören, nur weiter, Beute machen, Länder erobern. Diese Schwachköpfe!«
    »Du kannst allein nicht überleben in dieser Einöde voll Schnee.«
    »Wer sagt, dass ich überleben will?«, fragte sie. »Was ist das Leben schon wert? Du hast das Leben gewählt und bist zur Hure der Römer geworden.«
    »Nein, Velox ist mein Mann und er ist kein Römer.«
    »Du lügst schon wieder, Sigrun. Er ist nicht dein Mann und er ist ein Römer. Wäre er ein Gallier, dann würde er so fühlen wie du und ich. Ich spüre seine Gedanken, ich fühle seine Worte, auch wenn ich sie nicht verstehe. Er gehört nicht zum Volk und du jetzt auch nicht mehr.«
    »Wenn deine Weissagung zutrifft, wird es kein Volk der Kimbern mehr geben«, erwiderte Sigrun ärgerlich. Sie erhob sich. »Was bleibt dir, als hier zu verhungern oder zu erfrieren?«
    »Das Gleiche wie dir. Wir werden beide das gleiche Schicksal erleiden. Das bist du deinem Volk schuldig.«
    »Ich bin meinem Volk schuldig, dass ich lebe, dass ich eine neue Sippe gründe, dass mein Volk in meinen Nachfahren weiterlebt. Und diese Bestimmung gibt mir Kraft. Deshalb werde ich nicht verhungern und nicht erfrieren.«
    »Woher nimmst du diese Gewissheit? Du bist keine Seherin des Volkes, du bist keine Priesterin, du bist die Tochter eines Bauern.«
    »Es ist die Liebe, die uns unsterblich werden ließ. Und sie gibt uns die Kraft, noch einmal zu beginnen. Auch wenn mein Volk dort irgendwo in der Fremde untergehen wird, durch mich wird es weiter bestehen bis in alle Ewigkeit.«
    Sigrun hatte sich erhoben. Stolz stand sie in der schäbigen Hütte, den Kopf gereckt, mit festem Blick. Und wieder fühlte Velox dieses seltsame Leuchten aus ihrem Inneren, diese Aura, die sie umgab. Auch hier, in der Finsternis der germanischen Wildnis, war sie einer Göttin gleich, einer Göttin, für die es viele Namen gab, die aber unwichtig waren. Wichtig war ihre Macht, ihre Kraft. Er wagte nicht, sich zu erheben und sich ihr zu nähern. Doch gleichzeitig brannte es in seinem Inneren wie ein Feuer: Ich liebe dich!
    »Wir werden die Nacht in einem anderen Haus verbringen«, sagte Sigrun und verließ die Hütte der alten Priesterin. Velox folgte ihr.
    »Der Sinn ihrer Worte ist dunkel«, bemerkte er.

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