Venus und ihr Krieger
eines Pferdes vor sich sah. Der Reiter hatte das edle Tier gezügelt und versperrte den Weg. Pila blickte auf und schaute in zwei tiefblaue Augen, die von einem Kranz dunkler Wimpern beschattet wurden. Der Reiter trug eine leichte Rüstung, ähnlich der von Soldaten. Aber er war kein Soldat.
Seine Augen schienen sie zu durchbohren und gleichsam auf die Stelle zu bannen. Pila war zu keiner Bewegung fähig. Ihre Lippen öffneten sich leicht, als sie den Kopf hob und dem Reiter ins Gesicht sah. Alles um sie herum schien hinter einem unsichtbaren Horizont zu versinken. Es gab nur noch sie und diese Augen.
Der Reiter hatte überrascht sein Pferd gezügelt und blickte auf die seltsame Erscheinung herab. Unzweifelhaft war sie eine Sklavin. Er hatte schon viele Mädchen in Rom gesehen, aus allen Ländern dieser großen Welt, die es auf irgendeinem schicksalhaften Weg hierher verschlagen hatte. Und doch war ihm noch nie so ein Wesen erschienen wie sie. Mit geübtem Blick erfasste er ihren hohen Wuchs, die helle Haut und das blonde Haar, das ihr bis über die Hüften fiel. Doch am faszinierendsten waren diese blauen Augen, die wie Edelsteine funkelten und von der Farbe des Himmels waren. Er fing sich jedoch schnell wieder und blickte ein wenig hochmütig auf sie herab.
»Wer spricht das?«, fragte er.
»Das spricht Pila, die Leibsklavin von Romelia, der edlen Gattin des ehrenwerten Senators Valerius.« Pila hatte diesen Satz, den Drusilla ihr beigebracht hatte, fehlerfrei gelernt. Nur ihr seltsamer Dialekt verriet, dass sie keine Römerin war.
»So, so, Pila«, sagte er gedehnt. Der Reiter starrte sie immer noch an, ohne sein Pferd anzutreiben.
Drusilla eilte Pila zu Hilfe. »Macht den Weg frei für die Frau des Senators!« rief sie ungeduldig.
Romelia hatte sich aus ihrer Sänfte gebeugt und runzelte ärgerlich die Augenbrauen. Mindestens fünfzehn Pferde befanden sich vor ihr und verstopften die Straße hoffnungslos. Auf den Zuruf eines Mannes aus deren Mitte saßen die Reiter plötzlich ab und führten ihre Pferde beiseite, um der Sänfte den Weg frei zu machen.
Die Träger hoben Romelias Sänfte wieder an und liefen los. Drusilla und Pila folgten. Doch der Mann mit den tiefblauen Augen hielt Pila am Handgelenk fest. So standen sie sich gegenüber, keine zwei Handbreit Luft zwischen ihren Körpern. Pila war fast ebenso groß wie dieser Mann. Er wirkte athletisch, muskulös und doch schlank. Jetzt schaute sie in sein Gesicht. Seine Haut hatte die Farbe heller Bronze. Als er lächelte, blitzten zwei Reihen weißer Zähne. Er hielt immer noch ihr Handgelenk umfasst und hinderte sie daran, der Sänfte ihrer Herrin zu folgen.
»Pila«, sagte er leise.
»Das ist der Name, den mir meine Herrin gegeben hat«, antwortete Pila. Sie wollte den Blick senken, so wie es sich für eine Sklavin gehörte, aber sie konnte es nicht. Die Augen des Mannes schienen sie in Trance zu versetzen.
»Pila, komm schon!«, rief Drusilla, die sich erschrocken nach Pila umgedreht hatte.
»Ich muss weiter, Herr«, sagte Pila und entzog ihm ihre Hand. Aufgeregt zerrte Drusilla sie fort, den Zorn ihrer Herrin befürchtend.
»Wer war das?«, fragte Pila sie.
»Den kennst du nicht? Den kennt in Rom jeder. Das ist Claudius, ein berühmter Gladiator aus Capua.«
»Nein, woher sollte ich ihn kennen?«
»Ja, woher auch. Wir sind da! Beeil dich, wir müssen den Badeplatz der Herrin vorbereiten.«
Das Badehaus der Frauen war ein öffentliches Gebäude der Stadt und prachtvoll ausgeschmückt. Bunte Säulen stützten die Gewölbedecken, die die einzelnen Wasserbecken überspannten. Es gab Sitzbecken, Liegebänke, Wandelgänge und Schwimmbecken mit warmem und kaltem Wasser. Badesklaven liefen emsig hin und her, um die Badegäste zu bedienen, sie zu waschen, zu salben und zu massieren. Selbst auf Musik mussten die Gäste nicht verzichten. Leicht bekleidete Flöten-und Harfenspielerinnen unterhielten die Badenden.
Das Bad diente nicht nur zur Reinigung des Körpers, sondern auch zur Entspannung und geistigen Erbauung – und zur Konversation. Denn hier trafen sich all die Damen, die gern sehen und gesehen werden wollten. Hier wurden Neuigkeiten und Klatsch ausgetauscht, hier erfuhr man von pikanten Liebeleien, dem letzten Brand, neuen Läden und Werkstätten, der neuesten Mode und versuchte, sich gegenseitig mit Prahlereien zu übertreffen.
Romelias Bad in der Villa des Senators hätte ausgereicht, um ihrem Hygienebedürfnis nachzukommen. Das Badehaus
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