Venus und ihr Krieger
nicht«, flüsterte Drusilla und blickte sich ängstlich um, damit niemand ihre Worte hörte. Selbst unter den Sklaven konnte es gefährlich sein, schlecht über seinen Herrn oder seine Herrin zu sprechen. »Sie ist hochmütig und grausam. Du solltest ihren Zorn nicht beschwören. Ich kannte eine Sklavin, die von Romelia so geschlagen wurde, dass sie gestorben ist.«
»Warum hat sie sich nicht gewehrt?«, fragte Sigrun kopfschüttelnd.
»Ja, begreifst du denn nicht? Du bist eine Sklavin. Das heißt, Romelia ist deine Herrin über Leben und Tod.«
Sigrun sprang auf und ihre Augen funkelten zornig. »Sie ist nur ein Zwerg, ich kann sie mit meinen Armen zerdrücken. Wenn sie es wagt, mir etwas zu Leide zu tun, schlage ich ihr den Schädel ein!«
Drusilla blickte sie bekümmert an. »Du bist wirklich ein Germanenweib. Bärenstark, rauflustig – und dumm. Du redest unüberlegt und bereits diese Worte können den Tod für dich bedeuten. Sklaven gibt es wie Wasser im Tiber. Ist einer tot, wird er durch den nächsten ersetzt. Glaub ja nicht, dass man dich schonen wird. Am wenigsten Romelia.«
»Ich kann Schmerz aushalten«, widersprach Sigrun.
»Was wird es dir nützen, tapfer zu sein. Verurteilte Sklaven landen in der Arena, wo sie von wilden Tieren zerrissen werden. Was für ein heldenhafter Tod!« Drusilla stemmte die Hände in die Hüften. »Glaub mir, wenn du schon so lange Sklavin dieser Frau wärst wie ich, wüsstest du, wovon ich rede. Füge dich in dein Schicksal! Eines Tages wendet es sich vielleicht sogar zum Guten.«
Sigrun blickte auf. »Wie meinst du das?«
»Es gibt viele Sklaven, die zur Belohnung für ihre treuen Dienste freigelassen wurden. Zum Beispiel Tibull.«
»Aber warum ist er dann noch hier?«
»Weil es ihm hier trotzdem besser geht, als wenn er sich irgendwo da draußen in der Stadt durchschlagen müsste. Weißt du, dass Tibull reich ist? Der Senator hat ihm viel Geld geschenkt.«
»Der Senator?«
»Ja, Valerius ist ein großzügiger Herr; wenn man ihm zu Willen ist und ihm treu dient. Und ich glaube, du hättest gute Chancen bei ihm.«
»Wie meinst du das?«
»Ich bin nicht blind, und ich habe gesehen, wie er dich betrachtet. Du gefällst ihm.«
»Aber er hat doch seine Frau«, widersprach Sigrun.
Drusilla lachte. »Die hat ihm die Kinder geboren. Ich meine die Frauen zu seiner Freude, zu seiner Erbauung. Normalerweise kommen diese Liebesdienerinnen aus dem Lupanar, wenn ihn danach gelüstet. Und er bezahlt sie immer sehr großzügig.«
»Du meinst, ich muss mich ihm – hingeben?«
»Natürlich. Er wird seine Freude daran haben. Du bist außergewöhnlich schön, wenn auch völlig anders als die kleinen, dunkelhaarigen und schmalbrüstigen Römerinnen.« Sie lachte und klatschte sich auf die Hüften. »Na ja, so etwas wie mich schaut er natürlich nicht mehr an. Zum Glück, denn auf den Gelagen geht es immer recht wild zu.«
Alle Farbe war aus Sigruns Gesicht gewichen. »Niemals«, flüsterte sie. »Niemals gebe ich mich einem Mann hin! Ich bin Helfgurd versprochen. Wenn sie mich hier schänden, bin ich des Todes!« Sie schlug die Hände vor das Gesicht.
»Barbarische Sitten«, winkte Drusilla ab. »Das Leben in Rom ist leichter, freudiger, voll des Genusses. Nimm doch einfach die schönen Dinge hin, die es in deiner Heimat nicht gibt. Und wenn du es dir mit dem Senator nicht verdirbst, kann es dein Glück bedeuten. Außerdem – welche Wahl hast du?«
Doch Sigrun litt darunter, dass sie keinen freien Willen mehr hatte, sondern nur das tun durfte, wozu die Herrin sie aufforderte. Mehr als einmal wäre sie am liebsten davongelaufen, aber Drusilla lachte sie aus. Wo sollte sie hinlaufen? Außerdem hätten die Soldaten sie bereits an der nächsten Ecke wieder eingefangen. Und die Strafe, die entlaufenen Sklaven blühte, war schrecklich.
»Ich bin schon mein ganzes Leben im Hausdienst«, sagte Drusilla. »Wenn man sich in sein Schicksal fügt, geht es einem im Hause des Senators gar nicht so schlecht. Es ist jedenfalls besser, als auf dem Feld zu arbeiten oder in den Werkstätten, den Gerbereien oder den Schlachthäusern.«
Sigrun gingen Drusillas Worte durch den Kopf. Auch wenn sie den Gedanken an Flucht erst einmal verdrängte, ganz aufgegeben hatte sie ihn nicht. Wenn sich eine günstige Gelegenheit bot, würde sie um ihr Leben laufen.
Und wenn der Herr forderte, sie solle ihm zu Willen sein?
»Dann wähle ich den Tod!« Sigrun reckte sich und blickte entschlossen in
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