Venus und ihr Krieger
rebellisch. Ein kleiner Funke konnte das Fass zum Explodieren bringen mit katastrophalen Folgen für die Republik. Da und dort gab es Aufstände. Ein Bürgerkrieg stand kurz vor dem Ausbruch.
Doch so leicht, wie das Volk zu erzürnen war, so leicht war es auch wieder zu besänftigen. Pompöse Spiele, Volksbelustigungen, Pferderennen, Theateraufführungen, das Verteilen von Brot und Olivenöl, ein bunter Festumzug und schon war das Volk sich wieder einig. Es wollte unterhalten werden, abgelenkt von den Problemen und dies wurde bereitwillig angenommen. Die Spiele hatten Valerius das Vermögen von achthunderttausend Sesterzen gekostet, aber er trauerte keiner Sesterze nach. Das Geld war gut investiert, es war der Garant für seine gesellschaftliche Anerkennung, für seine Beliebtheit, für seine Macht. Denn dass der Senat mittlerweile eine große Macht ausübte, war unbestritten. Und das wiederum füllte seine Taschen und Truhen und vermehrte seinen Reichtum.
Die zahlreichen Gäste trafen kurz vor Sonnenuntergang ein. Im zwanglosen Gespräch verweilten sie im Atrium, wo sich bereits anmutige Tänzerinnen zum Klang der Flöten wiegten. Valerius hatte weder Kosten noch Mühe gescheut und die besten Musikanten und Tänzer, Gaukler und Akrobaten, Mimen und Sänger bestellt.
Die sorgfältig gepflegten und kostbar gekleideten Gäste waren durchweg männlichen Geschlechts. Sie gehörten dem Senat, vornehmen Patrizier- oder reichen Kaufmannsfamilien an. Viele wurden von schönen und jungen Frauen begleitet. Allerdings waren dies nicht ihre Ehefrauen, die auf einem Convivium nichts zu suchen hatten.
Pila, die – hinter einer Säule des Atriums versteckt – die Gesellschaft betrachtete, bewunderte die ausgesuchte und raffinierte Bekleidung dieser Frauen. Oft waren die Stoffe durchscheinend wie Nebelschleier, ihr Schmuck kostbar, ihre Sandalen zierlich und aus gefärbtem Leder.
»Siehst du, wie weit man es bringen kann, wenn man sich nur die Gunst eines Mannes erringt«, flüsterte Drusilla und hastete mit einer Platte voller Schinkenscheiben vorbei.
»Wieso? Was sind das für Frauen? Sklavinnen?«
»Nicht alle. Viele sind Freie oder Freigelassene. Es sind Amicas, Hetären. Sie sind gebildet, können geistreich plaudern und sind reich.«
Pila stolperte unbeholfen hinter Drusilla her und trug einen Weinkrug. »Und woher haben sie ihren Reichtum?«
Drusilla blieb abrupt stehen. »Du kannst Fragen stellen«, sagte sie kopfschüttelnd. »Die Männer bezahlen sie für ihre Künste.«
»Es sind Künstlerinnen?«
»Liebeskünstlerinnen. Letztendlich geht es immer darauf hinaus. Auch dieses Convivium wird in einer wüsten Orgie enden.« Drusilla setzte ihre Arbeit fort. Pila schwieg. Worauf hatte sie sich eingelassen? Überall wurden Räucherstäbchen angezündet und Schalen mit Blättern wohlriechender Pflanzen aufgestellt. Sklavinnen verteilten Kränze aus Efeu, Myrte, Rosen, Lilien und Veilchen an die Gäste. Die Gäste selbst verströmten Wohlgerüche durch verschiedenartige Salben, mit denen sie sich eingerieben hatten.
Harfen- und Flötenspielerinnen musizierten im Atrium und dazwischen tanzten aufreizende Mädchen zum Klang von Kastagnetten. Plaudernd wandelten die Gäste zwischen den Säulen des Atriums, mal eine Köstlichkeit von den bereitgehaltenen Schlemmerplatten probierend oder dem Wein zusprechend. Die männlichen Gäste waren ausnahmslos in die steife Toga gekleidet, was ihren Rang und ihre Stellung in der Gesellschaft betonte. Nur zwei Gäste trugen eine blinkende Prunkrüstung – es waren Lentulus und Claudius. Valerius hatte, obwohl es durchaus nicht üblich war, den siegreichen Gladiator und seinen Lehrmeister eingeladen. Der Grund war weniger die breite Beliebtheit des gut aussehenden Claudius, sondern die Art und Weise, wie er den letzten Kampf in der Arena bestritten hatte. Valerius war noch immer beeindruckt von diesem unerklärlichen animalischen Ausbruch des sonst technisch so ausgefeilten Schwertkämpfers. Allerdings schien sich keiner der Gäste direkt mit Claudius oder Lentulus unterhalten zu wollen, sie wurden diskret ignoriert.
Pila stockte das Herz, als sie Claudius erkannte. Sie hatte ihn nicht unter den Gästen erwartet. Auch stand er mit dem ebenfalls in Paradeuniform gekleideten Lentulus beisammen und unterhielt sich mit ihm. Sie versteckte sich wieder hinter einer Säule des Atriums, um ihn zu beobachten. Ob Romelia deswegen Lentulus Geld überreicht hatte? Doch welche Gäste zu einem
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