Venus und ihr Krieger
bist sogar noch Jungfrau und du hast gegen keine Sitten verstoßen, oder doch?«
»Nein, Herr.«
Valerius lachte. »Es ist eine verzwickte Lage. Nach deinen germanischen Gesetzen würde das alles stimmen. Doch du bist in Rom. Du bist keine Freie, sondern eine Sklavin. Du gehörst deinem Herrn und er kann mit dir machen, was er will. Und du hättest Romelia gehorchen müssen, denn sie ist deine Herrin. Aber du hast die Hand erhoben gegen sie. Damit hast du gegen römisches Recht verstoßen. Und auch in Rom gibt es dafür Strafen. Die sehen zwar etwas anders aus als bei den Germanen, aber immerhin … Also, du kannst wählen, entweder ans Kreuz geschlagen zu werden und einen langsamen und qualvollen Tod zu sterben oder in der Arena den wilden Tieren vorgeworfen zu werden, da geht es etwas schneller. Ja, vielleicht könntest du sogar als Amazone kämpfen, mit einem Schwert, da hättest du die Chance, aus dem Kampf siegreich hervorzugehen.«
Pilas Gesicht wurde aschfahl. Dann senkte sie ergeben den Kopf. »Du hast Recht, Herr. Die eine Welt ist nicht wie die andere. Und doch sind sie gleich.«
Valerius hob die Augenbrauen. »Das ist ein sehr weiser Satz, Pila. Ich glaube, du verstehst etwas von philosophischen Dingen, auch wenn du niemals eine Schule besucht hast. Das gefällt mir. Und deshalb schlage ich dir jetzt einen kleinen Handel vor. Es ist ein Geschäft, nichts weiter. Du weißt, dass ich morgen ein großes Fest ausrichten lasse, als Abschluss der Spiele. Es wird ein großes und prachtvolles Fest. Es werden viele Gäste kommen, adlige Männer aus Rom, Senatoren, Konsuln, auch sehr reiche Kaufleute. Sie alle sollen sich in meinem Haus gut bewirtet und unterhalten wissen. Es wird ein Convivium mit Musik, Tanz, Gesang, Rezitation und geistreichen Gesprächen sein. Erlesene Speisen werden geboten und edle Weine. Nur das Silbergeschirr kommt auf die Tafel und solches aus Kristall. Es wird also ein Fest sein, das meiner Position im Staat angemessen ist. Doch nicht nur Blumen und Wohlgerüche, Musikanten und Tänzer sollen die Sinne erfreuen. Auch die Sklaven sollen dem Auge einen Genuss bieten. Dafür bist du wie geschaffen. Deshalb wirst du morgen auf diesem Fest anwesend sein, direkt im Speisesaal und im Peristyl. Du wirst die Gäste bedienen, sie sollen sich an deinem Anblick erfreuen. Dafür spreche ich mit Romelia und bitte sie, dass sie davon ablässt, dir das Haar abschneiden zu wollen.«
Pila warf sich wieder zu seinen Füßen. »Ich danke dir, Herr. Ich danke dir für deine Güte und Weisheit.«
Valerius verzog die Lippen. »Ich bin zurzeit in einer großzügigen Laune«, sagte er. »Das Volk feiert mich, das Volk bejubelt mich, ich zeige mich gern großzügig. Und ich zeige mich nicht nur so, ich bin es auch.« Selbstgefällig strich er über sein Gewand. »Schau mich an, Pila. Du bist wie ein Wesen aus einer anderen Welt, eben aus dieser Welt da drüben. Doch wie du schon sagtest, sie sind gleich, diese Welten. Denn dort bist du ein schönes Mädchen und hier bist du ein schönes Mädchen. Du musstest dort um dein Überleben kämpfen, hier wirst du es auch tun. Doch ich denke, dass dir der Kampf hier leichter fallen wird. Ich schenke dir dein Haar und deine Ehre, du schenkst mir deinen Körper und deine Keuschheit. Es ist ein Geschäft. Wie gesagt, es ist durchaus nicht üblich, dass ein Senator mit einer Sklavin Geschäfte macht. Ein Senator darf überhaupt keine Geschäfte machen. Sagen wir, es ist ein kleiner Austausch von Geschenken. Natürlich darfst du auch wählen, ob du lieber am Kreuz sterben willst oder in der Arena. Auch dies stelle ich dir frei.«
Pilas Hände ballten sich zu Fäusten unter ihrem Körper. Sie zitterte unter zurückgehaltener Anspannung. Alles in ihr drängte sie, das zierliche Obstmesser bis zum Schaft in das Herz des Senators zu stoßen. Dann würde sie mit erhobenem Kopf jedem wilden Tier in der Arena in die Augen schauen.
Sie presste die Fäuste vor das Gesicht und kämpfte gegen die übermächtige Wut an, die in ihr kochte. Und sie sah zwei dunkelblaue Augen in einem ebenmäßigen Gesicht von kupferner Farbe, die sie anblickten. Sie sah blutigen Sand und ein Schwert und das Zittern der verhaltenen Wut wandelte sich in ein heftiges Herzklopfen. Sie hob den Kopf und blickte Valerius an. Dann lächelte sie.
»Ich werde dich morgen nicht enttäuschen, Herr«, sagte Pila.
Valerius nickte zufrieden. »Wo ist dein grünes Gewand, das ich dir habe anfertigen lassen?«,
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