Venus und ihr Krieger
davon! Man hört ja so schreckliche Geschichten von Geistern, die einen Zauberer für immer in die Unterwelt entführt haben. Barbillus hat sicher schon zu Lebzeiten dafür gesorgt, dass er den Bissen des Cerberus entkommt und im Hades an einem Platz mit viel Licht unter Scherz und Tanz fortleben kann.«
»Geht das denn?«
»Sicher, wenn man sich zu Lebzeiten durch Weihen und Reinigung vor den bösen Geistern der Unterwelt schützt. Außerdem bekommt er ja alles mit, was er da drüben für sein Wohlergehen braucht, Kleider, Schmuck, Essen, Trinken, Duftwässer und Möbel.«
»Möbel?«
»Na ja, er will ja sitzen und liegen …«
»Flavia ist sehr traurig«, bemerkte Pila. »Ob sie Barbillus geliebt hat?«
»Sicher. Auch wenn das nicht das wichtigste in der Ehe ist. Wichtig ist der Gehorsam.«
Pila blickte Drusilla überrascht an. »Meinst du, es reicht, wenn eine Frau nur gehorsam ist? Ist es nicht besser, wenn sie ihren Mann liebt und er sie auch?«
»Ob das wirklich besser ist, weiß ich nicht. Ich habe da ja keine Erfahrung. Solange ich in Romelias Haushalt bin, denke ich, dass der Gehorsam wichtiger ist. Denn daran mangelt es Romelia.«
»Ja, und dass sie jemals geliebt hat, bezweifle ich auch.«
Drusilla griente über ihr breites Gesicht. »Sie liebt höchstens sich selbst. Sie hat Valerius nur geheiratet, weil er ihr ein luxuriöses Leben bieten kann. Und Romelia war hübsch genug, ihm den Kopf zu verdrehen. Aber Theophilos, der griechische Lehrer, hat einmal gesagt, dass Liebe ein Stachel im Fleisch ist, der sehr schmerzt. Bei jeder Bewegung wird man daran erinnert und man tut gut, ihn herauszuziehen.«
»Ach!« Pila schaute betreten. »Meinst du, Liebe ist etwas Schlimmes?«
»Ich glaube schon.« Drusilla zuckte mit den Schultern.
»Ich habe Liebe anders empfunden«, flüsterte Pila. »Als etwas Wunderbares, Schönes.«
»Ja, warst du denn schon mal verliebt?« Drusillas Augen wurden kugelrund.
»Ich war bereits eine Braut. Die Hochzeit sollte bald stattfinden, als mich die römischen Soldaten … na ja, den Rest kennst du ja.«
»Und du hast deinen Bräutigam richtig geliebt?«
»Oh ja, Helfgurd ist ein wundervoller Mann, groß, stark, mutig. Und er hat mich geliebt.«
»Ja, gibt es das unter euch raubeinigen Germanen denn auch?«
»Drusilla! Jeder, der ein Herz im Leib hat, kann auch lieben. Es muss nur jemand kommen, der dieses Herz erweckt.«
»Ei, das ist wieder einer von deinen seltsamen Zaubern, nicht wahr? Also, mir wäre es lieber, ich bekäme einen Mann, der reich ist und Ansehen hat und mir ein schönes Leben bietet.«
»Was unterscheidet dich dann von Romelia?«, wollte Pila wissen.
»Oh, allerhand. Vor allem, dass ich nie so einen Mann finden werde. Ich bin eben doch nur Drusilla, die Sklavin.«
»Zum Glück. Denn dann wäre ich ganz allein und hätte niemanden mehr, der mir hilft.«
Drusilla warf Pila einen schrägen Blick zu. »Ob dir überhaupt noch zu helfen ist?«
Valerius und Romelia kamen zurück aus dem Totengemach. Romelia ungeduldig und verärgert, Valerius gedanken-versunken und still. Während sie in ihren Sänften heimgetragen wurden, folgten Drusilla und Pila mit den leeren Körben. Jeder hing seinen Gedanken nach.
Am nächsten Morgen summte es in der Villa schon in aller Frühe wie in einem Bienenkorb. Die Lasttiere wurden beladen, Sklaven schulterten die Körbe und Truhen. Romelia reiste in ihrer Sänfte, ebenso die beiden Töchter Livia und Valeria. Die griechischen Kinderfrauen liefen neben der Sänfte her und achteten darauf, dass die Mädchen keinen Unfug trieben und vielleicht herausfallen könnten. Valerius ritt ein edles Pferd, ebenso sein Sohn Severus. Zum ersten Mal durfte auch Titus auf einem Pony mitreiten. Er war mächtig stolz und nicht davon abzubringen, bereits eine Stunde vor dem Aufbruch auf dem Pferd zu sitzen. Severus hatte sich sein Holzschwert umgeschnallt und hoffte auf eine ganze Horde Straßenräuber, die er mutig in die Flucht schlagen wollte. Der Aufbruch verzögerte sich, als Flavia sich anmeldete. Sie sah verhärmt aus, mit tiefen Schatten unter den Augen. Die vergangene Nacht hatte sie am Bett von Barbillus die Totenwache gehalten.
»Romelia, willst du nicht an der Grablegung teilnehmen?«, fragte sie tonlos, als sie den Zug der Sklaven sah.
»Bedaure, Flavia, aber du kannst nicht allen Ernstes von mir erwarten, dass ich den Umzug, den ich schon seit Wochen plane, wegen des Todes deines Mannes verschiebe! Weißt du, ich habe
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